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EIN BISSCHEN MEHR KLEMENS
Pfarrer Klemens Niermann
30. März 1928 ~ 6. Februar 2007
 

 
Inhaltsangabe:
 
   
   
   
   

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Lebenslauf - Klemens-Niermann

Klemens Niermann wurde am 30. März 1928 als fünftes von 14 Kindern in Schermbeck (im katholischen Altschermbeck) geboren und wuchs in einer stark religiös geprägten Familie auf ("Wir waren eine brutal katholische Familie"). Er und seine Geschwister haben damals die katholische Jugend in Altschermbeck geprägt. Der älteste Bruder war Steyler Missionar in Papua-Neuguinea, eine Schwester wurde Ordensschwester, eine weitere Pastoralreferentin.
Nach dem Krieg geht er zunächst im benachbarten Dorsten auf das Gymnasium, macht dann aber 1951 sein Abitur auf dem Gymnasium in Geldern. Das Theologie-Studium in Münster (beginnend 1951) und Fribourg (Schweiz) musste er sich in den Semesterferien mit Arbeiten in der Ziegelei Schermbeck oder unter Tage auf der Zeche in Bottrop finanzieren.
Schon in jungen Jahren war er gerne allein unterwegs. 1952 fuhr er allein per Anhalter durch Belgien und Frankreich, unter anderem nach Lourdes. 1955 pilgerte er allein per Anhalter nach Jerusalem (über Schweiz, Italien, Griechenland, Syrien und Jordanien) und war der dritte Deutsche, dem die Einreise nach West-Jerusalem erlaubt wurde (vermutlich mit Hilfe des späteren Bürgermeisters Teddy Kollek, der kürzlich verstorben ist).
Im Sommer 1955 hatte Klemens Niermann zum ersten Mal während eines Gemeindepraktikums Kontakt mit Gemeinden in der damaligen DDR, in Eisenberg/Thüringen und Meerane/Sachsen - wo später die Glocken der St.-Michael-Kirche hingeschmuggelt wurden.
Am 16. März 1957 erhielt er in Münster die Priesterweihe - unter anderem zusammen mit Bernhard Brefeld (später Pfarrer in Hörstel), Werner Heukamp (pensionierter Pfarrer in Recke), Hubert Kreft (später Pfarrer in Recke), Johannes Lammers (pensionierter Pfarrer in Ibbenbüren), August Schepers (später Pfarrer in Hopsten, pensionierter Pfarrer in Hörstel).
Seine erste Stelle erhielt er Palmsonntag 1957 als Kaplan in Duisburg (Rheinhausen-Hochemmerich) St. Peter. In der Gemeinde mit 14 000 Mitgliedern war er zusammen mit zwei weiteren Kaplänen schwerpunktmäßig für Jugendarbeit zuständig und unterrichtete in der Sonderschule und in der Volksschule.
Im Januar 1963 wurde er unter dem damaligen Dechant Bernhard Heufers (1893-1983) Kreisvikar (Kaplan) in Ibbenbüren St. Mauritius. Er wohnte zunächst an der Roggenkampstraße, dann an der Großen Straße, später an der Oststraße und zuletzt im Krankenhaus.
1963/64 hat er auf Anregung des damaligen Bischofs Joseph Höffner das "Theologische Seminar" ins Leben gerufen, das damals jeden Abend über 200 Mitglieder interessierte und moderne Theologie nach Ibbenbüren brachte. Auch Bischof Höffner mischte sich einen Abend zunächst unerkannt unter die Teilnehmer.
Zunächst etwas widerstrebend (er wollte eigentlich in die Mission nach Südafrika) übernahm er Ostern 1965 eine frei werdende Stelle als Religionslehrer an den Berufsschulen des Kreises Tecklenburg. Gleichzeitig wurde er Subsidiar an St. Michael. Im selben Jahr wurde er auch Bezirksbeauftragter für den Religionsunterricht an den Berufsbildenden Schulen des Kreises Tecklenburg. 1968 wurde er zum Berufsschulpfarrer ernannt. Viele Jahre war er Vertrauenslehrer. 1970 wurde er zwar Subsidiar in St. Mauritius, blieb aber weitgehend in St. Michael tätig, weil die Gemeinde dort keinen Kaplan hatte und er dem damaligen Pfarrer Hermann Peperhove helfen wollte. Er gab viele Kurse für Jugendliche, organisierte Schulendtage und hielt Vorträge auch außerhalb des Bistums Münster. 1972 qualifizierte er sich zum Meditationsleiter. Aus dieser Zeit stammte auch sein Hobby des Blumensteckens (Ikebana).
1983 wurde er nach der Versetzung des Krankenhausseelsorgers auf Anregung der Seelsorgekonferenz zusätzlich Rektor der Hauskapelle am St.-Elisabeth-Hospital und damit auch zunächst alleiniger Krankenhauspfarrer. Etwa eineinhalb Jahre später kam Schwester Michaela als hauptverantwortliche Krankenhausseelsorgerin dazu.
Nach einer Bypassoperation am Herzen wurde Klemens Niermann 1988 mit sechzig Jahren als Berufsschulpfarrer pensioniert und auf dem Papier Vicarius Cooperator mit dem Titel Pfarrer in St. Mauritius. Faktisch blieb er Krankenhauspfarrer.
Klemens Niermann starb am Dienstagmittag, dem 6. Februar 2007 in seiner Wohnung im St.-Elisabeth-Hospital in Ibbenbüren.
Nach den Kontakten in die damalige DDR hatte Klemens Niermann zunächst Beziehungen in die Tschechoslowakei, insbesondere auch zum Bischof von Tschernosek, zu dem er auch Hilfsgelder des Bistums mitnehmen konnte ("Das war natürlich streng verboten, aber ich hatte immer gute Verstecke im Auto, und die haben auch immer untersucht, aber nie was gefunden"). Auch zwei oder drei PKW von Klemens Niermann fanden dort einen neuen Besitzer. Anfang der 70er Jahre kamen dann die Kontakte nach Stettin zustande. Dort landeten Autos, Geld, Baumaterial, Kirchenbänke und eine Orgel. Außerdem sind dort die Lampen und die Lautsprecheranlage von St. Mauritius.
Über den damaligen Geschäftsführer des SKF Stefan Ottmann wurden die Kontakte mit Minsk/Weißrussland begonnen.
Am 25. März 1977 wurde Klemens Niermann bei dem Versuch, die Verlobte des Regisseurs Einar Schleef über die Grenze zu schmuggeln, in Ostberlin verhaftet. Zuvor hatte er bereits Einar Schleef die Flucht aus der DDR über die Tschechoslowakei und Wien ermöglicht und finanziert. Einar Schleef (1944-2001) war Schriftsteller und Regisseur. Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek urteilte in einem Nachruf: "Es hat in Deutschland nur zwei Genies gegeben: Im Westen Fassbinder, im Osten Schleef." Er arbeitete beim Schauspiel Frankfurt und war lange Zeit am Berliner Ensemble, auch in Düsseldorf und Wien. Es gibt zahlreiche Stücke, Hörspiele und Aufführungen von ihm, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Klemens Niermann hat ihn 2001 in seiner Heimatstadt Sangerhausen beerdigt. Die Flucht der Verlobten von Einar Schleef fiel auf, da ein Telefongespräch von Ibbenbüren nach Ostberlin abgehört worden war. In Neustrelitz bei Neubrandenburg war Klemens Niermann sechs Wochen lang in einem Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit in strengster Einzelhaft und wurde dann am 5. Mai 1977 vor dem Gericht in Neubrandenburg wegen erwiesener Fluchthilfe zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Nach drei Monaten Haft im Rummelsburger Gefängnis in Ostberlin wurde er vom Bistum Münster bzw. der Bundesrepublik Deutschland freigekauft.
Über die Berufsschule hatte Klemens Niermann immer schon Kontakt mit türkischen Familien, denen er vielfältig helfen konnte. Mitte der siebziger Jahre regte er mit die Gründung des "Türkisch-Islamischen Kulturvereins" an und half bei der Vermittlung der ersten Räumlichkeiten für eine Moschee, zunächst an der Albert-Schweitzer-Grundschule. Er konnte die katholischen Gemeinden und das Bistum Münster mit ins Boot holen, die damals die Teppiche für den Gebetsraum stifteten. Auch bei der Errichtung der Moschee an der Ledder Straße und des muslimischen Teils auf dem Hauptfriedhof hat er mitgeholfen.
Ein Anliegen war ihm immer auch die Erinnerung an die jüdische Geschichte Ibbenbürens.

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Pfarrer Niermann - IVZ: 23.10.2012 - Günter Benning Pfarrer Niermann und die missglückte Fluchthilfe

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Im November wird der Platz zwischen Caritas und Rathaus nach ihm benannt: Klemens Niermann, vor fünf Jahren verstorbener Krankenhauspfarrer, hat vielen Menschen geholfen. 1977 geriet er in DDR-Haft, weil er versucht hatte, eine junge Frau zu schleusen. Davon handelt diese fünfteilige IVZ-Serie.

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Klemens Niermann und GabrielGerecke
 
  Gabriele Gerecke und Fluchthelfer Klemens Niermann direkt nach der Festnahme am Grenzübergang Marienborn. Das Bild stammt aus der Stasi-Akte des Ibbenbürener Pfarrers. Der Stempel BStU steht für Bundesbeauftragter für Stasi-Unterlagen.  

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Ibbenbüren. Am Freitag, 25. März 1977, um 20.35 Uhr, schnappte die Falle zu. Der Grenzübergang Helmstedt-Marienborn war eine große Fläche mit ruckligen Betonplatten. DDR-Grenzer blickten aus Wellblechcontainern auf die Autoschlange, die sich im Transitverkehr aus Berlin in Richtung Westen bewegte. Und die mit den üblichen Schikanen gebremst wurde. Einer von ihnen in steingrauer Uniform winkte den Audi 60 mit dem Kennzeichen ST-D 219 an die Seite.

Am Steuer: Klemens Niermann, Berufsschullehrer und katholischer Pfarrer aus Ibbenbüren. Im Kofferraum: Gabriele Gerecke, DDR-Bürgerin aus Berlin-Ost. Sie war auf der Flucht in den Westen. In die Freiheit. Die Entfernung zur Staatsgrenze, weist das Verhaftungsprotokoll penibel aus: 1000 Meter.

Nach Klemens Niermann wird im November der Platz zwischen Caritas und Polizeiinspektion in Ibbenbüren benannt. Der ehemalige Krankenhauspfarrer starb am 6. Februar 2007. Der Alt-Schermbecker ist vielen Ibbenbürener als ein "Gesinnungstäter" bekannt, einer der aus tiefstem katholischen Glauben heraus Nächstenliebe lebte. Vorsicht war nicht seine Sache. Angst auch nicht.

Die Geschichte der Fluchthilfe, die den Pfarrer fünf Tage vor seinem 49. Geburtstag ins DDR-Gefängnis brachte, spricht darüber Bände. Für das "Verbrechen" verurteilte ihn das Neustrelitzer Kreisgericht am 5. Mai 1977: drei Jahre und sechs Monate. Abzusitzen im Ost-Gefängnis Rummelsburg.

Über Klemens Niermann gibt es eine Stasi-Akte. Der allgegenwärtige Staatssicherheitsdienst der DDR hatte den Pfarrer bei seiner Reise in die Deutsche Demokratische Republik auf Schritt und Tritt verfolgt. Alle Details auf Hunderten Seiten, zwischen zwei Pappdeckeln. Es ist das Dokument einer idealistischen Freundschafts-Tat, einer west-östlichen Liebe und eines krakenartigen Schnüffelstaates.

Gleich zu Beginn ein Schwarz-Weiß-Foto. "Die Beschuldigten Niermann und Gerecke vor dem Schleusungsfahrzeug", schrieb der Ermittler darunter. Im Hintergrund der geöffnete Kofferraum, in dem sich Gabriele Gerecke, damals gerade 30, gezwängt hatte. Ein Staubsaugerschlauch führte von dort in den Innenraum des Wagens. Für die Luftzufuhr. Den soll, erfährt man später, Pfarrer Niermann für zehn Mark in einem Berliner Hotel gekauft haben.

Die beiden wirken perplex, Niermann eher skeptisch, Gerecke eher schuldbewusst. Sie müssen ahnen, was sie erwartet. Die Ibbenbürener erfahren erst sechs Tage später aus der IVZ, dass der beliebte Seelsorger Klemens Niermann verhaftet wurde. Pfarrer Leonhard Rüster schreibt danach sofort an die Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik in Bonn: Der Inhaftierte sei wegen seines sozialen Einsatzes überall geschätzt, versucht er Milde zu erwirken: "Bei arm oder reich, jung oder alt, kirchlich oder unkirchlich." Wie andere Dokumente landet dieser Brief in Niermanns Stasi-Akte. Gewirkt hat er nicht.

IVZ: 24.10.2012 Pastor Niermann half Regisseur Einar Schleef aus dem Osten zu fliehen Kennengelernt hatten sich Regisseur Einar Schleef und Pastor Niermann aus Ibbenbüren 1965 auf dem Autobahnkreuz Halle/Magdeburg. Der Pastor half Schleef, in den Westen zu fliehen. Der Versuch, dessen Freundin zu schleusen, ging schief.

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Einar Schleef und Gabriele Gerecke 1978 nach Gereckes Entlassung aus der DDR-Haft.
 

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Ibbenbüren. Elfriede Jellinek, die österreichische Nobelpreisträgerin, hat einmal gesagt, in Deutschland gebe es zwei Regie-Genies. Rainer M. Faßbinder im Westen und Einar Schleef im Osten. Dass der Ibbenbürener Pfarrer Klemens Niermann im März 1977 als Fluchthelfer und Devisenschmuggler in die Untersuchungshaftanstalt Neustrelitz der DDR-Volkspolizei geriet, verdankte er seiner Freundschaft zu dem preisgekrönten Schriftsteller, Bühnenbildner und Regisseur.

Denn Gabriele Gerecke, die Frau, die Klemens Niermann im Audi-Kofferraum über die Grenze holen wollte, war Schleefs Freundin. Der Künstler lebte gerade für zwei Monate in der Wohnung Niermanns in Ibbenbüren, so wie viele andere Menschen, die der Pfarrer im Lauf der Jahre bei sich einquartierte. "Manche abenteuerliche Gestalt", erinnerte sich sein Nachbar Walter Beermann von der Oststraße, "brachte er spät im Aufzug mit hoch". (Vater von Mathias Franke)Schon mal ließ er Obdachlose wochenlang in seinem Bett schlafen. Er quartierte sich dann in der Badewanne ein.

Kennengelernt hatten sich der Theatermann und der Pastor 1965 auf dem Autobahnkreuz Halle/Magdeburg in der DDR. Schleef, 21, trampte. "Ich hielt seinen Wagen an. Er sagte einen Satz: Das ist verboten", erinnert er sich in seinem Tagebuch. Niermann ließ den jungen Mann trotzdem mitfahren, scherte vor einer Kontrolle der Volkspolizei aus, setzte ihn in Magdeburg ab und gab ihm zwei Flaschen Wein mit.

Verbote - dazu hatte der Pfarrer, der aus einer erzkatholischen Schermbecker Familie mit 14 Kindern stammte, seine Privatmeinung. Er stellte viele infrage. Einmal pilgerte er zu Fuß nach Lourdes. Vor dem Ziel aß er einen Apfel. Dann habe er darüber nachgedacht, dass er zur Kommunion nüchtern zu erscheinen habe, erinnert er sich in einem Interview: "Also habe ich noch einen Apfel gegessen." Zur Messe ging er trotzdem. Für Schleef war dieser fremde Pfarrer eine Stütze, ein moralischer Halt, später auch ein verklärtes Idol. Als der renitente DDR-Mensch von der Hochschule flog, stand Niermann plötzlich vor seiner Tür, 3000 Ostmark in der Hand. Schleef: "Ohne die hätte ich es nicht überstanden." Niermann hatte viele Kontakte zu Kirchen im Ostblock, überbrachte häufig Geld, Bücher und Hilfsgüter. Er half Schleef später, über Prag und Wien in den Westen zu fliehen. 1977 kam der Künstler auf der Arbeitssuche nach Ibbenbüren. Niermann brachte ihn in seiner Wohnung unter, die beiden diskutierten ausgiebig über religiöse Fragen. Aber Schleef klagt auch darüber, dass er seine Freundin in Ostberlin zurückgelassen habe. Da fasste Nierman einen seiner Spontan-Entschlüsse. "Lächelnd, dünnlippig, buschige Augenbrauen, Stirn zerfurcht, eben ein Mann, nicht eine Memme wie ich", schildert Schleef den Pfarrer, der dann an einem Morgen im März in sein Auto stieg. "Wir werden das Kind schon schaukeln", sagte er, "ich hole Gabi." Was Niermann erst später erfuhr: Einar Schleef hatte die Reise bei den Eltern Gereckes in Berlin telefonisch angekündigt. Wenn auch verklausuliert. Die Stasi lauschte mit. Der Audi aus Ibbenbüren wurde observiert. DDR-Spitzel lagen auf der Lauer. "Ja", erinnert sich Niermann Jahre danach, "die waren auf mich fixiert."

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IVZ: 25.10.2012
Als sein Audi das "VP-Grenzgebiet" (Volksrepublik) passierte, schnappte die Falle zu. Denn die Stasi beschattete den Ibbenbürener Pfarrer Klemens Niermann, als er versuchte, die Lebensgefährtin von Regisseur Einar Schleef in den Westen zu schleusen.

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Am Grenzübergang Helmstedt-Marienborn schnappt die Falle zu. Pfarrer Klemens Niermann kommt in Haft.
Foto: Tom Bayer/Fotolia
 

 

Ibbenbüren.
Geheime Mission: In der Zeit des Kalten Krieges nutzten katholische Priester oft Ostblock-Reisen, um Geld, Bücher oder Medikamente zu schmuggeln. Klemens Niermann hatte zahlreiche Kontakte in die DDR. 1955 hatte er ein Praktikum im thüringischen Eisenberg absolviert. Damals schummelte er zum Beispiel zwei Glocken der St.-Michael-Kirche über die Grenze: In den Einfuhrpapieren waren sie 65 und 55 Zentimeter hoch. Bei der Ausfahrt zeigte der Pfarrer den Zöllnern zwei kleine Glöckchen. Er hatte zwei Kommata versetzt: auf 6,5 und 5,5 Zentimeter.

Immer ging es gut. Häufig war der Pfarrer aus Ibbenbüren ohne Gepäckkontrolle über die Transitstrecke von Berlin in den Westen gefahren. Nie waren die Geldbündel aufgefallen, die er für Gemeinden in der DDR oder der Tschechoslowakei versteckt hatte. So glaubte er auch im März 1977 durchzukommen, als er die Freundin Einar Schleefs in den Westen holen wollte
  Klemens Niermann  

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Ibbenbüren. Elfriede Jellinek, die österreichische Nobelpreisträgerin, hat einmal gesagt, in Deutschland gebe es zwei Regie-Genies. Rainer M. Faßbinder im Westen und Einar Schleef im Osten. Dass der Ibbenbürener Pfarrer Klemens Niermann im März 1977 als Fluchthelfer und Devisenschmuggler in die Untersuchungshaftanstalt Neustrelitz der DDR-Volkspolizei geriet, verdankte er seiner Freundschaft zu dem preisgekrönten Schriftsteller, Bühnenbildner und Regisseur.

Denn Gabriele Gerecke, die Frau, die Klemens Niermann im Audi-Kofferraum über die Grenze holen wollte, war Schleefs Freundin. Der Künstler lebte gerade für zwei Monate in der Wohnung Niermanns in Ibbenbüren, so wie viele andere Menschen, die der Pfarrer im Lauf der Jahre bei sich einquartierte. "Manche abenteuerliche Gestalt", erinnerte sich sein Nachbar Walter Beermann von der Oststraße, "brachte er spät im Aufzug mit hoch". (Vater von Mathias Franke)Schon mal ließ er Obdachlose wochenlang in seinem Bett schlafen. Er quartierte sich dann in der Badewanne ein.

Kennengelernt hatten sich der Theatermann und der Pastor 1965 auf dem Autobahnkreuz Halle/Magdeburg in der DDR. Schleef, 21, trampte. "Ich hielt seinen Wagen an. Er sagte einen Satz: Das ist verboten", erinnert er sich in seinem Tagebuch. Niermann ließ den jungen Mann trotzdem mitfahren, scherte vor einer Kontrolle der Volkspolizei aus, setzte ihn in Magdeburg ab und gab ihm zwei Flaschen Wein mit.

Verbote - dazu hatte der Pfarrer, der aus einer erzkatholischen Schermbecker Familie mit 14 Kindern stammte, seine Privatmeinung. Er stellte viele infrage. Einmal pilgerte er zu Fuß nach Lourdes. Vor dem Ziel aß er einen Apfel. Dann habe er darüber nachgedacht, dass er zur Kommunion nüchtern zu erscheinen habe, erinnert er sich in einem Interview: "Also habe ich noch einen Apfel gegessen." Zur Messe ging er trotzdem. Für Schleef war dieser fremde Pfarrer eine Stütze, ein moralischer Halt, später auch ein verklärtes Idol. Als der renitente DDR-Mensch von der Hochschule flog, stand Niermann plötzlich vor seiner Tür, 3000 Ostmark in der Hand. Schleef: "Ohne die hätte ich es nicht überstanden." Niermann hatte viele Kontakte zu Kirchen im Ostblock, überbrachte häufig Geld, Bücher und Hilfsgüter. Er half Schleef später, über Prag und Wien in den Westen zu fliehen. 1977 kam der Künstler auf der Arbeitssuche nach Ibbenbüren. Niermann brachte ihn in seiner Wohnung unter, die beiden diskutierten ausgiebig über religiöse Fragen. Aber Schleef klagt auch darüber, dass er seine Freundin in Ostberlin zurückgelassen habe. Da fasste Nierman einen seiner Spontan-Entschlüsse. "Lächelnd, dünnlippig, buschige Augenbrauen, Stirn zerfurcht, eben ein Mann, nicht eine Memme wie ich", schildert Schleef den Pfarrer, der dann an einem Morgen im März in sein Auto stieg. "Wir werden das Kind schon schaukeln", sagte er, "ich hole Gabi." Was Niermann erst später erfuhr: Einar Schleef hatte die Reise bei den Eltern Gereckes in Berlin telefonisch angekündigt. Wenn auch verklausuliert. Die Stasi lauschte mit. Der Audi aus Ibbenbüren wurde observiert. DDR-Spitzel lagen auf der Lauer. "Ja", erinnert sich Niermann Jahre danach, "die waren auf mich fixiert."

Ibbenbüren.
Geheime Mission: In der Zeit des Kalten Krieges nutzten katholische Priester oft Ostblock-Reisen, um Geld, Bücher oder Medikamente zu schmuggeln. Klemens Niermann hatte zahlreiche Kontakte in die DDR. 1955 hatte er ein Praktikum im thüringischen Eisenberg absolviert. Damals schummelte er zum Beispiel zwei Glocken der St.-Michael-Kirche über die Grenze: In den Einfuhrpapieren waren sie 65 und 55 Zentimeter hoch. Bei der Ausfahrt zeigte der Pfarrer den Zöllnern zwei kleine Glöckchen. Er hatte zwei Kommata versetzt: auf 6,5 und 5,5 Zentimeter.

Immer ging es gut. Häufig war der Pfarrer aus Ibbenbüren ohne Gepäckkontrolle über die Transitstrecke von Berlin in den Westen gefahren. Nie waren die Geldbündel aufgefallen, die er für Gemeinden in der DDR oder der Tschechoslowakei versteckt hatte. So glaubte er auch im März 1977 durchzukommen, als er die Freundin Einar Schleefs in den Westen holen wollte.

Am 24. März war er nach Berlin gefahren. Abends überquerte er mit einem Tagesvisum den Mauer-Checkpoint zu Ostberlin und besuchte Gabriele Gerecke in der Wohnung ihrer Eltern. Schleef hatte ihn angekündigt, telefonisch. Ein Fehler, die Staatssicherheit (Stasi) lauschte mit. Niermann stand unter Beobachtung, als er am anderen Morgen 12 000 Ostmark von Gereckes Eltern erhielt: der Spargroschen für die Zukunft im Westen. Er versteckte die Summe unter dem Lenkrad seines Audi 60.

Als es ernst wurde mit der Flucht, folgte ihm die Stasi. Minutiös nachzulesen in seiner Akte: "Kontrollbeobachtung 4140/77". Auf der "Raststätte Michendorf, Berliner Ring, km 91,2" wird der weiße Audi mit dem Kennzeichen ST - D 219 um 17.25 Uhr unter "operative Beobachtung" gestellt.

Wenig später fährt ein weißer Trabi mit rotem Dach auf den Parkplatz. Auf dem Beifahrersitz Gabriele Gerecke, am Steuer ihr Bruder Jörg. Man geht grußlos aneinander vorbei, kauft Zigaretten im Intershop. Der Wechsel erfolgt rasch, Niermann übernimmt den Koffer von Gerecke, sie folgt ihm im Abstand von zehn, 20 Metern. Dann fahren sie los. Um 19.30 Uhr, protokolliert der beobachtende Stasi-Oberstleutnant H., fährt der Ibbenbürener Pkw auf einen Parkplatz bei Barleben. Niermann öffnet den Kofferraum, Gerecke kriecht gebückt um das Auto herum, legt sich in den Gepäckraum. Bei der Weiterfahrt, so der Stasi-Bericht, "fuhr der Pkw langsamer, um den Schlaglöchern auf der Autobahn auszuweichen". 20.03 Uhr passiert das Fahrzeug das "VP-Grenzgebiet". Dort schnappt die Falle zu.

Klemens Niermann war ein Einzelkämpfer. Konzepte, Pläne, Organisation, so taxierten seine einstigen Kollegen Johannes Lammers und Bernhard Honsel in einem Interview, waren nicht seine Sache. Bevor er nach Berlin fuhr, hatte er Pfarrer Leonhard Rüster von St. Michael nur gesagt: "Ich glaube, das wird eine schwierige Sache." Mehr nicht.

Nun sitzt in Niermanns Wohnung der Regisseur Einar Schleef und bangt. Zwei Tage hört er nichts von seinem Helfer. Er ist sicher, es musste etwas passiert sein. Schleef ruft im Generalvikariat in Münster an, hilflos und aufgeregt. Wenig später erfahren Ibbenbürens Pfarrer, dass ihr Kollege verhaftet wurde.

Nach der Festnahme am Grenzübergang Marienborn landet Klemens Niermann im Stasi-Untersuchungsgefängnis Neustrelitz. Die Vorwürfe: Versuchte Ausschleusung, ungesetzlicher Grenzübertritt.

Zeitlebens soziales Engagement Klemens Niermann (1928- 2007) wurde in Schermbeck geboren. Er war als Berufsschullehrer und Krankenhauspfarrer in Ibbenbüren tätig. Niermann hat sich zeitlebens sozial engagiert. Er hat Gemeinden in Osteuropa unterstützt und den Dialog mit Muslimen in Ibbenbüren in Gang gesetzt. Nach ihm wird im November der Platz zwischen Caritas und Rathaus benannt. 1977 geriet er in DDR-Haft, weil er versuchte, eine Frau über die Zonengrenze zu schleusen. Davon handelt diese fünfteilige Serie. Das Material haben Dechant Martin Weber und andere Freunde Niermanns zusammengetragen.

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IVZ: 26.10.2012
Pfarrer Niermann saß in den Stasi-Knästen Neustrelitz und Rummelsburg Der Ibbenbürener Pfarrer Klemens Niermann ist bei dem Versuch, die Freundin von Regisseur Einar Schleef in den Westen zu schleusen erwischt worden. Dafür musste er lange Zeit in den Stasi-Knästen Neustrelitz und Rummelsburg sitzen.

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Das ehemalige Zuchthaus Neustrelitz: Angela Worgull (Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern) zeigt im Jahr 2008 das Gelände. Hier saß Pfarrer Klemens Niermann 1977 ein, ehe er verurteilt wurde.
 

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Ibbenbüren. Beihilfe zur Flucht, Devisenvergehen - das Kreisgericht Neustrelitz entschied am 5. Mai 1977 "im Namen des Volkes": Drei Jahre und sechs Monate Haft für den "Religionslehrer" Klemens Niermann.

Vorausgegangen waren sechs Wochen strengster Einzelhaft für den Ibbenbürener Pfarrer im Stasi-Untersuchungsgefängnis in Neustrelitz. Und Verhöre, in denen Niermann vorgerechnet wurde, wie oft er in der Tschechoslowakei gewesen war. Man legte ihm Listen mit Namen vor. Er sollte anstreichen, wen er davon kannte. "Ich habe gelogen", sagte er im Jahr 1996 in einem Interview, "was das Zeug hielt."

Niermann hatte viel Geld in den Osten geschmuggelt, aber nur in einem Fall konnte die Stasi ihm etwas nachweisen. Da hatte er Devisen für ein evangelisches Bildungshaus in der Märkischen Schweiz transportiert, das von einem evangelischen Pfarrerpaar geleitet wurde. Die Frau war in Ibbenbüren zur Schule gegangen.

Das DDR-Gefängnis war kein West-Gefängnis", sagte er später. Nach dem Urteil wurde er ins Gefängnis Rummelsburg verlegt, in dem in den 60er- und 70er-Jahren einige Hundert Westdeutsche einsaßen, darunter viele Fluchthelfer.

Nach der Isolation landete er nun in einer Zelle mit 30 Männern. Die Toilette war in der Ecke. Abends gab es 45 Minuten klassische Musik, Mozart, Beethoven, Bach. Einmal im Monat auch Beat. "Gute Leute waren das", lobte er seine Mithäftlinge.

Manchmal bot der Pfarrer in einer abgetrennten Ecke Meditations-übungen an und erzählte Märchen. Zu Pfingsten wünschten sich die Mitgefangenen eine Predigt. Niermann hielt Gottesdienst, der Inhalt von Westpaketen wurde verteilt. "Das war das richtige Abendmahl", sagte er.

Viele Häftlinge saßen hier jahrelang. Doch Klemens Niermann wurde freigekauft. Nach drei Monaten Diplomatie zwischen den beiden deutschen Staaten und dem Bistum Münster verlegte man den Häftling Nr. 1789 in die Berliner Stasizentrale. Wieder folgten Verhöre. Eines Morgens warf man ihm seine Zivilkleidung in die Zelle: "Sie werden heute entlassen."

Im münsterischen Generalvikariat galt der Pfarrer seither als der teuerste Priester der Diözese. Obwohl: Das Kaufgeld gab es vom Staat zurück.

Die Haft hatte an dem 49-Jährigen gezehrt. Als ihn der Theatermann Einar Schleef, dessen Freundin Niermann aus der DDR schleusen wollte, später im Taxi abholte, notierte er: "Klemens ist fertig."

Niermann wird über die Vorfälle wenig reden. In der Zeitung steht nur eine dürre Meldung. Reporter empfängt er nicht. In der Zeit des Kalten Krieges will man die dünnen Pfade der Diplomatie zwischen den beiden deutschen Staaten nicht zuschütten.

Der Pfarrer fliegt erst einmal nach Indien zu Mutter Teresa. Er will bei ihr arbeiten, Menschen helfen. Doch die später seliggesprochene Friedensnobelpreisträgerin schickt ihn zurück in die Heimat: Indien sei überall, vor allem vor seiner Haustür.

Als Klemens Niermann nach der wohl schlimmsten Reise seines Lebens (1977) vor seiner Haustür steht (Oststr. 4 ?), passen die Schlüssel nicht mehr. Das Landeskriminalamt hat sie ausgewechselt. Man war sich sicher, dass die Stasi bei ihm eingebrochen ist. Spitzel gebe es überall, hieß es, auch in Ibbenbüren. Ein Verdacht, der sich später in den Stasi-Akten bestätigt.

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IVZ: 28.10.2012 - Niermann stand noch bis in die 1980er Jahre im Visier der Stasi Auch nachdem der Ibbenbürener Pfarrer Klemens Niermann, der vom ehemaligen DDR-Regime in den Knast geschickt wurde, freigekauft war, hatte die Stasi ihn weiter im Visier. Seine Akte wird unter dem Namen "Emanuel" ab Oktober 1978 weiter geführt.

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Ein Justizvollzugsbeamter auf dem Weg
in eine Zelle
In dem Gefängnisses Rummelsburg bei Berlin.
saß Klemens Niermann in H

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Ibbenbüren.
"Wieso tut so einer (Klemens) so was?" Gabriele Gerecke hat sich das tausend Mal gefragt, als sie im Gefängnis saß. Die 30-jährige DDR-Lehrerin war am 25. März 1977 mit Klemens Niermann verhaftet worden. Sie wollte aus der DDR fliehen. Sie lag im Kofferraum seines Wagens. Gerecke wurde wegen Republikflucht verurteilt, befand sich noch in Haft, als der Ibbenbürener Pfarrer längst von seinem Bischof freigekauft war.

Als Niermann 70 Jahre wurde, hatte die langjährige Lebensgefährtin des Regisseurs Einar Schleef eine Antwort auf ihre Frage: "Weil ich noch nie jemanden kennengelernt habe, der sein Priestertum so ernst genommen hat, er sucht sich immer das Schwerste aus."

Bei den Verhandlungen mit der DDR-Regierung über die Freilassung von Klemens Niermann ging es auch um die Frau, die er in den Westen holen wollte. Der Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel war dabei im Geschäft. Er war Organisator des ersten Agentenausschusses im Kalten Krieg und Unterhändler der DDR beim sogenannten Häftlingsfreikauf. Weihnachten 1977 versprach Vogel, stehe sie auf der Austauschliste. "Die Preise", sagte Niermann dem Regisseur Schleef am Telefon, "sind gestiegen".

Niermann stand noch bis in die 80er-Jahre im Visier des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Seine Akte wird unter dem Namen "Emanuel" ab Oktober 1978 weiter geführt und er soll als IMF gewonnen werden. Die Stasi erhofft sich von ihm Aufklärung über "feindlich-klerikale Kräfte der katholischen Kirche". (IMF steht für Informeller Mitarbeiter mit Feindverbindung ins Operationsgebiet).

Bis 1984 liefert ein IM "Schwalbe" regelmäßig Berichte über den Pfarrer aus Ibbenbüren. Offenbar ist er der Ost-Anwalt, der ihn bei Gericht vertreten hat. "Schwalbe" berichtet allerdings ziemlich unbedeutende Dinge, so dass die Akte geschlossen wird. Der "Kandidat", heißt es zur Begründung, sei "unehrlich". Der IM Schwalbe müsse überprüft werden.

Klemens Niermann hatte über Jahre den Kontakt mit seinem Ost-Anwalt gepflegt. Einmal, und das ist typisch für den Pastor, bat er ihn, seinen Stasi-Vernehmern und der Wachmannschaft im Gefängnis Weihnachtsgeschenke zu bringen. Daraus wurde allerdings nichts.

Wie der Ibbenbürener Pastoralreferent Hermann Poggemann berichtet, habe Niermann seinem Stasi-Beschatter später die Sterbesakramente gebracht. Auch am Grab von Einar Schleef im Jahr 2001 spricht Pfarrer Niermann aus Ibbenbüren. "Wer bin ich eigentlich", sei die ewige Frage des Künstlers gewesen, sagte Niermann laut Bericht der Berliner Zeitung.

Einar Schleef, der Niermann 1965 beim Trampen in der DDR kennengelernt hatte, wusste kurz vor seinem Tod eine Antwort: "Dass sich meine Arbeiten veränderten, dass sich ihr tragischer, religiöser Charakter immer mehr durchsetzte, ist nicht nur gelebte Biografie, sondern Ausdruck einer Begegnung vor 30 Jahren, die für Fahrer und Tramp nicht folgenlos blieb."

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IVZ: 10.11.2012
Klemens-Niermann-Platz offiziell eröffnet

Mit einem großen Lichtermeer ist am Samstagabend der der Klemens-Niermann-Platz eingeweiht worden. Zur Eröffnung kamen trotz Regenwetters Hunderte Besucher.

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Klemens-Niermann-Platz
 
 
Mit einem Lichtermeer aus 1300 Kerzen ist im Rahmen der Aktion Eine Million Sterne für Kenias Straßenkinder
in Ibbenbüren der Klemens-Niermann-Platz eingeweiht worden.
 

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Mit einem großen Lichtermeer ist am Samstagabend der ehemalige Ibbenbürener Clemensplatz in Klemens-Niermann-Platz umbenannt worden. Im Rahmen der Aktion "Eine Million Sterne" der Caritas leuchteten auf dem Platz zwischen Rathaus und Caritasgebäude 1300 Kerzen. Sie zeigten die Umrisse des Kreuzes, des Halbmondes und des Davidssterns als Symbol für die drei großen monotheistischen Religionen, die sich alle auf Abraham berufen.

Bürgermeister Heinz Steingröver enthüllte das Schild im Beisein Hunderter Gäste, die die feierliche Atmosphäre genossen. "Katholischer Priester in Ibbenbüren (1963 - 2007)", steht unter dem Straßenschild, "Brückenbauer zwischen Armen und Reichen, zwischen Juden, Christen und Muslimen." "Dem habe ich nichts hinzuzufügen", sagte Steingröver anerkennend. Zuvor hatten Weggefährten des Krankenhauspfarrers, der 2007 starb, Lobreden auf Niermann gehalten und vom Umgang mit ihm berichtet. Dechant Martin Weber nannte Niermann einen "heiligmäßigen Mann".

Die Aktion Eine Million Sterne will aufmerksam machen auf Not und Leid in der Welt. Konkret dreht sich das Engagement um Straßenkinder in Kenia, die von den gesammelten Spenden unterstützt werden sollen. Auch für eine Freizeit benachteiligter Ibbenbürener ist das Geld teilweise gedacht.

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Klemens-Niermann-Platz"
Klemens-Niermann-Platz

 
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Begegnungen eines Evangelischen Pfarrers mit Klemens Niermann von Pastor Paul

Klemens gehört von Anfang an bis heute zu meinem Leben. Als ich 1975 meinen Dienst in Ibbenbüren begann, gehörte alsbald zu meinen Aufgaben die Erteilung von Religionsunterricht in der Berufsschule. Und da lernte ich Klemens kennen. Unvergesslich der Einstieg. Im Wirrwarr der Klassen war ich im verkehrten Raum gelandet und begann meinen Unterricht. Da öffnete sich die Tür und Klemens stand da. Er war sichtlich erfreut über meine Gegenwart und machte keine Anstalten, mich aus der Klasse zu bugsieren. Vielmehr rief er lachend in die Klasse: "War Jesus evangelisch oder katholisch?" Damit hatte er die Brücke geschlagen, die uns bis heute verbunden hat. Es ist die gelebte Jesus-Nachfolge, die sein Leben bestimmt hat. So hat er sein Haus allen geöffnet, die in Not waren und ein Dach über dem Kopf brauchten. Viele von den Obdachlosen waren auch mir vertraut und zu manchem habe ich bis heute Kontakt. Einer von ihnen ist Peter. Immer wieder ist er bei Klemens eingekehrt, und dann hat er mir eines Tages erzählt, wie er mit Klemens zusammen in Münster war. Klemens hatte gerade vom Bischof 20.000,- DM für die rote Kirche in Minsk erhalten. Für weitere Besorgungen wollte er das Geld nicht bei sich behalten. Also hat er es Peter in die Hand gedrückt und gesagt hat: "Du, halt mal!" Dieses Vertrauen hat Peter tief beeindruckt. " Ich hätte mit dem Geld abhauen können, aber ich habe es nicht getan. Ein solches Vertrauen konnte ich ja nicht enttäuschen!" So ist Peter, wenn er denn bei Klemens war, zu seinem Mitarbeiter und auch zu einem Helfer in seinen Gottesdiensten geworden. Für mich gab es unendlich viele Gelegenheiten im ökumenischen Miteinander, wo wir uns achten und schätzen gelernt haben und wo ein Stück Freundschaft gewachsen ist. Und dabei sind wir auch auf eine überraschende Spur gestoßen. Als ich im September 2006 als Wanderer und Pilger den Athos in Nordostgriechenland besucht habe und am Ende beim Mönch Panteleimon landete, da wurde diese Spur lebendig. Panteleimon ist aus einer einflussreichen Berufslaufbahn in Deutschland ausgestiegen und lebt in einem Kellion des Klosters Chiliandar an der Westküste des Athos. Da ist Klemens zur Feier seines 75. Geburtstags gelandet.

Es war die gelebte Jesus-Nachfolge, die Panteleimon und Klemens trotz aller Unterschiedlichkeit von Anfang an miteinander verbunden hat. Als ich von Panteleimon den diesjährigen Weihnachtsrundbrief erhielt und darauf antwortete, habe ich erzählt, dass Klemens schwer erkrankt sei. Bald darauf rief Panteleimon bei mir an und erkundigte sich nach Klemens, trug mir Grüße auf sagte mir, dass Klemens in der täglichen Fürbitte seiner Gottesdienste seinen festen Platz habe. Und wenig später erhielt ich dann noch eine Karte, auf der Panteleimon unter anderem schreibt: "Die Krankheit von Klemens berührt mich sehr - Gott prüft ihn noch einmal und läutert ihn - gebe Er, dass unser lieber Freund und Bruder wenig leiden muss und bald am himmlischen Altar seinen Priesterdienst tun darf." An dem Morgen, an dem ich Klemens diese Grüße überbracht habe, war er erstaunlich aufnahmebereit. Sprechen war so gut wie gar nicht möglich. Als ich ihm diese Worte vorgelesen hatte, lachte er und gleichzeitig kamen uns beiden die Tränen. Und so haben wir dann auch bewusst voneinander Abschied genommen. Dabei habe ich die Geschichte gelesen, in der Jesus seinen Jüngern im Sturm auf dem Meer begegnet. Und so habe ich ihm diese Zusage des Auferstandenen sagen dürfen, die uns als christliche Gemeinde über alle Grenzen hinweg miteinander verbindet: Seid getrost, ich bin's, fürchtet euch nicht! ( Mt 14,27) Als ich dann im Interview aus dem Jahre 1996 las, wie Klemens sein Leben mit genau dieser Zusage verbunden wusste, da dachte ich: Die Übereinstimmung ist oft genug weitreichender, als wir es wissen. Die Gemeinschaft des gekreuzigten und auferstandenen Christus am Tisch des Herrn gemeinsam zu feiern war für ihn kein Problem, auch wenn er sagt, er sei "brutal katholisch".
Reinhard Paul

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Bürgermeister Heinz Steingröver zur Einweihung des Klemens-Niermann-Platzes

Klemens Niermann, nun ist es schon über 5 Jahre her, dass Klemens Niermann gestorben ist. Ich erinnere mich noch gut an den Trauerzug und den Gottesdienst in der Mauritius-Kirche, mit dem die Menschen in Ibbenbüren sich verabschiedet haben von einem ungewöhnlichen Menschen. Ungewöhnlich hilfsbereit, ungewöhnlich frei von Allüren, ungewöhnlich frei von einer Priesterrolle in der Soutane. Er wurde nicht vergessen. Ein Antrag im Rat auf Benennung zeigt das. Dabei ist es in Ibbenbüren wenig üblich, Straßen oder Plätze nach Mitbürgern zu benennen. Eine Stadt, das sind Häuser, Straßen, Geschäfte, eine Stadt, das sind aber vor allem die Menschen, denn erst sie füllen eine Stadt mit Leben, sie geben der Stadt Gesichter. Klemens Niermann hat viele Jahre in Ibbenbüren gelebt. Er war einer von uns, aber er war ein ganz besonderer Mensch und Bürger, er hat der Stadt ein ganz besonderes Gesicht gegeben. Er war als gläubiger Mensch überzeugend. Er war als Mitmensch ungewöhnlich liebenswert. Er war ein Ansprechpartner für viele.
Er war ein Brückenbauer. Ich bin ihm oft begegnet, habe oft mit ihm gesprochen. Immer wieder zum Beispiel, wenn er mit Vertretern der türkisch-islamischen Gemeinde bei mir war. Wir benennen diesen Platz nach einem ungewöhnlichen Menschen, der trotzdem ganz einfach war. Ich erinnere mich an seine Fröhlichkeit. Ich erinnere mich an seinen Humor. Ich erinnere mich an einen Spruch an seiner Wohnung im Krankenhaus: Der liebe Gott sieht alles - aber er verpetzt dich nicht.
Ich möchte danken für seine Hilfsbereitschaft. Er wies keinen ab, der seine Hilfe brauchte, er begab sich auch selbst in Gefahr, um anderen zu helfen. Viele konnte er trösten. Ich möchte danken dafür, dass wir ihn als Mitbürger haben durften. Die Stadt ist ohne ihn ärmer. Er wird Ibbenbüren fehlen. Wir können ihn nicht ersetzen. Immer hat er sich für den Frieden, für Verständigung eingesetzt, daran soll diese Namensgebung erinnern.
Heinz Steingröver

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Zur Einweihung "Klemens-Niermann-Platz" am 10. November 2012 in Ibbenbüren
von Martin Weber

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  Um es gleich vorweg zu sagen: Ich halte Klemens Niermann für einen heiligmäßigen Mann. Ich weiß, dass das eine starke Beschreibung ist. Ich weiß auch, dass Viele "heilig" in dieser konkreten Sichtweise von Klemens Niermann nicht definieren würden. Oder dass dann auch viele andere "heilig" sind und wir noch mehr Plätze benennen müssten. Ich weiß auch, dass es Leute gibt, denen diese - wie sie sagen - "Glorifizierung" von Klemens Niermann zuwider ist. Und trotzdem: Ich habe meine Erfahrungen mit Klemens. Ich habe ihn erlebt bei einer Krankensalbung im Krankenhaus. Er konnte mit-leiden und gleich-zeitig Mut machen, mit ruhiger Stimme und wachen Augen, ohne Floskeln, mit Hand und Fuß, beim Segnen ganz nah mit Handauf-legung. Er hat auch mir geholfen, dieses Sakrament besser zu verstehen. Ich habe ihn erfahren bei der Feier der Eucharistie. Wenn er für die Seelsorgekonferenz - also für die hauptamtlichen Seelsorge-rinnen und Seelsorger - eine Messe vorbereitet hatte, war das wie Weihnachten: aufwendig sinnlich mit Bildern, Symbolen, Blumen und Weihrauch. Man wurde gleichsam hineingezogen in das Mysterium und mit einem großen Gefühl von Gemeinschaft untereinander und mit Gott wieder auf den Weg geschickt. Das steckte an und war fruchtbar. Im Krankenhaus versammelte er so eine illustre Gemeinde aus der ganzen Stadt um sich, um zu beten und sich gemeinsam für andere einzusetzen: sei es im Krankenhaus auf den Stationen mit der Krankenkommunion, sei es für die sozialen Projekte, für die er oft Motor und Kristallisationspunkt war. Ich habe ihn erfahren bei einem Hilfstransport nach Minsk. Da musste er sich unbedingt ein paar Kilometer hinter das Steuer des LKW setzen - wahrscheinlich ohne den passenden Führerschein dazu... Manchmal brach dabei kurz so eine gewisse Eitelkeit auf - wie sie vielleicht jeder Mensch in sich hat. Er wußte durchaus auch, wie er mit dem, was er tat, auf andere wirkte. Aber dann konnte er auch darüber und über sich lächeln. Und wenn man dann sah, wie er angezogen war und welche Autos er fuhr und wie er eingerichtet war und immer für andere pleite war, dann spürte man auch, wie er eigentlich immer ein demütiger Mensch sein wollte. Ich habe noch seine Worte im Ohr:  
  "Aber ich hab mir oft überlegt: Wie würde Jesus jetzt hier an meiner Stelle in Ibbenbüren handeln? Und deshalb muss ich das tun. Ich denke, er wird keinen Menschen verurteilen (...). Ich hab mich immer als jemand gefühlt, der durch die Straßen geht, in die Schule geht, durch das Krankenhaus geht und der etwas von der Person Jesu zu vermitteln hat. Nicht aufdringlich, schon gar nicht beherrschend, eher dienend, denn wir sind nicht berufen, die Welt zu beherrschen." Ich könnte noch viele andere persönliche Erfahrungen und Beispiele nennen. Noch wichtiger und überzeugender sind für mich aber die Bilder von ihm, die ich in anderen Menschen gleichsam wider- gespiegelt bekommen habe, oder die ich aus vielen Berichten und Anekdoten anderer Menschen heraus höre. Lesen Sie zum Beispiel noch einmal im anonymisierten Kondolenzbuch im Internet nach. Da erfährt man nicht nur etwas Authentisches von Klemens Niermann, sondern auch von den Menschen hier aus unserer Stadt. Auf der ihm eigenen Art zu leben und zu arbeiten hat er Netzwerke von Menschen geschaffen, die quer durch alle Schichten und Religionen und Überzeugungen gehen und immer noch erlebbar in Ibbenbüren sind - auch im Sinne von: Jetzt erst recht für Klemens! Klemens Niermann hat für viele Menschen die Erinnerung an eine andere Welt wach gehalten, an eine Welt tiefer und grenzenloser Mitmenschlichkeit. Er vermittelte: Du bist nicht alleine! Du kannst Hilfe und Unterstützung bekommen, wenn du nicht mehr weiter weißt; du kannst helfen und Verantwortung übernehmen, wenn es dir besser geht als anderen. Und überhaupt:
Du bist wichtig, egal was du hast und was du glaubst! Ich bin dem Rat der Stadt Ibbenbüren und dem Bürgermeister dankbar, dass sie diesen kleinen, eher unscheinbaren Platz in "Klemens-Niermann-Platz" umbenannt haben. Viele wussten bis dahin gar nicht, dass das hier ein Platz ist - der auch schon einen Namen hatte. Ich stelle mir vor, dass in den nächsten Jahren ab und zu wieder eine Lehrerin ihre Schüler(innen) los schickt mit der Aufgabe: Findet heraus, wer dieser Klemens Niermann war. Und vielleicht stehen sie dann staunend vor dem, was sie zusammengetragen haben - und bekomme neue Ideen, was alles möglich ist. Und eine letzte Anregung noch. Klemens Niermann hatte viele Menschen guten Willens um sich versammelt, die mit ihm zusammen etwas verändert und getan haben. Vielleicht kann ja gerade dieser Platz hier um eine Stele oder eine Tafel ergänzt werden, oder um einen Baum mit Plaketten, wie gestern am Kepler-Gymnasium, auf dem die Namen vieler anderer Ibbenbürener stehen, die sich um ihre Mitmenschen in Nöten gekümmert haben oder sich immer noch kümmern. Der "Klemens-Niermann-Platz" gleichsam als Sammel-Platz für Menschen mit Ideen und Initiativen für ein (noch) besseres und menschenwürdigeres Ibbenbüren.
 
 
Segenswort über Feuer und Kerzen


Wir entzünden jetzt viele Kerzen und machen kräftig Licht in der Dunkelheit. Die Dunkelheit steht heute Abend für Not, Armut und Einsamkeit, für Alleinsein und Ausgeschlossensein. Das Licht und die Kerzen stehen für Möglichkeiten der Hilfe und unseren Willen zur Veränderung von ungerechten und unerträglichen Lebenssituationen. Guter Gott, segne die Menschen, die sich für andere und eine bessere Welt einsetzen. Gib uns dazu neue Ideen und Mut und Zivilcourage, um Vorhaben auch umzusetzen. Erleuchte uns und lass uns selbst Licht für andere sein. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen
 

 
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Selcuc Özdemir zur Einweihung

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Mitglieder der Ratsfraktionen Sehr geehrte Vertreter der
Stadt Ibbenbüren Sehr geehrte Vertreter der Presse Meine sehr verehrten Damen und Herren, Liebe Freunde

Sozialarbeiter des Begegnungszentrums zu Ihnen ein paar Worte über einen hervorragenden Freund und Wegbegleiter, sprechen: Wir haben unserem Freund und Wegbegleiter, einen gemeinsamen Freund verloren. Wir haben uns damals von Herrn Pastor Clemens Niermann verabschiedet. Bruder Clemens Niermann hat für uns und mit uns eine schwierige Schwelle überschritten. Er hat von Anfang an die Geschicke der Ditib-Gemeinde Ibbenbüren begleitet. Er hat damals die Kontakte mit der Verwaltung und auch mit den Kirchen hergestellt. Er war von Anfang an dabei: beim Einzug der Gemeinde in die Kellerräume der Albert-Schweitzer-Grundschule und auch beim Erwerb des Hauses Ledder Strasse 14. Er war bei der gesamten Gestaltung und dem Umbau des Hauses dabei. Auf ihn war immer Verlass. Er war bei allen muslimischen Festen immer dabei und brachte sogar als Geste bei den religiösen Festen Bonbons mit. Das haben wir als eine sehr angenehme Geste empfunden in einem fremden Land und wir sind ihm dankbar, dass er damals den Grundstein für einen friedlichen Islam in Ibbenbüren gelegt hat, damit wir uns hier wohl fühlen als ein Teil dieser Gesellschaft.
Ich danke Clemens Niermann in Namen der Ditib-Gemeinde und auch in Namen aller Muslime für manches gutes Wort, für ein Lächeln, für eine aufmunternde Geste und auch für seine Hilfstaten. Jede und jeder von Ihnen wird wohl solch einen Dank aussprechen können. Wir haben Bruder Klemens erlebt als einen Menschen, der für uns Brücken gebaut hat zu der einheimischen Gesellschaft. Denn es war für uns damals noch schwieriger, mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen und unsere Nöte und Sorgen zu erklären. Clemens hat für uns die Brücke übernommen. Er hat als sogenannte Brücke viel Last von uns genommen. Dafür möchten wir uns beim Bruder Clemens bedanken. Wir sagen Dank dem ALLAH, dass er uns erlaubt hat, einen ganz besonderen Menschen kennen gelernt zu haben und wir mit seiner Hilfe viele Schwierigkeiten überwunden zu haben. Heute wollen wir ihn für seine Taten ehren und diesen Platz nach ihm benennen. Wir können es nur vom ganzen Herzen begrüßen und werden Bruder Klemens immer in unseren Herzen ehren.
Selcuc Özdemir

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Aktion Eine Million Sterne von Caritas International
am 10.11.2012
Mit mehr als 1.300 Kerzen wollen wir uns daran beteiligen und auf der Rasenfläche vor dem Caritasverband ein Symbol zum Leuchten bringen, das uns an Klemens Niermann erinnert. Mit der Aktion werben wir um Solidarität für Menschen in Not - hier und weltweit. Wir sammeln zum einen für Straßenkinder in Kenia, die auf Müllbergen leben müssen - für die Jüngsten von ihnen sollen Bildungsmöglichkeiten geschaffen werden - frei nach dem Motto:

Mit Bildung aus der Armenspirale. - Hier vor Ort führen wir die Aktion "Sterne für Mutter und Kind" durch. Wir wollen Familien mit geringem Einkommen eine Woche "Auszeit" in einer Ferienfreizeit bieten - um neue Kontakte knüpfen zu können und um einmal aus dem Alltag heraus zu kommen. Denn: Armut macht krank - und hier ist nicht nur materielle Armut gemeint. Christian Schauerte, Organist der Ev. Kirchengemeinde, der Caritaschor caritakt und die Percussionband Beat it aus der Don-Bosco-Förderschule Recke-Espel werden der Aktion einen akustischen Rahmen geben. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Pfarrer Stefan Notz, Vorsitzender des Caritasverbandes; Detlev Becker, Geschäftsführer

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
gerne habe ich die Schirmherrschaft für die Aktion Eine Million Sterne des Caritasverbandes Tecklenburger Land e.V. übernommen. Es freut mich besonders, dass im Rahmen dieser Aktion der Platz zwischen Rathaus, Polizei, Familienbildungsstätte und Caritasverband offiziell zum Klemens-Niermann-Platz umbenannt wird. Klemens Niermann ist vielen von uns noch in guter Erinnerung. Er war Brückenbauer zwischen den Religionen der Juden, Muslimen und Christen. In seiner Art einmalig, setzte er sich für arme Menschen ein. Man konnte mit ihm anecken - er nahm kein Blatt vor den Mund - aber letztendlich ging es ihm nie um sich selbst, sondern er war immer für andere da. So hat er nicht nur bei seinen Schülerinnen und Schülern in der Berufsschule und bei Menschen, mit denen er als Krankenhaus-seelsorger in Kontakt kam, sondern auch bei vielen anderen Menschen hier in Ibbenbüren einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich freue mich, wenn wir uns am 10. November begegnen und uns gemeinsam, im Licht der vielen Kerzen von Eine Million Sterne, an Klemens Niermann erinnern.

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  Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, gerne habe ich die Schirmherrschaft für die Aktion Eine Million Sterne des Caritasverbandes Tecklenburger Land e.V. übernommen. Es freut mich besonders, dass im Rahmen dieser Aktion der Platz zwischen Rathaus, Polizei, Familienbildungsstätte und Caritasverband offiziell zum Klemens-Niermann-Platz umbenannt wird. Klemens Niermann ist vielen von uns noch in guter Erinnerung. Er war Brückenbauer zwischen den Religionen der Juden, Muslimen und Christen. In seiner Art einmalig, setzte er sich für arme Menschen ein. Man konnte mit ihm anecken - er nahm kein Blatt vor den Mund - aber letztendlich ging es ihm nie um sich selbst, sondern er war immer für andere da. So hat er nicht nur bei seinen Schülerinnen und Schülern in der Berufsschule und bei Menschen, mit denen er als Krankenhaus-seelsorger in Kontakt kam, sondern auch bei vielen anderen Menschen hier in Ibbenbüren einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich freue mich, wenn wir uns am 10. November begegnen und uns gemeinsam, im Licht der vielen Kerzen von Eine Million Sterne, an Klemens Niermann erinnern

Ihr Heinz Steingröver, Bürgermeister Schirmherr der Aktion °Eine Million Sterne"

Der neue "Klemens-Niermann-Platz" ist die Umbenennung des alten "Klemensplatzes" und liegt zwischen der Alten Münsterstraße und der Klosterstraße, zwischen Caritasverband/Familienbildungsstätte und Polizei/Stadtverwaltung. Informationen zum alten Klemensplatz recherchierte Werner Suer in der IVZ vom 31.03.2007 . Der Namensgeber hieß Clemens Bispinck (1846-1918) und war Besitzer der Textilfabrik Sweering an der Groner Allee. Während der Nazi-Zeit hieß der Platz "Horst-Wessel-Platz"
Caritas International
 


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"Alle ein wenig mehr Klemens sein"
Mehr als 1000 Menschen nahmen gestern Abschied von Pfarrer Niermann -ck/ok- Ibbenbüren.

In einer bewegenden Trauerfeier haben gestern Mittag mehr als 1000 Menschen aus Ibbenbüren und Umgebung Abschied von Pfarrer Klemens Niermann genommen. Nach der rund zweistündigen Eucharistiefeier in der St.-Mauritius-Kirche begleitete die große Trauergemeinde den Sarg zum Zentralfriedhof an der Nordstraße. Dort ruht nun Klemens Niermann, ein Mann, den viele Menschen mit tiefer Dankbarkeit und größtem Respekt für sein Wirken, für sein besonderes Engagement in Erinnerung behalten werden. Während der Eucharistiefeier in der St. Mauritius Kirche blickten zahlreiche Wegbegleiter auf das Leben von Klemens Niermann zurück, der 44 seiner 50 Priesterjahre in Ibbenbüren verbracht hat. Sie erinnerten sich an einen außergewöhnlichen Pfarrer, nimmermüde, im Einsatz in der Krankenhausseelsorge, für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens standen und für den Ausgleich zwischen den Religionen. Klemens Niermann - ein Welt-Priester und Menschen-Freund. Schwester Michaela, langjährige Wegbegleiterin Niermanns in der Krankenhausseelsorge, las Eintragungen aus dem Kondolenzbuch vor. "Es war ein Kommen und Gehen, als Klemens in der Krankenhauskapelle offen aufgebahrt war. Es wurde viel erzählt, manche haben gelacht, manche geweint. Und viele haben sich in dieses wertvolle Buch eingetragen." Viele bedankten sich für den Lebensmut, den Pastor Niermann ihnen gegeben hatte, für den Trost, für die Lebenshilfe.
Und manche bedankten sich bei Gott, dass er so einen Menschen auf die Erde geschickt habe. Pastor Jürgen Nass, evangelischer Krankenhausseelsorger, schaute auf seine Zusammen-arbeit mit Niermann zurück, der zwölf Jahre lang immer wieder versucht habe, die Gottesdienste der Protestanten und Katholiken so zu legen, dass sie beide im Krankenhausfernsehen übertragen werden konnten. Und er berichtete davon, dass Niermann als katholischer Pastor auch schon mal "unkompliziert" Aufgaben eines evangelischen Pastors übernommen habe. Er erinnerte sich an Klemens Niermann als einen Mann mit einem sehr ausgeprägten eigenen Willen. Alfons Niemöller, ein ehemaliger Kurskollege und guter Freund des nach schwerer Krankheit verstorbenen Pastors, dankte Klemens Niermann für seine Freundschaft und Menschlichkeit. Niermann habe ihn nicht fallen lassen, obwohl er 1970 das Priesteramt aufgegeben habe und Laie wurde. Pastor Martin Weber fand auch das Band zur Familie von Klemens Niermann: "Vieles von dem, was er ist, hat er nicht nur erarbeitet, sondern von seiner Familie mitgegeben bekommen. Die Familie darf stolz sein." Weber fragte sich, wie es jetzt weitergeht, ohne Klemens" und "dass vielleicht alle ein wenig mehr Klemens" sein sollen, denn übersetzt bedeute der Name "gütig sein". "Bis Ibbenbüren mal wieder so einen Mann hat, der querbeet zwischen allen Religionen und Klassen integriert, das dauert." Eine Kranken-schwester bedankte sich sichtlich gerührt für die Unterstützung im Krankenhaus. "Pastor Niermann war immer für uns da, Tag und Nacht." Dies sei besonders in den so schweren Momenten mit den Sterbenden so ungemein wichtig gewesen. "Ich bin traurig, Klemens, Du fehlst mir", sprach Dr. Fritz Scholmeyer schließlich den Menschen in der St.-Mauritius-Kirche aus der Seele. In einem großen Trauermarsch wurde der Sarg zum Zentralfriedhof an der Nordstraße gebracht. Dort sprach Dr. Alan Süssholz am Grab das Kaddisch, das jüdische "Totengebet". Der türkische Imam Basaran sang eine Sure, einen Abschnitt des Korans, der heiligen Schrift des Islams. Den Gesangszettel, der auch in tausendfacher Ausführung nicht reichte, zierte übrigens ein Bild, das Pastor Klemens Niermann selbst gemalt hatte. Es zeigt die Symbole der Juden, Christen und Muslime.

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Zur Einweihung des Klemens-Niermann-Platzes
Von Karl-Heinz Mönninghoff

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Ich möchte einmal vortragen, wie Klemens Niermann mich durch eine Predigt in St. Michael beeindruckte. Er berichtete über die Wahl eines Abtes in einem süddeutschen Kloster. In den süddeutschen Zeitungen stand, der habe in jungen Jahren ein Verhältnis zu einer Frau gehabt. Klemens sprach über Bekennen, Buße und Vergebung. Plötzlich fragte er: " Mal ehrlich, würden wir uns heute mit der Hochachtung begegnen, wenn wir alles voneinander wüssten?" Ich war sehr beeindruckt und habe diese Predigt bis heute nicht vergessen. Ich möchte nicht nur darüber sprechen, dass Klemens mich beeindruckt hat, sondern auch wie schwierig die Zusammenarbeit war. Das Besondere war seine Originalität. Er war ein Einzeltäter. Er war ein Überzeugungstäter. Eine Einbindung in Organisationen und Strukturen ist ihm schwer gefallen. Das Zusammenbringen mit der organisierten Form der Weißrusslandhilfe als Institution mit über 100 Helfern war nicht leicht. Zwei Beispiele, die zeigen, wie wir durch besseres Kennenlernen in der Zusammenarbeit eine Parallelität entwickelt haben. In Krupitza bat uns der orthodoxe Priester Konstantin um Unterstützung bei der Einrichtung seiner Gemeinde. Ich habe Klemens und Konstantin zusammengeführt. Klemens hat ihn persönlich kennengelernt und wusste privat über ihn mehr als ich. Die Weiß-russlandhilfe hat mit Schulmöbeln aus Ibbenbüren die Sonntagsschule ausgestattet, also institutionell unterstützt. Klemens gab mir Geld und beauftragte mich, ihm zu sagen, er solle einen Teil des Geldes auch privat verwenden. Er sagte: "Er braucht das, er hat Frau und Kinder zu versorgen." Dieses Beispiel zeigt den Unterschied unserer Arbeitsweise. Für einen Transport mit Hilfsgütern hatte ich einen LKW bestellt. Klemens bat mich um den Transport von Kirchenbänken, einem Beichtstuhl und weiterer Geräte aus einem geschlossenen Kloster in Münster. Es waren 29 Kirchenbänke, ich hatte ausgerechnet, dass Platz für 12 zur Verfügung stand. Auf Bitten von Klemens habe ich einen zweiten LKW bestellt. Er wollte ihn bezahlen. Während des Ladevorgangs brachte er zusätzliche Hilfsgüter z.B. Reifen und Felgen etc. Das Problem war, dass meine Ladelisten nicht stimmten. Klemens hat geliefert, das Problem mit dem Zoll war meins. Vorschriften waren für ihn lästig. Als der LKW abgefahren war, fragte er, ob ich in Vorleistung treten könne. Bezahlt hat er mit seinem Weihnachtsgeld. So habe ich ihn erlebt.
Karl-Heinz Mönninghoff

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Kondolenzbuch zum Tode von Pfarrer Klemens Niermann
* 30. März 1928 + 6. Februar 2007

Pfarrer Klemens Niermann war ein ungewöhnlicher Mensch. Sein stilles und aufopferndes Wirken als Priester und Seelsorger und Helfer in der Not für die Ärmsten, Behinderten (z. B. "Die Arche") und Obdachlosen war besonders wert und beispielhaft. Er war ein Vorbild im Glauben und in der Überzeugung. Seine Spontanität, Hilfsbereitschaft und Bescheidenheit in seiner schlichten Art war ansteckend. In einer bedrängten Lage hat er "uns vieren" unaufgefordert und vermittelnd "den Rücken gestärkt." Ihm gebührt Dank und Annerkennung. Jetzt ist uns seine Hilfe vom Himmel aus sicher.

Gedicht
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und neu beginnen, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andere, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollten heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen. Er will uns Stuf `um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise mag lähmender Gewöhnung sich entraffen. Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden, des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ….

des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …. Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde (Hermann Hesse) In memoriam
Für uns und viele Andere war Pfarrer Klemens Niermann Heimat, man fühlte sich in seiner Nähe geborgen und aufgehoben.
Er war ein ganz besonderer Mensch!
Durch sein Wort und sein Leben hat Klemens Niermann uns den liebenden Gott erfahrbar gemacht. Dafür gilt ihm unser ganz besonderer Dank
Dank Dir, Klemens, du Licht unserer Familie
Liebevoller Mensch bis von uns weggegangen. Deine Seele soll in Frieden sehen.
Danke, lieber Klemens für alle Deine Liebe, meiner Familie. Danke Klemens! Du warst ein Freund der Familie und bleibst es für immer! Wir sind dankbar Dich gekannt zu haben.

Danke Klemens, für unser Vorbild auf den Weg zu Jesus Christus

Danke Klemens für alles!
Danke Klemens für alles

Der Herr schenke dir ewigen Frieden!

Danke für alles

Danke für Alles Wenn wir in höchsten Nöten sein und wissen nicht, wo aus noch ein, so ist dies unser Trost allein, dass wir Dich anrufen, Du höchster Gott, aus Rettung in der Angst und Not.

Ein Priester wie es sie nicht mehr viele gibt ist von uns gegangen Vielen Dank für die liebe Betreuung und für die Liebe die sie weiter gegeben haben.

Danke, danke und alles Gute + Liebe im Reich Gottes!

Danke für die aufmunternden Worte Tag und Nacht …?
In Gedanken bleibt er bei uns

Danke!
Danke für Dein Vertrauen

Danke für Ihr Mitarbeiten zur Lösung der vielen sozialen und mitmenschlichen Probleme

Dem lieben Pastor Danke!

Herzlichen Dank für alles Gute. Ruhe im Reich des Vaters
.

Ein wunderbarer Mensch ist nicht mehr bei uns, er ist ein Teil des Weges mit uns gegangen…. wir sagen Danke

Wir werden oft und gerne an dich denken.

In stillem Gedenken
Vitam aeternum appeteht: gratias ugit

Danke für deine Freundschaft!

Ein schwerer Abschied, herzlichen
Dank für Alles;
Auf Wiedersehen + danke

Du wirst uns fehlen
! In herzlicher Verbundenheit

Wir werden immer an dich denken
Wir werden Dich nie vergessen
Ich habe zu danken.

Du warst uns immer sehr hilfreich

Danke!

Herzlichen Dank für alles.
Danke Vielen herzlichen Dank Pastor Niermann ….?
Danke ……

Danke
Möge Dir der liebe Gott lohnen, das, was Du für seine Menschen getan hast.

Danke für alles! ….

Hab `Dank für alles! Ruhe i. Frieden in Gottes Nähe! …
Ein Heiliger hat diese Erde verlassen.
Jetzt betet Klemens am Throne Gottes

Danke für alles Lieber Klemens,
Danke für alles! v
ielen Dank!

Danke für alles!

Danke für alles

Danke
Danke.
Danke Klemens für alles

Danke für den 25. 9. 06
Sie haben mir so viel Kraft gegeben.
Danke für alle Hilfe u. Hoffnung

Danke, dass es einen Menschen wie
Dich gegeben hat.
Du warst ein ganz besonders lieber Mensch!
Danke!

Ganz herzlichen Dank für alles!

Am Ende aller Wege ist Frieden

Du bist so
Wie kein Anderer
Ein Mensch, der nach der Bergpredigt gelebt hat, ist von uns gegangen

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Weitere Einträge in das Kondolenzbuch zum Tode von Pfarrer Klemens Niermann
Kondolenzbuch: > > > > >

 
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Wie kein anderer
Von André Hagel
Er war ein stiller Aufrührer, ein radikaler Menschenfreund, ein jederzeit beim Wort zu nehmender Christ:
Ein Nachruf auf den Ibbenbürener Pfarrer Klemens Niermann

Wir alle fallen. Diese Hand da fiillt. Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Hiinden halt. Rainer Maria Rilke, "Herbst"

Es wird kühl, wenn einer seinen Hut nimmt und den Raum verlässt, weil ihm ein anderer Weg nicht bleibt als der hinaus. Die Tür, die Klemens Niermann hinter sich zugezogen hat, ist ganz leise, kaum hörbar ins Schloss gefallen. Umso lauter füllt die Kühle jene Leerstelle, welche mit dem Einrasten der Tür entstanden ist, die für den Ibbenbürener Pfarrer ein Ausgang aus dem irdischen Leben gewesen ist.

Klemens Niermann war, obwohl an sich ein eher kleiner Mann, dennoch immer unübersehbar, unübergehbar. Was zum einen daran lag, dass er sich den Menschen, die ihm begegneten, die ihm gegenübertraten, die auf ihn trafen, immer vollkommen zuwandte, selbst dann, wenn die Begegnungen nur auf einen Moment beschränkt blieben, auf ein Hallo, einen kurzen Gruß, ein schnelles Händedrücken und Schulterklopfen. Diese freundliche Zugewandtheit bewirkte eine Präsenz, die nicht vielen Menschen eigen ist und die selbst dann noch nachwirkt, wenn ihr Träger schon wieder aus dem Blickfeld verschwunden ist. Zum anderen verstand Klemens Niermann die Kunst des Polarisierens. Nicht in dem Sinne, dass er spaltete. Sondern in jenem Sinne, dass durch das, was er sagte, was er tat, wofür er stand und was er verfocht, die Standpunkte klarer wurden.
Niermanns eigener Standpunkt war hierbei immer der eines durch die Menschenliebe Jesu Christi Inspirierten, Angetriebenen. Der Standpunkt eines radikalen Menschenfreundes, dessen Handeln von außen oftmals intuitiv wirkte, bei aller Spontaneität aber immer doch fest in seinem Glauben begründet l

Nicht alle konnten was er tat nachvollziehen. Manchen war er unbequem. Manchen auch lästig. Sein Engagement für Muslime in der Bergmannstadt, in der Niermann 44 seiner 50 Priesterjahre verbrachte, brachte ihm zuweilen Beschimpfungen ein. Meist anonymn. Weil die Niedertracht die Maske dem offenen Visier vorzieht. Als Klemens Niermann in seiner Eigenschaft als Religionslehrer und Berufsschulpfarrer Jugendlichen eindringlich vor Augen führte, was eine Abtreibung für das betroffene ungeborene Kind
bedeuttet,
war die Folge seines Tuns Entrüstung. Eine Entrüstung, die nicht dem Skandal galt, sondern demjenigen, der den Skandal benannte. Und als er der Familie eines Beamten, der seine Angehörigen durch kriminelles Agieren ins Bodenlose gestürzt hatte, unter die Arme griff, wurde er für dieses in seinen Augen Selbstverständliche in einer Ibbenbürener Tageszeitung öffentlich angegriffen. Niermanns Reaktion in letzterem Fall war typisch für ihn: Er nahm eine Flasche Wein unter den Arm und stattete dem zuständigen Redakteur einen klärenden BeSllch ab. Das Gespräch war seine Waffe. Nicht nur diese Partie entschied der stille Aufrührer Niermann für sich. Klemens Niermann hinterlässt denen, die ihn kannten, die ihm begegneten, die mit ihm gingen oder immer wieder seinen Weg kreuzten, eine Unzahl Erinnerungen. Erinnerungen gegen die Kühle, die sein Tod bewirkt hat. In Menschenrcchtsgottesdiensten, die er mit Schülern in der Kapelle des damaligen Ibbenbürener St.-Elisabeth- Hospitals veranstaltete, brach er das Brot für alle und ermunterte nachdrücklich zum gemeinsamen Verzehr: "Es dürfen nicht nur Katholiken mitmachen!" Für jene jungen Männer, die den Zivildienst der Bundeswehr vorzogen, prüfte er deren schriftliche Gewissensbegründungen und nutzte die Gelegenheit, wertvolle Hinweise zum Gelingen des Verweigerungsunterfangens zu geben. An Weiberfastnacht konnte man ihn regelmäßig mit einem CDU-Schal um den Hals erleben - Niermanns plakativ-hintersinnige Art, den Karneval namens Politik zu demaskieren. Auch in seinem fein sprühenden Humor war er wie kein anderer. "Ich fühle mich in diesem neuen Jahrhundert auch nicht heimisch", stellte Klemens Niermann vor knapp eineinhalb Jahren dem Verfasser dieser Zeilen gegenüber fest, in einem Gespräch, das sich an einem Kolumnentext in mittendrin entzündet hatte. Niermann sagte dies lachend, wie er vieles lachend oder doch zumindest mit einem leisen Lächeln zu äußern pflegte.

Am 6. Februar ist Klemens Niermann, Berufsschulpfarrer, Krankenhausseelsorger, jederzeit beim Wort zu nehmender Christ, mit 78 Jahren einem heimtückischen Tumor erlegen. Die Krankheit zwang ihn am Ende, die Tür hinter sich zuzuziehen. Gewonnen hat sie trotzdem nicht. • hag

Quelle; Mittendrin 34. März 2002 - André Hagel

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Klemens Niermann in Memoriam - Von Jürgen Himstedt in g-bunt.de

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Viele Ibbenbürener erinnern sich an Pfarrer Niermann. Sie sind ihm in der Berufsschule als Religionslehrer begegnet oder im Krankenhaus als Krankenhauspfarrer. Vor nunmehr sieben Jahren ist dieser beliebte Pfarrer gestorben. Papst Franziskus hätte seine Freude an diesem Mann und seinem Glaubensleben gehabt. Er war ein authentischer Priester. Im Januar 1963 kam er nach Ibbenbüren und wurde unter dem damaligen Dechant Bernhard Heufers (1893-1983) Kreisvikar (Kaplan) in Ibbenbüren St. Mauritius.. Auf Bitten des Bischofs übernahm er die Stelle des Berufsschulpfarrers. Klassengottesdienste und Meditationen neben seinem Unterricht bereicherten das Leben der Schule. Vielen Jugendlichen war er ein Helfer in schwierigen Situationen. "Man konnte ihn immer ansprechen", sagten viele. Besonderen Wert legte Klemens Niermann auf die Kontakte zu den Menschen islamischen Glaubens in der Moschee in Ibbenbüren. Hier suchte er mit den Verantwortlichen Räumlichkeiten und bot seine Hilfe an. Er kannte keine Berührungsängste und später kamen Abgesandte der Moschee zu Weihnachten in die Krankenhauskapelle, um den Christen zur Geburt Jesu zu gratulieren. Im Ramadan war er immer ein gern gesehener Gast beim Fastenbrechen. Zu DDR - Zeiten unterstütze er heimlich Gemeinden und Priester in ihrer Arbeit, indem er ihnen Autos und Material besorgte und zum Teil auf kuriose Weise in die DDR einschmuggelte. Solche Geschichten können Bände füllen. Nachdem er 1977 dem Schriftsteller und Regisseur Einar Schleef die Mittel zur Ausreise aus der DDR über die Tschechei ermöglicht hatte , wurde Klemens Niermann im März 1977 an der Grenze gefasst , als er die Verlobte von Schleef mit dem Wagen aus der DDR schmuggeln wollte. Nach einer langen Untersuchungshaft wurde er zu drei einhalb Jahren Haft verurteilt. Nach 3 Monaten kaufte ihn das Bistum Münster frei. Nach einer Herz-OP gab er den Schuldienst auf und wurde ab 1983 Krankenhausseelsorger im Ibbenbürener Klinikum. Er ermunterte die Kranken und begleitete Sterbende auf ihrem letzten Lebensabschnitt. Kraft und Hilfe gab er den Angehörigen in Gesprächen. Bis zu dreimal in der Nacht wurde er aus dem Schlaf geholt, um Sterbenden beizustehen. Sein Augenmerk galt der Ökumene. Mit den evangelischen Pfarrern arbeitete er eng zusammen, feierte gemeinsame Gottesdienste an den Festtagen. Bekenntnis-verbundenen Ehen gab er Kraft und Halt. Und immer wieder stellte er sich die Frage:

WAS WÜRDE JESUS IN DIESER SITUATION TUN?

Und diese Frage und die Antworten aus der Schrift bestimmten sein Leben. Asylbewerbern bot er mehr als einmal sein Bett an und schlief wochenlang auf der Couch. Kein Obdachloser wurde von seiner Tür verwiesen, alle fanden Hilfe und ein Dach über dem Kopf, ob im Keller des Krankenhauses, wo er eine kleine Wohnung eingerichtet hatte oder auch mal im Winter in der Kapelle. Für sich selbst brauchte er nichts, er hatte keine Spareinlagen und Konten. Geschenke wurden weitergegeben an die Bedürftigen. So fehlte seinen Freunden beim Besuch in seiner Wohnung einmal ein Besteck, dass sie ihm geschenkt hatten. Niermann quittierte die Frage nach dem Verbleib: "Jesus war da und der brauchte es nötiger". Das Geschenk war in einer Asylbewerberfamilie gelandet. Zur Kirche in Weißrussland unterhielt er viele Jahre kontakte: eine Suppenküche in Minsk wurde von ihm eingerichtet und gefördert. Hier in Deutschland besorgte er viele alte Kircheneinrichtungen und brachte sie mit Transporten nach Minsk. Die Suppenküche in Ibbenbüren und die Arbeit des Sozialdienstes katholischer Frauen) unterstütze er tatkräftig. Sein Tod nach schwerer Krankheit stimmte viele sehr traurig und sie fragten sich: "Wie wird das weitergehen mit seiner Arbeit und seinem Engagement?" Pfarrer Weber sagte damals:"Wir müssen alle ein bisschen Klemens werden" Bei der Beerdigung nahmen Hunderte von Ibbenbürener von ihm Abschied. Bewegend in Berichte und Kondolenzschreiben der Gottesdienstbesucher. Viele hatten persönlich eine Hilfe erfahren und drückten ihren Dank auf dem letzten Weg von Klemens zu seiner Ruhestätte aus.. Ein schlichter Stein kennzeichnet sein Grab auf dem Friedhof, auf dem immer und immer wieder Kerzen angezündet werden. Was ist geblieben von diesen Mann:
Die Schreibgruppe G-bunt fragte bei Freunden und Zeitgenossen an: "Was ist von Klemens Niermann geblieben?" Martin Weber (Pfarrer Hl. Kreuz) meint: " Eine Lücke und Sehnsucht ist geblieben. Klemens war ein handfestes und Grenzen sprengendes Symbol für Mitmenschlichkeit und Christlichkeit. Wir brauchen in Ibbenbüren wieder mehr Menschen, die zusammen führen und zu Solidarität anstiften. Andreas Finke ( Matthäusgemeinde) erinnert sich an seine Einstellung zu evangelischen Christen:"Ich war ganz neu als Pfarrer in Ibbenbüren. Mein erster Ökumenischer Gottesdienst führte mich in die Michaelkirche. Dort zelebrierte Leonhard Rüster die Eucharistiefeier. Die Messdienerinnen und alle weiteren Mitwirkenden ging standen im Halbkreis hinter dem Altar. Unter ihnen standen auch Klemens und ich als evangelischer Nachbarpfarrer. Je näher die Austeilung kam, desto unruhiger wurde Klemens. Als Leonhard dann mit den Hostien auf uns zu kam, fing Klemens förmlich an zu zappeln und wies den Zelebranten mit Kopf- und Handzeichen auf mich hin. So bekam ich als Erster eine Hostie in der Kommunion. Erst nachdem ich auch den Kelch nehmen durfte, war Klemens wieder ruhig und sehr zufrieden". Schwester Michaela von der Krankenhausseelsorge antwortet auf diese Frage: "Ganz spontan fallen mir die vielen ehrenamtlich Engagierten ein. "Pfarrer Klemens", so wurde er von vielen genannt, hatte die Gabe, Menschen einzuladen, zu ermutigen mitzumachen, zu begeistern. Aus fast allen Gemeinden engagierten sich Kommunionhelfer, um den Kranken am Sonntag die Kommunion zu ermöglichen. Einige sind aus Altersgründen ausgestiegen, aber es kamen auch wieder neue hinzu. Das ist von Klemens Niermann geblieben. Die Sonntagsgottesdienste liefen weiter in Form von Wort-Gottes-Feiern. Männer und Frauen, die ihn im Predigtdienst schon unterstützten, waren sofort bereit, die Leitung einer Wort-Gottes-Feier zu übernehmen. Auch da sind der ein oder andere hinzugekommen. Das ist von Klemens Niermann geblieben. Pfarrer Klemens war für Hilfesuchende eine Adresse, das war bekannt und wurde auch weitergegeben. Die Adresse von Klemens Niermann ist geblieben, der Umfang hat sich etwas verkleinert, aber für "Jan und Hein und Klaas und Pit" ist die Adresse ein Stück Heimat geblieben. In unserem Fürbitten-Buch fand ich im Dezember folgenden Eintrag:" Klemens, ich wünsche dir oben eine schöne Weihnacht, leider bist du zu früh gegangen, die Kerze brennt schon" "Auch das ist von Klemens Niermann geblieben. All das fällt mir spontan ein. In der Begegnung mit Menschen treffe ich immer wieder auf Klemens Niermann, weil sie von ihm in Wort oder Tat Hilfe erfahren haben und davon berichten. Auch das ist von Klemens Niermann geblieben."
An seinem Grab auf dem Nordfriedhof sprechen Menschen ihre Gebete und Bitten aus und hinterlassen Kerzen als Grabschmuck Auf Ratsbeschluss wurde zur Erinnerung an den beliebten Pfarrer und als Aufforderung "Ein bisschen Klemens zu werden" der Platz zwischen Rathaus und Caritasverband in Klemens Niermann-Platz umbenannt. Michael Dudek (Religionslehrer am Kepler Gymnasium) sagt:" Klemens Niermann bleibt unter uns lebendig. Manchmal gehe ich zum Friedhof und besuche sein Grab. Da brennen immer ein paar Kerzen. Im Religionsunterricht versuche ich, seine Lebensgeschichte den jungen Leuten weiterzuerzählen. Sie erfahren von seinem Einsatz für die anderen und von seiner Vision einer neuen Welt (Interview mit Martin Weber). Dann schreiben sie einen fiktiven Brief an Klemens bzw. einen Brief an den Ibbenbürener Gemeinderat (Klemens-Niermann-Platz!), in dem sie das hervorheben, was für sie an seinem Leben wichtig ist und warum dieses Leben weiterhin für Ibbenbüren Bedeutung hat. Für Lotti Große-Burlage ist immer wieder das Gottesbild von Klemens Niermann tragend: "Das RICHTEN Gottes ist ein AUFRICHTEN:" Anne Wilksen: "Klemens, ein Mann von tiefer Frömmigkeit und mit viel Humor, er hat das Evangelium ernst genommen, das Leben geliebt und jeden Menschen, so wie er ist, akzeptiert" Ein gutes Fazit. Ein Mann der hoffentlich vielen ein Beispiel ist und wird und den man nicht vergessen sollte.
Quelle: Hans-Jürgen Himstedt - Weitere Infos: unter : https://www.hl-kreuz.de/

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Predigt zum Tode von Pfr. Klemens NIERMANN (78)
Am 08.02.2007 in der Pfarrkirche St. Mauritius zu Ibbenbüren (Cesare Marcheselli-Casale)

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Als Freund und Kollege möchte ich mit einigen Gedanken an das Leben von Klemens erinnern. Das kann nur unvollständig sein. Jeder von uns hat ihn auf seine Art erlebt und ein Stück begleitet, aber je näher man Klemens kam, um so bewusster wurde einem, dass man ihn nie ganz kennen würde. Um es mit den Worten von seinem schon lange verstorbenen Freund Siegfried (der mit dem ganz langen Bart!) zu sagen: "Man weiss, dass man nichts über ihn weiss
1.
Während seiner Zeit, als er noch in der Oststraße wohnte, und ich ihn kennenlernte, hatte sicher jeder der anderen Mitbewohner ein eigenes Bild von Klemens, aber wenn er unten im Haus in das berühmt berüchtigte Forum kam und ein paar kräftige Jungs zum Möbeltransport brauchten, um einer bedürftigen Familie zu helfen, stellten die ihr Bier weg und halfen ihm. (Das Forum war eine ganz normale Eisdiele, sie war nicht berüchtigt, es ist wohl die Gaststätte Elch gemeint, die nach dem Forum hier war). Die Polizei kannte ihn und schaute weg. Sogar brauchte sie ihn manchmal: kommen Sie bitte, hier ist ein Fall für sie! Die Besucher, die bei ihm ein und aus gingen, verärgerten auch sicher oftmals seine Nachbarschaft: ein paar Obdachlose die im Flur auf ihren Klemens warteten, eine ganze Schulklasse die mal eben Unterricht in seiner Wohnung machte. Man wusste nie wer bei ihm oben die Tür aufmacht, oft Menschen die mal gerade keine Bleibe hatten, sich ein paar Tage bei ihm ausruhten, oder denen er gerade Job und Wohnung besorgte. Selbst sein Auto war nie abgeschlossen, das wusste man, auch darin konnte man mal nachts schlafen. Wie viel Nächte hat er auf dem Fußboden oder Sofa geschlafen. Sein Bett bekamen immer die anderen. Oft schob er den Römertopf mit dem Essen vor der Schule noch in den Backofen und versorgte so auch seine alte Nachbarin (die alte evangelische Frau Gulbe,).
2.
Klemens konnte Netzwerke spinnen. Wir Freunde haben ihm mal als Symbol ein riesiges Fischernetz geschenkt. Jeder Knoten hatte eine Bedeutung. Nie habe ich so viel für das Leben gelernt wie bei unserer gemeinsamen Reise hinter den eisernen Vorhang, in die ehemaligen Tschechoslowakei (Jesus kennt keine Grenzen. Aber es könnte riskant sein. Das ganze Leben Jesu ist ein Risiko gewesen!). Und auch dabei gab es das Netzwerk hinter Klemens, Menschen, die die ganze Reise ermöglichten, das Auto umbauten, für die Einreisepapiere sorgten, das nötige Geld gaben, das konnte er ja auch nicht nur alleine aufbringen. Seine christliche Mitmenschlichkeit war in vielen Fällen ansteckend. Ganze Freundeskreise motivierte er, so dass diese ihn mit Freude unterstützten.

3. Glück und Trauer fand Klemens in seinem Alleinsein. Mit seinem Rucksack fastend 10 Tage eine Wanderung machen, draußen schlafen, den Jakobsweg gehen, einige Tage auf dem Berg Atos bei einem Einsiedler leben, den Berg Sinai in der Nacht besteigen, beim Morgenrot ein halbstündiges Gebet gestalten, über so ein Wunder der Natur erstaunen, beim Sonnenschein runterlaufen, mit einem Stein in seinem Rucksack: zur Erinnerung an einen stürmischen Angriff Gottes in mein Leben, eine Erneuerung, ein neuer Anfang. Oft zog er sich so von uns allen zurück. Wie sagte er: "Meine Wanderungen waren Exercitien". Ein Wunsch für ihn kam in diesen Tagen vom Berg Athos: mögen deine Wanderungen dorthin führen, wo die himmlische Wallfahrt endet: nämlich dort wo Er, der Jesus deiner Träume, deiner Hoffnung, deines Gebetes, deiner Sehensüchte auf dich wartet.

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Klemens liebte das Leben und er konnte es bei einem schönen Abend mit Freunden bei einem guten Essen auch genießen. "Kann das Leben schön sein", sagte er, und fügte hinzu: "manchmal". In den letzten Jahren, sicher auch geprägt mit dem intensiven Umgang mit dem Sterben und dem Tod, kam oft seine Antwort über die alltäglichen menschlichen Probleme: "Ja ist schon gut, das kriegen wir schon wieder hin".
5.
Klemens war das Geschichtslexikon für uns alle. Und doch mußte er sagen: "Ich weiss, dass ich nichts weiss". Unter dem Motto: ich muß auf dem Kurs bleiben, auf dem Laufendem, Jesus gegenüber und den Menschen. Jesus und die Menschen, ineinander geschmolzen, sind die alltägliche Schule für Klemens gewesen. Man stieß mit keinem menschlichen Problem an eine Grenze bei ihm. Ein kleines persönliches Beispiel: 1972 bekam ich ein holländisches Fahrrad, einmalig für mich alleine die Rücktrittsbrems. 2 Wochen später fand ich es nicht mehr wieder. Klemens Antwort war einfach: Der, der es geklaut hat, brauchte es dringender als du. Ein Fahrrad musste ich abgeben, seine Netzwerk- Freunde kennen das. Du hast doch, du kannst doch, ich brauche für den Jungen ein Fahrrad, der muss doch zur Schule fahren können. Mit Freude gab man es Klemens. Doch gestern
nach dem Gottesdienst in der Krankenhauskapelle, mit dem Klemens aufgebahrt dabei, wurde wieder mein Fahrrad geklaut, aber nun, kannst Du lieber Klemens nicht mehr sagen ist schon gut der andere brauchte es mehr als du.
Gute Menschen an seiner Seite haben es Klemens ermöglicht, in seiner Wohnung in seinem Bett sterben zu dürfen. Im Sterben hat Klemens Dankbarkeit erfahren dürfen von Menschen die ihn begleitet haben, die ihn dort betreut und gepflegt haben, mit und für ihn gebetet haben, und sich von ihm persönlich verabschieden durften. Etwas ist zurück gekommen von der Liebe und Hilfe, die Klemens anderen Menschen hat zukommen lassen.

7 Lieber Klemens, es ist nicht gut zu sagen, wir nehmen Abschied von Dir; Christen nehmen nie Abschied; Christen leben in der Gemeinschaft der Heiligen in einer unerschütterlichen Verbundenheit: "Wer stirbt, der erwacht zum Leben", der wohnt in dem atemberaubenden Licht des Auferstandenen. Ein Thema das uns beide schon manchmal zusammen beschäftigt hat.
8.
Klemens, ein kostbarer Einzelgänger, der mit uns immer noch im Dialog sein kann. Er bleibt ein Gesprächspartner, nicht durch die Sprache der vielen Worten, sondern des aktiven Handelns. Du, Einzelgänger Gottes, freue Dich des neuen Lebens in der Fülle des Lichtes Gottes des Ewigen, des Barmherzigen, des Gottes der Lebenden und nicht der Toten. Lebe wohl. Amen
Cesare Marcheselli-Casale

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Pfr. Klemens NIERMANN - Abschied

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Abschied - Am Mittwoch und Donnerstag nach seinem Tod (7./8. Februar 2007) war Klemens Niermann in seinem Sarg in der Kapelle des St.-Elisabeth-Krankenhauses aufgebahrt. Zahlreiche Ibbenbürener und Freunde nahmen Abschied und schrieben etwas in das ausgelegte Kondolenzbuch. Die Verabschiedung von Pfarrer Klemens Niermann begann am Montag, dem 12. Februar 2007 um 12.30 Uhr in der St.-Mauritius-Kirche. Mehr als 1000 Menschen waren zu dieser beeindruckenden Feier zusammen gekommen. Die Messe dauerte etwa zwei Stunden, die Beerdigung anschließend noch einmal 45 Minuten. Zu den Fürbitten konnten alle, die mochten, das Wort ergreifen. Im Chorraum waren die Seelsorgerinnen und Seelsorger der Stadt (auch zahlreiche evangelische) und der Umgebung versammelt sowie viele weitere Freunde und Mitbrüder. Von der Bistumsleitung war Domkapitular Walter Böcker gekommen; er hatte noch vor einiger Zeit den Krankenhausseelsorger als Patient erlebt. Auch Bürgermeister Heinz Steingröver, der am Schluss der Feier das Wort ergriff, saß hinter dem Altar. An Stelle einer Predigt ergänzten sich Weggefährten von Klemens Niermann: Hinter dem Altar saß Kurskollege Johannes Lammers, am Ambo las Schwester Michaela aus dem Kondolenzbuch. An dieser Stelle sprachen auch die evangelischen Pfarrer Reinhard Paul und Jürgen Nass, sowie Dechant Martin Weber. Nach der Messe wurde der Sarg in Fußprozession zum Zentralfriedhof geleitet. Während es zu Beginn der Messe noch geregnet hatte, war es auf dem Weg zum Friedhof trocken, auf dem Friedhof selbst schien sogar die Sonne.

Die Polizei hatte den Autoverkehr angehalten, so dass die sehr lange Prozession zügig die etwa 500 Meter bis zu den Gräbern gehen konnte. Auf dem Friedhof begrüßte ein Trompetenspieler die Trauergäste. Klemens Niermann hatte seinen ungewöhnlichen und einfachen Sarg schon seit vielen Jahren in seinem Schlafzimmer stehen. Das Kreuz hatte er selbst gezimmert und angebracht. Im Sarg lag das einfache weiße Gewand, in dem er beerdigt werden wollte. Pastor Niermann wurde neben dem evangelischen Pfarrerehepaar Knebel und Pater Paul Knespl beerdigt auf Grabstelle 683. Dr. Alon Süssholz sprach das Kaddisch, das jüdische "Totengebet". Der türkische Imam Basaran sang am Grab eine Sure; die türkisch-muslimische Gemeinde war mit einer großen Abordnung zur Beerdigung gekommen. Auch in Meerane/Sachsen wurde am Montag ein Requiem gefeiert. Dort begannen vor über 50 Jahren die ersten "Ostkontakte" von Klemens Niermann

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Pfr. Klemens NIERMANN - Ansprache von Josef Bendfeld

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Ein schönes altes Bauernbett hat er von zu Hause geerbt. In diesem, seinem heißgeliebten Bett ist Pastor Niermann am Dienstag gestorben. Dieses Bett ist für mich ein Symbol für sein Leben und zugleich ein Schlüssel für das Verständnis der heutigen Schrifttexte. "Wohl euch ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. Wohl euch, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden." "Aber wehe euch, die ihr jetzt reich seid, denn ihr seid bereits getröstet"

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Für Klemens Niermann war dieses schöne alte Bett ein Reichtum, den er nicht selbst erarbeitet hatte, der ihm geschenkt wurde. So war es für ihn selbstverständlich, diesen Reichtum nicht für sich allein zu behalten, sondern zu teilen. Über viele Jahre hin haben immer wieder mal Gäste und vor allem auch Obdachlose in diesem Bett übernachtet und Klemens selber schlief auf einer Luftmatratze unterm Küchentisch. "Wohl euch ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. Wohl euch, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden." Dass dies Frohe Botschaft ist und nicht billige Vertröstung, konnten viele Menschen in Ibbenbüren und darüber hinaus bei Klemens Niermann ganz praktisch, ganz real erfahren. Für den Evangelisten Lukas ist dieses Schriftwort ein zentraler Aspekt der Botschaft. Deutlich wird dies durch den Abschnitt der vor dem heutigen Evangelientest steht: Er beschreibt, dass Jesus auf einen Berg geht, um zu beten: Gott ist die Orientierung, der Halt, die Kraft, von der alles ausgeht, von ihm fühlt er sich gesandt. Und auf diesem Berg - ein Symbol für die Nähe Gottes - wählt Jesus die Apostel aus, die mit ihm die frohe Botschaft weitergeben sollen. Und dann heißt es: "Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab". Es erinnert an Moses, der auf dem Berg die Gesetzestafeln der Zehn Gebote empfangen hat und den Berg hinabsteigt, um seinem Volk die Gebote zu verkünden. Unten am See, das heißt auf gleicher Ebene mit allen Menschen, verkündet jetzt Jesus in der sogenannten Feldrede, wozu er gesandt ist: die Frohe Botschaft vom Reich Gottes: "Wohl euch ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. Wohl euch, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden." "Aber wehe euch, die ihr jetzt reich seid, denn ihr seid bereits getröstet" Ich selbst und viele von uns - wir gehören zu den Reichen! Aber kann man mir, kann man uns einen Strick daraus drehen, dass wir zufällig auf der günstigeren Halbkugel der Erde wohnen in einem reichen Land, dass ich Arbeit habe, dass ich gesund bin? Es wird immer zwei Gruppen geben, Reiche und Arme, Lachende und Weinende. Entscheidend ist, wie ich damit umgehe, wenn ich zufällig zu den Reichen gehöre. Wie das geht - dafür hat uns Pastor Niermann in seinem Leben viele Beispiele gegeben. Wie sein Bett hat er alles, was er besaß, was ihm geschenkt wurde, nicht als seinen alleinigen Besitz betrachtet, sondern war bereit zu teilen.

So wurde seine Garage zum Möbellager für bedürftige Familien und sein Auto wanderte hinter den eisernen Vorhang. Eine große innere Freiheit ermöglichte Klemens loszulassen, sich nicht abhängig zu machen von Besitz und Reichtum. So hatte er ein offenes Haus. Er hatte offene Augen und Ohren und ein feines Gespür für Menschen, die Hilfe brauchten. Dabei ging es nicht nur um materielle Hilfe, sondern er war für die Schüler da, für die Behinderten in der "Arche" von Tecklenburg. Klemens kümmerte sich Strafgefangene, um Drogensüchtige. Er sorgte sich um Menschen ohne Orientierung und Obdach, um Aidskranke in Ibbenbüren. Das Wort Jesu " Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken" hat er sich in den letzten Jahren als Krankenhausseelsorger zu eigen gemacht. Seine große innere Freiheit nahm Klemens Niermann viel Angst und ermöglichte ihm den Mut, weltlichen und auch kirchlichen Autoritäten entgegen zu treten, wenn es um das Wohl der Menschen ging. "Was würde Jesus jetzt an meiner Stelle tun?" Das war Maßstab und Orientierung für sein Handeln. Dazu passt ein Lied, dass wir gleich singen und Klemens Niermann hilft mir, das Lied mit zu singen: " Wir lassen uns auf Jesus ein, verlieren uns an ihn. Aus seinem Geiste werden wir neu, der Welt und den Menschen geboren. Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen." Seine große innere Freiheit, die ihm manchmal erlaubte, auch verrückte Dinge zu tun, ist nur verständlich, weil er - wie es in der heutigen Lesung heißt - nicht auf eigenes Können und auf Menschen allein vertraute, sondern weil Gott für ihn Kraft und Quelle des Lebens war! So trifft für Klemens Niermann das Wort der Lesung zu: Gesegnet der Mann, der auf den Herrn sich verlässt und dessen Hoffnung der Herr ist. Er ist wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist." Dieses Vertrauen war für Pastor Niermann, der so viele Menschen beim Sterben begleitet hat, in den letzten Wochen gefragt, als er selbst von seiner tödlichen Krankheit erfuhr. Vor zwei Wochen, als er in seinem Bett lag und noch sprechen konnte, hat er mich verabschiedet mit den Worten: " Es ist alles gut, Josef!"
Josef Bendfeld

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- Interview mit Krankenhauspfarrer Klemens Niermann - Martin Weber

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Jedem, der euch bittet, dem gebt
Die Fragen stellte 1996 Pastor Martin Weber (kursiv),

Klemens Niermann (1928-2007) im Gespräch Das folgende Interview mit Klemens Niermann entstand am Mittwoch, dem 24. Januar 1996 zur Vorbereitung einen einseitigen Artikels im "St.-Ludwig-Blättchen" mit der Überschrift "Wer ist eigentlich … Klemens Niermann" (siehe Anhang).

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Die Fragen stellte Martin Weber (kursiv), damals Pfarrer in St. Ludwig (jetzt Heilig Kreuz). Das Gespräch durfte auf Tonband aufgezeichnet werden und füllt zwei Kassetten zu je 45 Minuten. Bärbel Schürkamp, Pfarrsekretärin in St. Ludwig, hat das umfangreiche Gespräch in Schrifttext umgesetzt. Michael Dudek, Religions- und Deutschlehrer am Kepler-Gymnasium, hat den Text redigiert und in eine lesbare Form gebracht. Auch die Zwischen-überschriften stammen von ihm. An einigen Stellen wurde der Text leicht gekürzt. Die Anmerkungen und Einordnungen hat Martin Weber recherchiert. Von ihm stammt auch der aus diesem Text abgeleitete und ergänzte Lebenslauf von Klemens Niermann im Anhang. Wichtige und programmatische Äußerungen sind in Fett gesetzt. Die Endredaktion fand im Februar 2007 statt. Stand dieser Fassung: 13.02.2007 14:04 (Klammervermerke sind von Werner Suer)

Interview mit Krankenhauspfarrer Klemens Niermann am 24. Januar 1996
Kindheit und Jugend

Sag mal zuerst, wann und wo du geboren bist.
Ich bin am 30. März 1928 in Schermbeck geboren. In Schermbeck (lacht)! Schermbeck ist ein Dorf im Grenzbereich zwischen Westfalen, Rheinland und Ruhrgebiet (zwischen Haltern und Wesel). Wir haben zu Hause plattdeutsch gesprochen, unser Plattdeutsch ist so eine Mischung aus westfälischem Platt, Niederrhein-Platt und Ruhrgebiet-Slang. Wir waren 14 Kinder.

Und du?
Ich bin das fünfte von 14 Kindern und, das kann man so sagen, wir waren arme Leute. Wir gehörten zu den kleinen Leuten. Als ich Primiz hatte, da sagte der Nachbar - das war ein dicker Bauer: "He is man van kleine Lüe, aber he wird doch Pastor". Verstehst du das? "Er ist nur von kleinen Leuten, aber ist trotzdem Priester".

Was hast du denn noch in Erinnerung von Schermbeck, hat dich das irgendwie geprägt?
Ich meine dieses "Kleine Leute" ist irgendwie klar, aber die Atmosphäre in Schermbeck m
uss doch eigentlich eng gewesen sein?
Schermbeck ist ein Dorf, das bis zur Gebietsreform halb Westfalen, halb Rheinland war. Die Grenze ging mitten durchs Dorf und das war auch eine Konfessionsgrenze zwischen katholisch und evangelisch. Der westfälische Teil war katholisch und der rheinische Teil war ursprünglich ganz evangelisch, ist aber inzwischen ein bisschen gemischt. Und dies Verhältnis zur evangelischen Kirche war damals eigentlich mehr Trennung als Gemeinsamkeit. Heute ist das ganz anders, heute machen die sehr viel zusammen, viel mehr noch als in Ibbenbüren.

Ist das eine katholische Ecke?
Alt-Schermbeck ist eine katholische Ecke, Schermbeck ist evangelisch, aber trotz der Trennung zwischen den beiden Konfessionen waren wir in Schermbeck, seitdem Adolf Hitler die katholischen Schulen aufgehoben hatte, eigentlich immer in einer Gemeinschaftsschule. Dadurch verbesserte sich das Verhältnis zwischen den beiden Kirchen enorm.

Hast du denn damals schon was in der Jugendarbeit gemacht?
Ja. In der katholischen Jugendarbeit waren unsere Familie, meine Geschwister und ich immer sehr aktiv - das muss ich wohl sagen. Wir haben das Vereinsleben der katholischen Jugend sehr geprägt. Mein Bruder gründete die Pfadfinder, ein anderer Bruder war einige Jahre Kolpingpräses, ein anderer wurde auch noch Kolpingpräses, später dann Senior des Kolpingvereins. Wir waren also in der Gemeinde immer aktiv; die Brüder sind im Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat gewesen; auch heute noch ist ein Bruder im Kirchenvorstand.

Hatte Familie bei euch einen sehr großen Stellenwert?
Ja, einen sehr großen. Wir waren - was soll ich sagen - (lacht) eine brutal katholische Familie! Vom Religiösen her der Prägende war unser Vater. Das Morgen- und Abendgebet geschah selbstverständlich mit der ganzen Familie, und Vater betete immer vor. Auch bei Tisch betete er, wenn er da war, immer vor und sonst Mutter. Auch als ich schon Diakon war, durfte ich noch nicht vorbeten, wenn ich da war.

Was sind deine anderen Geschwister geworden?
Der älteste Bruder ist Missionar geworden. Er war 30 Jahre als Steyler Bruder bei den Papuas in Neuguinea2. Er hat in Australien das Lehrerseminar besucht und ist so Lehrer geworden. Das war für seine große Missionsstation auch sehr wichtig. Er war dort ein sehr lebendiger Missionar und ein sehr fortschrittlicher. Der Bischof von Neuguinea, der fliegende Bischof Arkfeld3, hat uns einmal besucht. Er nannte unseren Bruder Aloys einen persönlichen Freund. Eine Schwester ist noch Nonne geworden, eine andere Schwester Pastoralreferentin4.

Also sind doch viele religiös geprägt?!
Ja, ganz sicher. Paul, der ein Jahr jünger als ich ist und der jetzt schon tot ist, der war lange stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes in Wesel zu den Heiligen Engeln - wo er wohnte - und rechte Hand des Pastors. Ja, religiös geprägt waren wir sehr.

Zur Schule gegangen bist du wo?
Auf das Gymnasium in Dorsten. Ich war aber auch noch Luftwaffenhelfer.

Die vollständigen Interview Anmerkungen finden sich in der Word-Datei > > > >

Pastor Martin Weber

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Klemens Niermann - ein Platz für den zupackenden Priester
Obdachlose unter der Kapelle
Ibbenbüren Freitag, 09.11.2012, 12:00 Uhr 10.11.2012, 12:27 Uhr - Günter Benning

Er galt als teuerster Priester der Diözese. Klemens Niermann war 1978 als Fluchthelfer in der DDR verhaftet worden - und später freigekauft. Nur einer der Gründe, warum in Ibbenbüren ein Platz nach ihm benannt wird.
Wenn die Länge eines Trauerzugs etwas aussagt, dann muss Klemens Niermann ein bedeutender Mann gewesen sein. Weit über 1000 Menschen folgten dem schlichten Holzsarg des katholischen Krankenhauspfarrers. Am offenen Grab sprach nach dem Dechanten Martin Weber der Arzt Dr. Alon Süssholz das Kaddisch, das Totengebet der Juden. Und der türkische Imam Memet Ali Basaran sang mit lauter Stimme eine Sure aus dem Koran. Fünf Jahre ist das her, jetzt widmet die Stadt Ibbenbüren den Platz zwischen der Caritas und dem Rathaus dem katholischen Wanderer zwischen den Welten.
Niermann stammt aus Schermbeck, ist halb Westfale, halb Rheinländer. Vor allem ist er das fünfte von 14 Kindern einer Kleine-Leute-Familie. Grundkatholisch - mehrere Geschwister gehen später in den kirchlichen Dienst. 1928 geboren, 1957 zum Priester geweiht, wird er 1965 Berufsschullehrer in Ibbenbüren, später Krankenhausseelsorger.
Niermann stammt aus Schermbeck, ist halb Westfale, halb Rheinländer. Vor allem ist er das fünfte von 14 Kindern einer Kleine-Leute-Familie. Grundkatholisch - mehrere Geschwister gehen später in den kirchlichen Dienst. 1928 geboren, 1957 zum Priester geweiht, wird er 1965 Berufsschullehrer in Ibbenbüren, später Krankenhausseelsorger. Niermann packte an. Er ließ reisende Obdachlose im Keller unter der Krankenhauskapelle wohnen, in der "Jesus-Suite". Er beschaffte Flüchtlingen des Bosnien-Kriegs Jobs und Wohnungen. Er verlieh seine Wohnung wochenlang an Leute, die es nötig hatten. Auf unnachgiebige Art und Weise verkörperte der immer freundlich wirkende Pastor gelebte Nächstenliebe. Dabei griff er zu kreativen Methoden. Als er sich einmal ärgerte, dass eine Gemeinde einen verurteilten Betrüger (Ster...) im Staatsdienst mobbte, dessen Mobiliar versteigert wurde, kaufte er die Möbel selbst. Nachher lieh er sie dem Mann und seiner Familie zurück. Als die Lokalzeitung kritisch über den Deal schrieb, hagelte es Proteste. Niermann hatte seine Unterstützer-Gemeinde in Ibbenbüren. Schon als junger Mann war er zu Fuß durch Palästina nach Jerusalem marschiert, damals wie heute ein Wagnis. Sein Leben lang blieb die Versöhnung zwischen den drei Religionen seine Herzenssache. Er kümmerte sich mit Freunden um den verkümmerten jüdischen Friedhof in Ibbenbüren. Und er setzte sich für die muslimischen Bergleute in der Stadt ein. Dass sie ihre erste Moschee gründen konnten und einen eigenen Bestattungsplatz erhielten, verdanken sie dem Schermbecker, auf dessen Beerdigungszettel Kreuz, Davidstern und Halbmond ein Dreieck bilden.
Niermann hatte ihn so entworfen. Bischof Reinhard Lettmann meinte dazu, das sei wohl etwas ungewöhnlich gewesen. Die katholische Kirche hatte nicht immer Freude an Niermann, dessen Spontanität ihn als Gemeindepfarrer ausschloss. So unterstützte er Gemeinden im Ostblock, brachte Geld über den eisernen Vorhang, baute eine Armenküche in Minsk auf. 1978 wurde er am Grenz-übergang Helmstedt/Marienborn verhaftet, als er die 28-jährige Freundin des Regisseurs Einar Schleef im Kofferraum in den Westen schmuggeln wollte. Er wurde zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, aber nach drei Monaten freigekauft. Danach galt er scherzhaft als der teuerste Priester im Bistum. Niermann, der fromme Priester, setzte sich über Gesetze der Kirche hinweg. Einmal sagte ihm mahnend ein Bischof, er habe gehört, dass er in seinen Gottesdiensten auch Evangelischen die Kommunion gebe. Niermanns Antwort: In seiner Kirche sei es so dunkel, da könne er die Evangelischen von den Katholischen nicht unterscheiden.
Günter Benning

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Der Tod und der Gänsehirt - Norbert Kölker

Diese Geschichte ist mir zufällig wieder in die Hände gefallen. Dabei habe ich sofort an Klemens Niermann gedacht, da er diese Geschichte mehrfach in der Krankenhauskapelle frei vorgetragen hat, und zwar so, dass er die jeweils Genannten/Personen auch durch seine Stimme charakterisiert hat (ernst/ruhig gelassen/wütend). Und dabei war es dann immer mucksmäuschenstill! (man konnte die Nähnadel fallen hören, trotz überfüllter Kapelle)

Janosch: Der Tod und der Gänsehirt Einmal kam der Tod über den Fluss, wo die Welt beginnt. Dort lebte ein armer Hirt, der eine Herde weisser Gänse hütete. "Du weisst, wer ich bin, Kamerad?" fragte der Tod. "Ich weiss, du bist der Tod. Ich habe dich auf der anderen Seite hinter dem Fluss oft gesehen." "Du weisst, dass ich hier bin, um dich zu holen und dich mitzunehmen auf die andere Seite des Flusses." "Ich weiss. Aber das wird noch lange sein." "Oder wird nicht lange sein. Sag, fürchtest du dich nicht?" "Nein", sagte der Hirt. "Ich habe immer über den Fluss geschaut, seit ich hier bin, ich weiss, wie es dort ist." "Gibt es nichts, was du mitnehmen möchtest?" "Nichts, denn ich habe nichts." "Nichts, worauf du hier noch wartest?" "Nichts, denn ich warte auf nichts." "Dann werde ich jetzt weitergehen und dich auf dem Rückweg holen. Brauchst du noch etwas, wünschst du dir noch was?" "Brauche nichts, hab alles", sagte der Hirt. "Ich habe eine Hose und ein Hemd und ein Paar Winterschuhe und eine Mütze. Ich kann Flöte spielen, das macht lustig. Meine Gänse verstehn nicht viel von Musik." Als dann der Tod nach langer Zeit wiederkam, gingen viele hinter ihm her, die er mitgebracht hatte, um sie über den Fluss zu führen. Da war ein Reicher dabei, ein Geizhals, der zeit seines Lebens wertvolles und wertloses Zeug an sich gerafft hatte: Klamotten, auch Gold und Aktien und fünf Häuser mit etlichen Etagen. Der Mann jammerte und zeterte: "Noch fünf Jahre, nur noch fünf Jahre hätte ich gebraucht, und ich hätte noch fünf Häuser mehr gehabt. So ein Unglück, so ein Unglück, verfluchtes!" Das war schlimm für ihn. Ein Rennfahrer war unter ihnen, der zeit seines Lebens trainiert hatte, um den grossen Preis zu gewinnen. Fünf Minuten hätte er noch gebraucht bis zum Sieg. Da erwischte ihn der Tod. Ein Berühmter war dabei, dem ein Orden gefehlt hatte, da holte ihn der Bruder Tod. Das war schlimm für ihn. Dann war da ein junger Mensch, der hatte an seiner Braut gehangen, denn sie waren ein Liebespaar gewesen, und keiner konnte ohne den anderen leben. Ein schönes Fräulein war dabei mit langen Haaren. Und viele Reiche, die jetzt nichts mehr besassen, was sie gerne hätten haben wollen. Ein alter Mann war freiwillig mitgegangen. Aber auch er war nicht froh, denn siebzig Jahre waren vergangen, ohne dass er das bekommen hatte, was er hatte haben wollen. Schlimm für sie alle. Als sie an den Fluss kamen, wo die Welt aufhört, sass dort der Hirt. Und als der Tod ihm die Hand auf die Schulter legte, stand er auf, ging mit über den Fluss, als wäre nichts, und die andere Seite hinter dem Fluss war ihm nicht fremd. Er hatte Zeit genug gehabt, hinüber zuschauen, er kannte sich hier aus, und die Töne waren noch da, die er immer auf der Flöte gespielt hatte; er war sehr fröhlich. Das war schön für ihn. Was mit den Gänsen geschah? Ein neuer Hirte kam.

aus: Janosch: "Janosch erzählt Grimms Märchen", Beltz & Gelberg, Weinheim-Basel
Norbert Kölker

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Weitere Zeitzeugen berichten

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Frau F. enschow:

Ei
n temperamentvoller Gesprächpartner, Streiter, Tröster und Kämpfer Ich wohnte 1991 mit meinen Kinder (Dirk 12, Alexandra 14) in der Oststraße in Leipzig, als die Schwestern vom Guten Hirten aus Münster einen kleinen Konvent gründeten und im Oktober in unser Haus zogen. Wir hatten uns recht schnell mit ihnen angefreundet und die Schwestern in die oft noch vorhandenen DDR-Alltags-Tücken eingeweiht. Leider verunglückte im Mai 1992 eine der Schwestern bei einem Autounfall tödlich. Anlässlich ihrer Beisetzung fuhr ich mit zwei Schwestern nach Münster. Dort lernte ich Pfarrer Klemens Niermann kennen, der die Messe für Sr. Anne hielt. Wir waren uns sofort symphatisch und er lud mich und meine Kinder ein, im Sommer in Ibbenbüren Urlaub zu machen. Wir verlebten dann den Urlaub im Wersewinkel in Münster bei den Schwestern vom Guten Hirten, besuchten ihn aber mehrmals in Ibbenbüren. Pastor Niermann fuhr mit mir nach Ahlhorn, um das Grab meiner Mutter zu besuchen die 1956 nur Stunden nach meiner Geburt (in Cloppenburg) verstorben war. Dank der Eintragung im Kirchenregister fanden wir die Grabstelle, die jedoch leider vor 1 Jahr überbeerdigt worden war. Meiner Mutter so nah zu sein, war für mich ein bewegender Augenblick, denn mein Vater war mit uns 3 Mädchen 1957 in die DDR umgezogen. Pastor Niermanns selbstlose, hilfsbereite, ganz und gar jedem Menschen gegenüber offene und unvoreingenommene Art fand ich unbegreiflich. Vor allem in einer Zeit, in der sich leider jeder selbst der Nächste ist. Er sorgte u.a. dafür, dass mein Sohn zweimal im Sommerlager der Mauritius-Gemeinde im Sauerland teilnehmen konnte und jedes Mal glücklich heimkehrte. Als alleinerziehende, voll berufstätige Mutter von 2 Kindern war es für mich nicht ganz einfach und ich war unheimlich dankbar für all die Unterstützung verschiedenster Art, die uns Pfarrer Klemens Niermann zuteil werden ließ. Für mich persönlich bedeuteten die vielen Besuche seit 1992 eine unbeschreibliche und unvergessene Freude. In Pastor Niermann fand ich einen temperamentvollen Gesprächpartner, Streiter (auch das konnte er gut), Tröster und Kämpfer. Es gab kein Thema, welches unangesprochen blieb. Seine Wohnung mit all den Besonderheiten, Kuriositäten und Erinnerungen - halt ihrem besonderen Flair - war ein Quell der Freude, Erholung und Entspannung.
Bei meinem ersten Besuch in Ibbenbüren sah ich im Wohnzimmer seinen zukünftigen Grabstein, auf welchem nur noch das Sterbedatum fehlte und erschrak fürchterlich. Jahre später, auch als sein Sarg im Schlafzimmer stand, erschreckte mich überhaupt nichts mehr. Es passte einfach zu ihm und es war so, wie es war, richtig. In den letzten 10 Jahren begleitete mich oft mein Lebensgefährte nach Ibbenbüren, der ebenfalls diesen ganz besonderen Menschen und die behagliche und reizvolle Atmosphäre in seinem Umfeld schätzt und beides sehr vermisst. Auch die Stadt Ibbenbüren war uns regelrecht ans Herz gewachsen. Als ich 1998 wegen einer Wirbelsäulen-OP im Elisabeth-Krankenhaus weilte, kam er nach der OP bisweilen in seiner liebenswert poltrigen Art in mein Krankenzimmer gestürzt, sah mich an und rief: "Du siehst schon gar nicht mehr krank aus"! … und war im nächsten Augenblick schon wieder verschwunden. Ich konnte es ihm nicht verübeln, denn es gab genügend Patienten im Haus, die seinen Beistand weitaus nötiger hatten. Da ich Pfarrer Niermann zu einigen festlichen Anlässen in seiner Familie begleiten durfte, lernte ich fast alle seiner 13 Geschwister kennen und konnte über diesen wunderbaren Zusammenhalt in dieser großen Familie und den Frohsinn zwischen den Menschen nur staunen. Seine Schwester Agnes kenne ich seit 1992 (Agnes wohnte im Krankenhaus im 4. Geschoss über der Wohnung von Klemens Niermann). Wir trafen uns bei jedem Ibbenbüren-Besuch, redeten gern miteinander und gingen mit Klemens gemeinsam essen. Als ich von seiner schweren Krankheit um Weihnachten 2006 hörte, fuhr ich am 30.12. zu ihm. Ich verabschiedete mich von Klemens zum letzten Mal am Silvestertag 2006. Es war einer der schlimmsten Tage meines Lebens, als Agnes mich am 6. Februar mittags anrief. Klemens war für immer eingeschlafen. Für mich stand plötzlich die Zeit still und ich war wie gelähmt. Mit meiner Tochter Alexandra (28) nahm ich an der überwältigenden Trauerfeier in der Mauritiuskirche teil. Über diese unglaubliche Atmosphäre in der Kirche und am Grab ist viel geschrieben worden, aber ich denke, jeder Mensch, der in einer Beziehung zu Pfarrer Klemens Niermann stand, hat sie für sich als etwas ganz Besonderes empfunden. Obwohl sich Klemens Niermann nur widerwillig fotografieren ließ, sind mir einige ausdrucksvolle Bilder gelungen. Vielleicht finden sie Platz in ihrem Buch.

Frieda Lenschow am 07.09.2007

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Stanislaw Skibinski:

Wenn er betete, spürte man sofort Gottes Nähe Ich habe Klemes Niermann vor 36 Jahren in Polen kennen gelernt, als er dort "Urlaub mit Pferd" machte. Das war 1971, und seitdem war er für mich ein sehr guter Freund der mir sehr mächtig geholfen hat beim Kirchenbau in Szczecin, auf verschiedene Weise. Er war ein besonderer Mensch, ein Charismatiker, er lebte vor allem für Gott und arme Menschen. Wenn er betete, spürte man sofort Gottes Nähe und diese direkte Verbindung zwischen ihm und Gott. Er war richtig Pastor mit Leib und Seele. Es ist in mir ein Loch entstanden, seit er nicht mehr mit uns ist.
Stanislaw Skibinski, 19.7.2007, Ibbenbüren

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John Vaclav:

Ich bin der Pfarrer mit dem Renault 12 Meine Kontakte mit P.Klemens sind in den sogenannten "Dubcek-Zeiten", im Jahr 1968 angefangen. Damals ist P. Klemens in Prag gewesen, als die Sovjetarmee mit den anderen "Freunden" (DDR, Polen, Bulgaren, Ungaren) zu uns als Gegner gekommen sind. P. Niermann ist zu meinem Nachfolger P.Duda, Pfarradministrator in Kutná Hora-Sedlec (Kuttenberg-Sedletz), gekommen, um das Knochenhaus zu sehen. P.Duda konnte nicht deutsch sprechen, deshalb hat ihn P.Klemens zu mir nach Zábori nad Labem mitgebracht. Also, seit 1968 ist P.Klemens oftmals zu mir gekommen, besonders dann, wenn es mit den Oratorianern von Leipzig in Prag zu einer Begegnung gekommen ist (Hilfe mit Geld). P.Klemens wollte damals auch die griechisch-orthodoxe Kirche kennen lernen, so sind wir zusammen mit den Pastoral-Assistentinnen Margret Bringemeier und Anni Wellering in die Ostslowakei gefahren. Dort in Malcice habe ich meinen Bekannten P.Michal Majovsky besucht. Mit ihm bin ich als Theologiestudent 1946 in der Schweiz gewesen. Anderen Kontakt habe ich mit dem Bischof Otcenásek (Vaterlein-nicht Tchernosek) vermittelt

Dann bin ich der Pfarrer mit dem Renault 12, von dem die Rede im Interview ist. So konnte ich auch meinem älteren Bruder Frantisek, der im Riesengebirge als Pfarrer in Trautenau-Oberaltstadt wirkte ( +1990), helfen. P.Klemens hat auch im Januar 1990 in Königgrätz (Hradec Králové), als unser Bischof nach 40 Jahren endlich als residierender Bischof eingeführt wurde, teilgenommen. Damals waren auch Präsident Havel, der Bischof von Münster und Kardinal Lustiger gegenwärtig. In der Anlage ist ein Foto vom 29.6.1997 bei meinem Goldpriestertum in Hrochuv Tynec. Die Mitra aber gehört meinem ehemailgen Messdiener in Kutná Hora-Sedlec (1958 - 1964), dem heutigen Weihbischof Mons. Josef Kajnek. Ist das Foto nicht schön? Links von P. Klemens bin ich, rechts mein Landsmann Pfr. Franz Kapaun von Weissenfels. Ich bin inzwischen schon nicht mehr Pfarrer in Hrochuv Tynec, seit 25.10.2006 bin ich schon Geistlicher-Gehilfe in meinem Geburtsort beim Bruder Ceska Trebova, Nach 60 Priesterjahren. So, ich denke, das ist alles, was ich zum Tod von Pfr. Klemens schreiben kann. Mit echt herzlichen Grüßen im Gebet vereint Ihr Václav John

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Eine Angehörige

: KKlemens Niermann war wie eine alte Holzbrücke, die die Menschen sicher von einem Ufer zum anderen bringt. Solange der Mensch den Fluss nicht überqueren muss, steht sie einfach da, und der Mensch sieht sie vielleicht gar nicht in ihrer Unscheinbarkeit, weil er sie nicht braucht. Doch plötzlich kommt der Tag, an dem der Mensch den Fluss überqueren muss, ob er will oder nicht. Und der Mensch sieht nur die reißende Strömung, die es ihm unmöglich macht, einfach hinüber zu schwimmen an das andere Ufer, und er gerät in große Panik zu ertrinken, sobald er nur einen Fuß in das Wasser setzt. Und da steht sie dann plötzlich. Ganz unscheinbar, aber so unglaublich stabil. Die alte Holzbrücke. Sie wartet geduldig und demütig darauf, den nächsten Menschen sicher über den Fluss zu bringen. Dafür ist sie ja da, weiß sie. Das ist ihre Bestimmung. Sie fragt nicht, wen sie hinüberbringen soll, und auch nicht, warum. Sie ist einfach nur da, um Menschen sicher an das andere Ufer zu bringen. Die alte Holzbrücke weiß gar nicht, wie wichtig sie für die Menschen ist. Sie steht schon so lange da, und ist einfach nur ein Freund des Menschen. Vielleicht ist es die Weisheit des Alters, die ihr diese Demut verlieh zu glauben, sie sei gar nicht so wichtig. Aber die Menschen wissen es. Die, die hinübergehen und die, die noch auf der anderen Seite sind. Es sind die Pfeiler des tiefen Vertrauens und des unerschütterlichen Glaubens, die jeder Strömung des Flusses standhalten, und die Strömung einfach in aller Seelenruhe auf sich zukommen lässt. In tiefer Dankbarkeit Eine Angehörige

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Der Tod und der Gänsehirt - Norbert Kölker

Diese Geschichte ist mir zufällig wieder in die Hände gefallen. Dabei habe ich sofort an Klemens Niermann gedacht, da er diese Geschichte mehrfach in der Krankenhauskapelle frei vorgetragen hat, und zwar so, dass er die jeweils Genannten/Personen auch durch seine Stimme charakterisiert hat (ernst/ruhig gelassen/wütend). Und dabei war es dann immer mucksmäuschenstill! (man konnte die Nähnadel fallen hören, trotz überfüllter Kapelle)
Janosch: Der Tod und der Gänsehirt Einmal kam der Tod über den Fluss, wo die Welt beginnt. Dort lebte ein armer Hirt, der eine Herde weisser Gänse hütete. "Du weisst, wer ich bin, Kamerad?" fragte der Tod. "Ich weiss, du bist der Tod. Ich habe dich auf der anderen Seite hinter dem Fluss oft gesehen." "Du weisst, dass ich hier bin, um dich zu holen und dich mitzunehmen auf die andere Seite des Flusses." "Ich weiss. Aber das wird noch lange sein." "Oder wird nicht lange sein. Sag, fürchtest du dich nicht?" "Nein", sagte der Hirt. "Ich habe immer über den Fluss geschaut, seit ich hier bin, ich weiss, wie es dort ist." "Gibt es nichts, was du mitnehmen möchtest?" "Nichts, denn ich habe nichts." "Nichts, worauf du hier noch wartest?" "Nichts, denn ich warte auf nichts." "Dann werde ich jetzt weitergehen und dich auf dem Rückweg holen. Brauchst du noch etwas, wünschst du dir noch was?" "Brauche nichts, hab alles", sagte der Hirt. "Ich habe eine Hose und ein Hemd und ein Paar Winterschuhe und eine Mütze. Ich kann Flöte spielen, das macht lustig. Meine Gänse verstehn nicht viel von Musik." Als dann der Tod nach langer Zeit wiederkam, gingen viele hinter ihm her, die er mitgebracht hatte, um sie über den Fluss zu führen.
Da war ein Reicher dabei, ein Geizhals, der zeit seines Lebens wertvolles und wertloses Zeug an sich gerafft hatte: Klamotten, auch Gold und Aktien und fünf Häuser mit etlichen Etagen. Der Mann jammerte und zeterte: "Noch fünf Jahre, nur noch fünf Jahre hätte ich gebraucht, und ich hätte noch fünf Häuser mehr gehabt. So ein Unglück, so ein Unglück, verfluchtes!" Das war schlimm für ihn. Ein Rennfahrer war unter ihnen, der zeit seines Lebens trainiert hatte, um den grossen Preis zu gewinnen. Fünf Minuten hätte er noch gebraucht bis zum Sieg. Da erwischte ihn der Tod. Ein Berühmter war dabei, dem ein Orden gefehlt hatte, da holte ihn der Bruder Tod. Das war schlimm für ihn. Dann war da ein junger Mensch, der hatte an seiner Braut gehangen, denn sie waren ein Liebespaar gewesen, und keiner konnte ohne den anderen leben. Ein schönes Fräulein war dabei mit langen Haaren. Und viele Reiche, die jetzt nichts mehr besassen, was sie gerne hätten haben wollen. Ein alter Mann war freiwillig mitgegangen. Aber auch er war nicht froh, denn siebzig Jahre waren vergangen, ohne dass er das bekommen hatte, was er hatte haben wollen. Schlimm für sie alle. Als sie an den Fluss kamen, wo die Welt aufhört, sass dort der Hirt. Und als der Tod ihm die Hand auf die Schulter legte, stand er auf, ging mit über den Fluss, als wäre nichts, und die andere Seite hinter dem Fluss war ihm nicht fremd. Er hatte Zeit genug gehabt, hinüber zuschauen, er kannte sich hier aus, und die Töne waren noch da, die er immer auf der Flöte gespielt hatte; er war sehr fröhlich. Das war schön für ihn. Was mit den Gänsen geschah? Ein neuer Hirte kam.

aus: Janosch: "Janosch erzählt Grimms Märchen", Beltz & Gelberg, Weinheim-Basel

Norbert Kölker

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H. J. Wiggers: Ein Mann für schwierige Fälle
Humanitas, Knoop, ORWI-Druck

Humanitas, Knoop, ORWI-Druck Was habe ich mit Klemens Niermann erlebt? Ich erinnere mich an eine Situation in den 70iger Jahren: Böse Buben hatten einen Kleinbus, der mit Mädchen aus Litauen besetzt war, nach Ibbenbüren gelockt in einen "Schuppen" auf dem Berg in Ibbenbüren. Diese Mädchen sollten als "Babysitter" in Deutschland arbeiten. Was aber von den Mädchen wirklich erwartet wurde, stellte sich dann sofort nach Ankunft an der Rheiner Straße heraus. Es war Winter und sehr kalt. Ein Mädchen flüchtete dann noch in derselben Nacht und meldete sich, spärlich bekleidet, in der Nachbarschaft und bat um Hilfe. Die Anwohner verständigten die Polizei. Diese nahmen das Mädchen mit auf die Wache. Die Zuhälter hatten ihr den Pass abgenommen. Die Beamten auf der Wache waren sehr hilflos und wussten nicht, was sie machen sollten. Das Mädchen hatte ja nichts verbrochen... Es blieb nur eins: Klemens Niermann musste her. Klemens wurde dann auch noch in der Nacht verständigt, nahm das Mädchen mit ins Krankenhaus und versteckte sie da. Das war nötig, weil sie von den Zuhältern am anderen Tag gesucht wurden. Wie ein verlorenes Portemonnaie...Nach ca. einer Woche war die Luft rein. Dann rief Klemens mich an, wir überlegten, was wir machen könnten. Er sagte, Heinz, lasst uns zusammenschmeißen und wir kaufen eine Bahn-Fahrkarte nach Litauen, setzen dann das Mädchen in Hamm in den Zug nach Osten. Das ist der sicherste Weg für das Mädchen. So haben wir das gemacht. Das war

Klemens, der Mann für schwierige Fälle.
Heinz - Josef Wiggers

 
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K.H. Klingelhöfer - Ein Vorbild im Sinne eines Heiligen

Ein Vorbild im Sinne eines Heiligen Klemens Niermann: "Was würde Jesus - jetzt - hier - an meiner Stelle tun? - Deshalb muss ich das tun!" Klemens Niermann lebte seinen Glauben, war deshalb glaubwürdig und konnte seinen Glauben weitergeben. "Glaube und Vernunft" - das große Thema unseres Papstes Benedikt, schon als er Ratzinger hieß, war auch für mich seit langer Zeit ein Problem und ist es bis heute geblieben. Philosophische Überlegungen helfen mir nicht, deshalb sprach ich mit Pastor Klemens Niermann. Er schaute mich nur an und lächelte ohne Worte. Am nächsten Sonntag gab er mir die andere Hälfte seiner Hostie. Er und Schwester Michaela schenkten mir das Buch "Ich glaube, ich zweifle" (Günther Weber) und ich schenkte ihm zum Geburtstag "Ungewissheit und Wagnis" von Peter Wust, dem von mir geschätzten Münsteraner Philosophen. Weiter fühlte ich mich mal wie Don Quixote, mal wie Sancho Pansa. Aber der Mensch Klemens gab mir zwar keinen Glauben, keine Sicherheit, aber Vertrauen, trotz so vieler Dinge, die mich an der kath. Kirche und Rom störten. Klemens Niermann merkte, wenn einer in Not war und wusste auf seine stille, unaufdringliche Art zu helfen. Er schenkte mir in einer Zeit der Sorge und Depression eine große, selbstgemachte Kerze - ein Zeichen ohne Worte. Ich habe gehört und erfahren, wie er anderen geholfen hat. Klemens Niermann war fröhlich und humorvoll. Filippo Neri, "der Narr des lieben Gottes", war ihm ein besonders lieber Heiliger und sicher auch Franz von Assisi. Fröhlich spielte er Bischof Nikolaus. Klemens Niermann war in hohem Masse tolerant, befreundet mit russisch orthodoxen Christen, mit der muslimischen Gemeinde und insbesondere mit Glaubensbrüdern im Ökumenischen Geist. Mutig hat er sich oft über kirchliche Weisungen hinweggesetzt und ist seinem Gewissen gefolgt. So war und ist über den Tod hinaus Klemens Niermann für mich ein Vorbild im Sinne eines Heiligen.
Karl Heinz Klingelhöfer am 1.8.07

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Adem Obuz

Jeder Türke, der Probleme hatte, hat sich an Klemens gewandt Herrn Pastor Klemens kennen und verstehen Im Grunde genommen kann man Klemens Niermann beschreiben, wenn man an der Beerdigungsfeier teilgenommen hat. Die Beerdigungsfeier war prachtvoll, viele Teilnehmer von vielen Nationen und Religionen, jung, alt, Männer, Frauen von jeder Schicht. Wir Türken haben ihn auf seinem letzten Geleit nicht allein gelassen. Wir haben ihm viel zu danken. Daher haben wir ihn nicht allein gelassen und ihn begleitet. Wir hätten diesen auch nicht allein gelassen. Wir kennen Klemens Niermann aus vielen Erzählungen unserer Väter. Er war für diese immer da. Egal, welche Religion und Weltanschauung diese auch hatten und noch haben. Er war dafür, dass diese Menschen ihre Religion frei ausüben dürfen. Er trat für einen zwischenmenschlichen Dialog ein und hat die Menschen so geliebt, ohne Unterschiede zu machen. Seine Worte, seine Handlung und sein Charakter haben uns das immer bewiesen. Wir als Türkische Gemeinde sehnen uns nach Klemens. Wir suchen seine Wärme und seine Geborgenheit. Unsere Augen suchen bei allen Festlichkeiten Klemens. Er stand immer da und hat mit uns die Feste gefeiert. Er hat nie sein Lächeln und seine Wärme versteckt. In den Anfängen der 60er Jahre kamen viele Gastarbeiter aus der Türkei. Diese wussten nicht viel über ihr Gastland. Es war eine Ungewissheit. Sie kamen mit verschiedenen Kulturen, Sichtweisen, religiösen Weltanschauungen und Lebensbildern in Deutschland an. Sie hatten viele Probleme, auch im Alltagsleben.
Wie sollten wir unsere Sorgen zur Sprache bringen. Wir hatten keinen Gebetsraum und auch keine Moschee damals. Wir hatten jedoch einen Fürsprecher. Dieser Fürsprecher streckte seine Hand aus, ohne nachzusehen nach Hautfarbe, nach Sprache, nach Aussehen und der kulturellen Gegebenheit. Er hat für uns auch die Kontakte mit der Stadtverwaltung geknüpft. Er hat sich dafür stark gemacht, dass wir die ersten Räumlichkeiten von der Stadtverwaltung erhalten haben. Er war es auch, der uns ermuntert hat, mit der Zeit ein Gebäude zu erwerben. Das ist dann auch geschehen und mit seiner Hilfe haben wir die heutige Moschee (Ledder Str.) gekauft. Immer wieder hat er uns ermuntert und uns geholfen. Klemens zu beschreiben reicht weder Tinte noch Papier, denn jeder Türke, der Probleme hatte, hat sich an Klemens gewandt. Er hat mit viel Sorgfalt und Geduld zugehört und versucht, diese Probleme zu lösen, ohne jemandem weh zu tun. Er hat niemals sein Gesicht abgewendet oder seine Türen verschlossen. Die Türen bei Clemens waren immer offen. Er ruht jetzt in Frieden und unsere Gebete sind mit ihm. Bei unseren Festlichkeiten, bei Sterbefällen und auch bei Hochzeiten ist er nicht bei uns, er ist jedoch in unseren Herzen. Lieber Klemens Gott sei mit Dir. Im Namen der Türkischen Muslime Adem OBUZ - Vorsitzender der Ditib Gemeinde zu Ibbenbüren e.V.
Adem Obuz

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Hans-Jürgen Himstedt: - Klemens Niermann und Frére Roger von Taizé

A
m 18.3.1977 haben wir in der St. Magdalena-Pfarrkirche in Laggenbeck geheiratet. Da wir mit Klemens Niermann sehr verbunden waren, hatte er die Trauung geleitet und mit einem festen Knoten unsere Hände umbunden. In den anschließenden Osterferien wollten wir, Elisabeth und ich, mit Klemens nach Tholey-Theley zu Dr. theol. Willi Massa, um dort die Kar- und Ostertage zu begehen. (Dr. Massa *2.10.31, + 25.2.01, seit 1947 intensive Einübung christlicher Meditationsformen, Zen-Praxis bei Pater Lasalle, Graf Dürckheim und japanischen Meistern, Hauptinteresse: spirituelles Leben)

Elisabeth Himstedt berichtet
:

"Noch vor dem Frühstück klingelte das Telefon. Mein Schwiegervater war in der Leitung und berichtete aufgeregt, dass Klemens an der Grenze in der DDR verhaftet worden sei. Erst bei unserer Hochzeit hatten sie (Schwiegervater u. Niermann) sich kennengelernt. Mein Schwiegervater war damals bei der Kripo in Münster beim 14. Kommissariat, das sich mit Vergehen der DDR und Verbrechen an der innerdeutschen Grenze beschäftigte. Was nun? Ein dicker Kloß steckte in meinem Hals und ließ sich nicht herunterschlucken. Sorge, Angst und Wut verwandelten sich in ein: Wir müssen etwas tun! Alle Leute, die wir für wichtig hielten, wurden informiert und eingeladen. Wir hatten nicht genug Stühle und unser kleines Wohnzimmer war an diesem Abend überfüllt. Herr Eggenstein (Leiter der Berufsschule in Ibbenbüren) saß auf dem Schreibtischstuhl meines Mannes. Er war sehr klein, mein Mann dagegen groß und so baumelten seine Beine nervös hin und her. Wir planten eine Groß-Demo auf dem Marktplatz, Informationen in den Kirchengemeinden. Alle Berufsschüler wurden mit eingeplant. Presse, Rundfunk, Politik und Bistum wurden angeschrieben und informiert. Dieser Ungerechtigkeit musste begegnet werden. Viele wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wurden angeschrieben und um Hilfe gebeten. Mein Schwiegervater hielt uns - soweit er konnte - auf dem Laufenden. Pfarrer Rüster hielt aus unserer Gruppe die Verbindung zum Bistum. Von dort kam schließlich die Mitteilung ‚Ruhig bleiben, wir verhandeln.' Und doch sollten 6 Monate vergehen, bis Klemens, abgemagert und um Jahre gealtert, mich im Krankenhaus besuchte: unser Sohn Christian war geboren." Ich hatte damals übernommen, Frére Roger in Taizé zu informieren und um Hilfe und Fürsprache oder Protest zu bitten. Damals erhielten wir einen Brief, datiert vom 6.4.1977, von Bruder Rudolf. Er bat uns, den Brief nicht zu veröffentlichen, aber ich denke, heute leben die meisten Beteiligten nicht mehr und die DDR existiert nicht mehr, dass wir den Brief nun bekannt machen können. Nach Thorley im Saarland sind wir dann allein gefahren. Es war ein trauriges Osterfest 1977, mit vielen Gedanken an Klemens, der dort im Hause Massa ein gern gesehener Gast war. Viele dort machten sich mit uns Sorgen und so kehrten wir schnellstens nach Ibbenbüren zurück.
Hans-Jürgen Himstedt

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Anhang: Brief von Bruder Rudolf
F-71460 Taizé-Communaté am 6.4.1977 Lieber Herr und Frau Himstedt!

A
m 18.3.1977 haLieber Herr und Frau Himstedt! Frére Roger lässt Ihnen sehr herzlich für Ihren Brief danken. Er spricht selbst nicht deutsch, darum bat er mich, Ihnen darauf zu antworten. Gern werden wir für Bruder Klemens Niermann im Gottesdienst beten. Die Karwoche und die Osterwoche sind für uns die wichtigsten Wochen im Jahr. Wir feiern Kreuz und Auferstehung. Und alles Leben, von dem wir selber leben, und von dem wir möchten, dass es alle Menschen ergreift, kommt aus dieser Feier. Hier ist ein Text von Johanna. Sie gehörte zu der Gruppe, die in Kalkutta den Zweiten Brief an das Volk Gottes geschrieben hat. In diesem Text versucht sie ihre Erfahrungen mit den Lebensverhältnissen in der Bundesrepublik in Beziehung zu setzen. Mit den Menschen in der DDR und den anderen osteuropäischen Ländern verbindet uns sehr viel, darum möchte ich eine Bitte anfügen: Bitte verwenden Sie unseren Namen bei einer Pressekampagne nicht, und veröffentlichen Sie auch bitte nicht diesen Brief, denn das hätte Folgen für eine ganze Reihe Menschen, mit denen wir verbunden sind. Wenn wir aber in anderer Weise, als durch eine Unterschrift den "Kampf" mit Ihnen führen können, so lassen Sie uns dies bitte wissen. Darauf wollen wir uns gerne einlassen. Ich weiß nicht, ob wir uns persönlich kennen. Wenn Sie wieder einmal nach Taizé kommen, würde ich mich freuen, wenn Sie auf mich zukommen würden. Sie finden mich am Ende vom Nachmittag meistens im Empfangszelt. Vielleicht ist dieser Brief der Beginn einer Verbindung, auf der wir uns auf unserem gemeinsamen Weg gegenseitig stützen können. Sehr herzlich grüße ich Sie Ihr Br. Rudolf

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Chr. Komande: Nicht nur Kalorien, sondern auch seelische Betreuung und moralische Unterstützung Mombasa, den 3.12.07

Meine Erinnerungen an Pfarrer Klemens Niermann Ich habe 1985 Pfarrer Klemens Niermann bei häufigen Mittagessen zusammen mit anderen in der Cafeteria des St. Elisabeth-Krankenhauses - Ibbenbüren, wo ich meine Facharztausbildung machte, kennen gelernt. Mit Pfarrer Niermann waren die Mahlzeiten nicht nur Kalorien nachzufuttern, sondern wir bekamen auch seelische Betreuung und moralische Unterstützung. Er war der Meinung, dass engagieren ist, nie zu kapitulieren. "Als Arzt werden Sie kranke Menschen betreuen, egal wo" sagte er uns. Die Kapelle im Krankenhaus war für mich eine große Überraschung, als der Pfarrer mich durchführte. Als er meine Frau kennenlernte, fragte er mich immer wieder, wie es meiner Familie ginge, dass wir zwei Kinder hatten, war für ihn eine große Freude. Pf. Niermann begeisterte sich sehr für mein Deutsch. Am 28.5. 1990 überwies Pf. Niermann die erste Rate für meine Facharztausbildung im Krankenhaus Burg durch die Staatsbank der DDR. Er wünschte mir guten Erfolg. Im Mai 1991 machte ich meine Facharztprüfung in Magdeburg mit Erfolg und dort erhielt ich eine URKUNDE über das Recht zum Führen einer Arztbezeichnung als Facharzt und damit war ich berechtigt, mich Facharzt für Chirurgie zu nennen, was immer mein Traum war. Pfarrer Niermann war stolz auf meinen Erfolg und mit so einer Hochmutigkeit kaufte er mir ein Auto, damit ich in Kenia schnell bei einem Patienten ankommen kann. Nicht zu vergessen, dass seine geliebte Schwester ebenfalls Bekleidung kaufte für meine Ehegattin Larisa.

Die Besorgtheit von Pfarrer Niermann um mich merkte ich noch über letzte telefonische Gespräche im Dez. 2004 beim Besuchen des Kreiskrankenhauses Reichenbach. MAY THE ALLMIGHTY LORD REST HIS SOUL IN ETERNAL PEACE. Dr. med Christopher Komande

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Christel Kolodziej
Wir werden sicher gute Freunde werden

Am 6.2.1990 begegnete ich Pfarrer Niermann zum ersten Mal im St. Elisabeth-Hospital. Er tröstete mich liebevoll in meiner Trauer, denn mein Vater war gerade verstorben. Wir beteten gemeinsam das Gebet des Herrn. Er sprach noch und segnete Vater. Das hat so gut getan. Bleib noch eine Weile bei Vater sitzen, forderte er mich auf und ging weg. Herzklopfend schellte ich nach Tagen an seiner Wohnungstür. Mit einem Blumenstrauß wollte ich Danke sagen. Er öffnete die Tür und lächelte mich an. Komm nur rein, sagte er freundlich. Ich stammelte ängstlich, Danke Herr Pfarrer für die Worte, die so tröstlich für mich waren. Priester waren für mich immer etwas Besonderes. Den Herrn lassen wir weg, sagte er, unter Schwestern und Brüdern sagen wir hier du zueinander. Das ging bei mir nicht so schnell. Dann erzähle doch mal! Noch sehr zurückhaltend erzählte ich von meinen Eltern, wie Mutter mit uns auf die Flucht gehen musste mit uns zwei Kindern, Vater war im Krieg. So erzählte ich drauf los, dass ich bei dem Textilhaus Bitter arbeite in der Konfektionsabteilung. Ach ja, sagte er, Adalbert Bitter ist mir ein guter Freund - dass ich schon viele Jahre verheiratet bin - von der Schulzeit und noch vieles mehr. Auch erzählte ich von einem Priester aus der Schulzeit. Beim Religionsunterricht musste ich das Klassenzimmer verlassen, weil ich nicht katholisch war. Traurig und weinend ging ich dann von dannen. Bis Mutter mal mit dem Priester gesprochen hat, dann durfte ich da bleiben. Pfarrer Niermann wurde ganz still, dann sagte er laut: Das hat der Priester mit dir gemacht! Noch so viele Fragen folgten. Seine sehr verbindliche Art gefiel mir. So ging ich am folgenden Sonntag in die Kapelle zum Gottesdienst. Ängstlich ging ich durch die Vorhalle, wo ein Brunnen stand. Im Schatten an der Tür ruft eine Stimme freundlich und einladend: Komm nur näher Christel, nicht so ängstlich, wir werden sicher gute Freunde werden. Wir begrüßten uns herzlich. In der Kapelle, in der Sakristei ertönten Gregorianische Gesänge, die mich und meine Seele berührten. Still setzte ich mich in eine Bank, um hören zu können. Der Gottesdienst begann. Zum ersten Mal hörte ich Pfarrer Niermann predigen. Schwester Michaela hat so schön gesungen. Rundum fühlte ich mich sehr geborgen und angenommen. Der Ablauf der hl. Messe hat mich begeistert, der Funke war übergesprungen. Die verbindliche und liebenswerte Art des Glaubensbekenntnisses von Pfarrer Niermann in Predigten und Gesprächen führten mich begeistert in sonntägliche Gottesdienste. Der rote Faden geht weiter. So habe ich durch Zuhören viel gelernt. Auch das Klosterleben durfte ich kennen lernen, die Wochenenden in Stille und Gespräch. Denn nur in der Stille kann man Gott erfahren. Alles hat mich begeistert, der Gesang der Mönche in ihrer Einfachheit, das Gebet, die Gemeinschaft, eben alles. So lernte ich viele Freunde kennen. Eine besondere Freundin ist mir die Schwester von Pfarrer Niermann, Agnes Niermann, geworden, eine liebenswerte, gläubige Frau. Sie hat die Gabe, Menschen zu begeistern mit ihren Talenten. Sehr schön waren die Meditations-Abende. Klemens schenkte allen in der Gruppe ein Bildchen, im Überraschen war er großzügig, alles wurde sehr gut vorbereitet.

Mein Bildchen war ein Kirschzweig, darauf stand: Kein Ding ist hier noch dort, das schöner ist als ich, weil Gott die Schönheit selbst sich hat verliebt in mich. (Angelius Silesius). In diesen Gott habe ich mich schon als Kind verliebt. Eines Tages nahm ich allen Mut zusammen, fragte bescheiden, ob es erlaubt ist, wenn ich konvertieren würde, ich möchte dazugehören zu Euch allen. Klemens sagte, kein Problem, du darfst alles. Mein Gefühl war, er freute sich über meinen Entschluss. Ach, war das aufregend für mich. Mit seiner Hilfe habe ich alles geschafft. Meine Gebete wurden erhört, Gott gab mir viel Kraft zum Neuanfang. Pfarrer Niermann kam uns besuchen, um auch meinen Mann kennen zu lernen. Ja, wir wurden gute Freunde. Der große Tag kam näher, es war Freitag, der 02. September 1990 in der Freitagsmesse. Eine der Zwillingsschwestern meine Chefs, Annette Bitter, war als Patin eingeladen. Verwandte von Agnes, Michaela und gute Freunde waren gekommen. Alles war gut vorbereitet und gerichtet. Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind. Pfarrer Niermann legte uns die Hände auf. Der größte Moment war die Hlg. Kommunion zu empfangen und das Kreuzzeichen zu machen, Gottes Segen zu erhalten, mit meinem Mann Horst zusammen vor dem Altar zu knien. Unvergesslich diese Stunde der Andacht. Danke. Oft werde ich gefragt, warum hast Du konvertiert? Meine Antwort: In der Taufe habe ich meinen Glauben erhalten, erzogen von den liebsten Eltern der Welt. Gott hat mich und meinen Namen Christa in seine Hand geschrieben. Hinter dem Konfessionswechsel stehe ich voll. Ich möchte meinen Glauben leben und auch für den nächsten da sein. Gott kennt mich, ich bete täglich, dass ich noch lange zur Kirche gehen kann und auch vielen Menschen helfen. Mit seiner Hilfe und Kraft durfte ich viele Begegnungen erfahren. Ich durfte nochmal anfangen dazu zu lernen, Freunde haben mir dabei geholfen. Seminare besucht, Zertifikate erhalten von Bischof Lettmann, damit dem Ehrenamt nichts im Wege stand. Pfarrer Niermann fragte, ich welcher Kirche möchtest du ehrenamtlich arbeiten und tätig sein. In St. Ludwig, heute Hlg. Kreuz und bei Euch in der Kapelle. Der rote Faden ging weiter in den kommenden Jahren. Klemens sagte zu seiner lieben Schwester Agnes, am kommenden Sonntag führst du Christel zum Kommunions-Austeilen auf den Stationen ein.

Ich hörte gut zu, ihre Stimme bewegte mich. Sonntags später durfte ich schon alleine gehen. Pfarrer Niermann reichte mir ein weißes Gewand, das ich anziehen sollte. Darf ich das, wieder sagte er: du darfst alles, du siehst aus wie ein Engel! Mit Herzklopfen klopfte ich an die Patiententür, komisch, die Aufregung war weg. Das Gebet gesprochen, reichte ich mit Hingabe die Kommunion. Die kranken Menschen sind sehr dankbar, wenn wir zu ihnen kommen. In die Frauengemeinschaft St. Ludwig wurde ich herzlich zur Mitarbeit aufgenommen. Viele Gruppen habe ich besucht und das Lernen nahm kein Ende. Alle Begegnungen mit lieben Menschen waren herzlich, natürlich gab es auch Meinungsverschiedenheiten. Zehn Jahre Bibelabende, viele Gespräche mit Frau Lohage. Durch die Bibelarbeit lernte man tiefer mit dem Glauben zu leben. Ich fragte bescheiden Pfarrer Weber, ob ich auch Lektorendienst ausüben darf. Meine Freude war groß als er ja sagte. Denn die liturgischen Dienste liebte ich besonders. Langeweile kam nicht, lernte viele Mitarbeiter kennen und Hilfe von mir war immer sehr gefragt. Alles machte große Freude. Ärger gab es auch schon mal, wie in einer Ehe. Das Austeilen der Kommunion entlastete Pfarrer Niermann. Denn das letzte halbe Jahr merkte man, es ging ihm nicht gut, wenn man fragte: Christel, es geht mir nicht gut. Das war Klemens der Menschenfischer, für alle da sein. Doch er nahm jetzt schon mal Hilfe an. Etwas später hörte ich dann von seiner Schwester Agnes die Nachricht, dass Klemens bei einer Untersuchung eine ganz schlimme Diagnose erhalten hatte. Und das war vor seinem 50. Priesterjubiläum, das er dann nicht mehr erleben konnte. Denn die Krankheit wurde täglich schlimmer. Es wurde immer stiller in der Kapelle. Im Gebet waren wir alle bei ihm. Persöhnlich durfte ich mich von ihm verabschieden. Seine vertraute, liebe Stimme war leise, von Krankheit gezeichnet. Er sprach zu mir: Christel, der Tod gehört zum Leben, danke für alles. Ich habe zu danken für den Glaubensweg, den du mir gezeigt hast. Ich nahm ihn in den Arm. Draußen vor der Tür rollten mir die Tränen. Ja, er war Priester und Seelsorger mit Leib und Seele. Die Nachricht vom Tod erschütterte uns alle. Viele, viele Menschen hatten ihn lieb gewonnen. Seine mitmenschliche Hilfsbereitschaft und mitmenschliche Einstellung waren hoch geachtet und sehr beliebt. 17 Jahre, eine lange Zeit, Du bist für mich nicht im Tod. Du lebst jetzt in einer besseren Welt, Du bist vom Dunkel ins Licht gegangen. Ich erinnere mich an eine Predigt von Dir mit den Worten: Das wi ein Fest sein, wenn wir tanzen, singen und lachen und uns wieder sehen, daran glaube ich, von ganzem Herzen, mein Freund. Wenn ihr wüsstet, wohin ich gehe, wäret ihr nicht traurig, denn mein Weg führt ins Licht.

Der letzte Gruß an uns alle. Christel Kolodziej

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-Gisela Franke
Siegfried, obdachlos - Heute begegnet mir Jesus in diesem Menschen

Im Winter 1985 zog Klemens sich plötzlich für einige Wochen zurück. Er war seltener zu sehen und wenn, dann hatte er es eilig. Nach 6 Wochen lüftete er sein Geheimnis. Klemens stellte uns allen Siegfried vor. Siegfrieds Geschichte ist sicher die von vielen Obdachlosen. Trennung von der Frau, Alkohol, Arbeitsplatz verloren und dann der Abstieg. Ein einsamer Berber, der keinem Menschen mehr im Leben traute.
Klemens hatte ihn in der Blumen-Bendik-Passage gefunden. Es schneite und Siegfried hatte sich dort zum Schlafen hingelegt. Anstatt Handschuhe hatte er seine Socken über die Hände gestreift. In solchen Situationen dachte Klemens dann oft: "Heute begegnet mir Jesus in diesem Menschen". Siegfried kannte schon lange keine Menschenliebe mehr. Mit Klemens mitgehen, nein. Er schimpfte Klemens aus: "Lass mich in Ruhe, und scher Dich zum Teufel". Aber Klemens konnte genauso stur sein, wenn es um Jesus ging. Und irgendwann gab Siegfried schließlich nach. 6 Wochen brauchten die beiden, bis Siegfried Klemens akzeptierte, und Klemens Siegfried so menschlich, innen wie außen, gemacht hatte, das er ihn überall mit hinnehmen konnte. Die erste Woche war wohl die schlimmste, Siegfried ging nicht in die Badewanne. Er hatte natürlich sofort Klemens Bett bekommen. Das gab Klemens immer den anderen und er schlief auf das Sofa. Die ganze Wohnung stank. Nach einer Woche das erste Bad. Klemens war ja sehr praktisch veranlagt, Siegfried in die Badewanne, alle Klamotten entsorgt und ihm neue aus der Kleiderkammer und von sich gegeben. Die Zeit reichte auch für neue Bettwäsche, das ganze Bettzeug musste später entsorgt werden. Aber Klemens sorgte für Siegfried. Auf einmal bekam dieser regelmäßige Mahlzeiten, Klemens vergaß auch nicht den Schnaps, den Siegfried brauchte. Siegfried spürte noch einmal in seinem Leben Fürsorge, wo er keine Hoffnung gehabt hatte. Siegfried bekam dann nach zwei Monaten sein eigenes Zimmer, aber das war ja auch eine Trennung von Klemens, aber es ging. Wie Klemens immer diese Wohnungen besorgte, sind Geschichten für sich. Das Einrichten war ja stadtbekannt. Das kleine Auto und ein paar Hände, die auf dem Dach einen Schrank fest hielten. Und Klemens zuckelte spät abends durch die Stadt. Sogar die Polizei drückte beide Augen zu.

Siegfried fühlte sich etwas einsam und er bekam seinen Wunsch nach einem Wellensittich erfüllt. Siegfried ging bei dem großen Freundeskreis von Klemens ein und aus, aber Klemens war sein Mittelpunkt. Bei ihm strahlten seine Augen. Mundharmonika spielen, das war für ihn eine Freude und ärgerlich wurde er, wenn Cesare sie ihm wegnahm und selber spielte. Irgendwann kamen wir ihm auf die Schliche, dass er uns (Gisela u. Matthias?)immer der Reihe nach um Geld für Tabak und Schnaps anging, aber Abhilfe wirkte nicht. Da konnte Siegfried am Monatsende auch schon mal auf Spiritus umsteigen. Des öfteren musste ich ihn aus der Krankenhauskapelle aus dem Sonntags-gottesdienst abholen. Er war dann noch etwas betrunken und verfiel in einen lautstarken Monolog über Klemens, der am Altar stand. Aber er ging dann auch immer brav mit mir (Gisela) nach Hause. Sicher konnte er sich auch lautstark seiner Haut wehren, aber zu uns war er immer sanft wie ein Lamm. Eine Episode bestätigt das sicher. Kirmes in Ibbenbüren, Siegfried betrunken und regungslos am Boden. Ab ins Krankenhaus, Intensivstation. Er wird wach und hat auf einmal eine Schreckschusspistole in der Hand und hält Krankenschwestern und Ärzte in Schach. Ein Arzt griff zum Telefon: "Klemens du musst sofort kommen". Im Nachhinein haben wir über die Situation oft Tränen gelacht. Klemens hat die Pistole dem Siegfried genommen, dann Siegfried zu Hause ins Bett gesteckt und wie nun weiter? Die Pistole war geladen und entsichert. Also, Klemens hat im Seelsorge-Büro das Ding durchs Fenster abgefeuert und es dann entsorgt. Wir haben nie rausbekommen, wie Siegfried an die Pistole gekommen war. Es war Herbst und Siegfried wurde immer unruhiger. Er verschenkte seinen Wellensittich, sprach immer öfter davon, wieder unterwegs sein zu müssen, es nicht zu schaffen, sesshaft zu sein. Sein kleines Fahrrad war gepackt. Siegfried nahm Abschied und das im November. Still wie er gekommen war, besuchte er uns alle noch ein Mal, kaufte von seinem letzten Geld eine Birkenfeige (Topfpflanze) und stellte diese auf den Tabernakel und fuhr los. Am 19. Dezember 1986 bekam Klemens die Nachricht, dass Siegfried bei einem Schwelbrand im Obdachlosenheim bei Giffhorn erstickt ist. Er oder sein Mitbewohner ist wohl mit der Zigarette eingeschlafen. Zwei Tage später traf die Weihnachtskarte von Siegfried mit Grüßen an uns alle bei Klemens ein. Am 23. Dezember sind wir zu seiner Beerdigung gefahren und haben dort seine Schwester kennen gelernt. Viele von den Berbern nahmen teil. Klemens segnete noch mal den Sarg und wir fuhren wieder nach Hause. Ohne Siegfried hätten wir auch nie dieses Haus (Oststr. 4) kennen gelernt und ganz viele Dinge nie begreifen können. Wir alle haben viel durch Klemens und Siegfried gelernt.
Gisela Franke

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Marlies Brunzema, ev. Pfarrerin "Ist Jesus katholisch oder evangelisch?"

Klemens Niermann , 25 Jahre Berufsschulpfarrer und Religionslehrer an den berufsbildenden Schulen (heute Berufskollegs) des Kreises Steinfurt in Ibbenbüren - Religionslehrer/innen mit ihm unterwegs und gelebte Ökumene - Zwei Wegbeschreibungen Eine evangelische Kollegin 1965 nahm ich meinen Dienst als evangelische Religionslehrerin in den kaufmännischen und gewerblichen Klassen der Berufsbildenden Schulen in Ibbenbüren auf. Religionsunterricht wurde im Kollegium kritisch beäugt, eine "Himmelskomikerin" mehr hieß es. Mit Klemens Niermann als Religionslehrer kam ein "Wirbelwind" an die Schule, der durch seine Persönlichkeit den Rel.- Unterricht im Kollegium aufwertete. Daraufhin wurde der Zusammenhalt unter den kath. und ev. Religionslehrern größer. Wir starteten gemeinsame Aktionen wie z. B. die Einladungen an die kath. und ev. Kirchenleitungen zu dem Thema: "Ist Jesus kath. oder ev.?" Die Kirchenleitungen gaben uns weitgehend freie Hand für neue Formen des Rel. -Unterrichtes. Die Klassen ließen sich nicht mehr so einfach nach Konfessionen trennen; sie wollten durch den Rel.- Unterricht die Gemeinschaft untereinander stärken. Aus den "Resträumen" für den Rel.-Unterricht wurden im neuen Gebäude durch Klemens Niermann Anstöße zwei schöne Fachräume für den Rel.- Unterricht, die zu Vorzeigeräumen für SchülerInnen und die Schulleitung wurden. Die Zuwendung von Klemens Niermann zu einzelnen SchülerInnen und Lehrkräften in persönlichen Situationen wirkte prägend, beeindruckend und ermutigend. Ende der 60-iger Jahre bekam ich die Chance zu einer theologischen Ausbildung.

Auch Klemens Niermann hat mir zu dieser Ausbildung viel Mut zugesprochen und hat mich in diesem Beruf unterstützt. Meine Ordination zur Pfarrerin wurde von den Kollegen beider Konfessionen sehr begrüßt und herzlich mit gefeiert. In der Fachschule für die Erzieherinnen gaben Klemens Niermann und ich gemeinsamen Rel.-Unterricht. Die Schulleitung war darüber nicht erfreut. Wir aber hielten den gemeinsamen Unterricht für die SchülerInnen erforderlich, die ihre Praktika u. U. in einem Kindergarten in anderer konfessioneller Trägerschaft absolvierten und somit die Möglichkeit hatten in diesem Rahmen mehr über die andere Konfession zu erfahren bzw. nachzufragen. K.N. hatte über mehrere Jahre in Klöstern und in der Wüste Meditations-Erfahrungen gesammelt und auch mich damit bekannt gemacht. Es brauchte Zeit, bis ich als Evangelische dazu Zugang gefunden habe. Im Meditationszentrum in Tholey / Saarland haben wir dann gemeinsam mit Fachschulklassen "Meditation mit Kindern" erlebt, diskutiert und über Jahre erprobt. Im Rel.-Unterricht vieler Klassen wurden mit unterschiedlichen Symbolen die Sinne der SchülerInnen immer stärker angesprochen. Klemens Niermann gab den Anstoß zu einem anschaulichen "Bibel erleben" im Unterricht in Form von Symbolen wie z.B. Ikebana, Brot teilen, Steine mit hebräischen Buchstaben "Jahwe" beschreiben, Kerzen ziehen etc.; denn nicht nur durch das Wort allein stieß das Evangelium bei den SchülerInnen auf positive Resonanz. Klemens Humor spielte im Umgang mit allen Menschen eine große Rolle, auch im Hinblick auf seinen Priesterstand. Es ging ihm in seiner Bescheidenheit nicht um Amt und Würden, sondern um das Handeln im Sinne Christi. "Was würde Jesus jetzt an meiner Stelle tun?", diese Frage allein war ausschlaggebend für sein Handeln. Sein Handeln war nicht spektakulär, sondern geschah im Verborgenen für den Menschen. Hierbei hat er sich nicht von Gesetzen oder Vorschriften abschrecken lassen. Er war im Sinne Jesu für alle Menschen da und hat sich für sie eingesetzt ohne Rücksicht auf evtl. persönliche Nachteile. Unter diesem Aspekt ist auch sein ökumenisches Engagement zu sehen für Moslems, für Juden und für unterschiedliche christliche Konfessionen Ich bin Gott dankbar für sein Leben, dass ich eine Wegstrecke als Kollegin mit ihm gehen konnte und für seine vielen Anstöße, den christlichen Glauben in die Tat umzusetzen gemäß seiner Maxime "Was würde Jesus jetzt an meiner Stelle tun?"
Marlies Brunzema, ev. Pfarrerin

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Wolfgang Pohle, Relig.-Lehrer, Krankenhaus-Seelsorger

Klemens Niermann , 25 Jahre Berufsschulpfarrer und Religionslehrer an den berufsbildenden Schulen (heute Berufskollegs) des Kreises Steinfurt in Ibbenbüren - Religionslehrer/innen mit ihm unterwegs und gelebte Ökumene Ein katholischer Kollege
Als wir 1968 in Ibbenbüren heirateten, war es für mich klar, dass mein beruflicher Mittelpunkt Münster bleiben würde. Obwohl wir inzwischen im Hause meiner Schwiegermutter die Wohnung renovierten, konnte ich mir nicht vorstellen, auf Dauer in Ibbenbüren zu wohnen und zu arbeiten. Auch ein Gespräch mit Klemens, das wir beim Tapezieren unseres Wohnzimmers führten, konnte mich für Ibbenbüren nicht begeistern. Doch ich war einem Menschen begegnet, der mit Leib und Seele Religionslehrer war. Es dauerte nicht lange, da stellten wir fest, dass unsere Vorstellungen von Kirche, Gemeinde und Religionsunterricht sich weitgehend deckten. Aber auch auf der zwischenmenschlichen Ebene waren wir schnell miteinander vertraut. War das ein Grund nach Ibbenbüren zu gehen? Was auch immer mich geritten hat, nach drei unruhigen Nächten habe ich sein Angebot angenommen und ging für meine Begriffe "auf's Dorf". Bekannte und Freunde konnten meine Entscheidung nur schlecht nachvollziehen. Damit öffneten sich meinem Lebensweg zwei neue entscheidende Perspektiven. Zunächst ist da die Begegnung mit dem Pfarrer von St. Ludwig, Bernhard Honsel und besonders die Möglichkeit, in dieser Gemeinde mit meiner theologischen Kompetenz mitarbeiten zu können. Diese Gemeinde wurde für mich zur geistlichen Heimat. Dann die Arbeit in den berufsbildenden Schulen des Kreises Tecklenburg. Hier öffneten sich für mich Räume in großer Freiheit neue Wege im Religionsunterricht zu erkunden. Dabei fand ich in Klemens Niermann einen Kollegen, der vor Phantasie sprühte und immer wieder mit verrückten Ideen Bewegung in den Schulalltag brachte. Ein Wort galt für uns beinah uneingeschränkt: Geht nicht, gibt's nicht.

Als ich mich im Juli 2005 aus der Schule verabschiedete, konnte ich sagen, dass die Zeit - es waren immerhin 35 Jahre - gute und schöne Berufsjahre waren. Daran hat Klemens Niermann einen wesentlichen Anteil. Ich kann dafür einfach nur Danke sagen. 25 Jahre seines Berufslebens bis zur Pensionierung war Klemens Niermann Religionslehrer und Berufsschulpfarrer an den beruflichen Schulen des Kreises (Tecklenburg) Steinfurt in Ibbenbüren. Das bedeutete damals 26 Unterrichtsstunden pro Woche nur Religionslehre und zwar sicher in mindestens 18 Klassen. Der Religionsunterricht in der Berufsschule ist zwar in der Verfassung garantiert. Aber was heißt das schon, wenn es um Stundenpläne und andere organisatorische Fragen geht oder gar um eine Freistunde für die Schüler oder eine Springstunde für die Lehrer. Es gibt kein Fach in der Schule, wo der Lehrer sich ständig mit dem Inhalt identifizieren muss, wo er mit seiner Person dafür gerade steht, was er lehrt, wie es im Fach Religionslehre der Fall ist. Aussage eines Schulleiters, der versucht hatte RU zu erteilen, um die Unterrichts-befähigung zu erwerben: Ich habe das aufgegeben, weil es mir zu schwer war. Dieser Anforderung stellte sich Klemens Woche für Woche. In den Jahren von 1967 bis in die Mitte der 70-er Jahre musste der Religionsunterricht politisch gerechtfertigt werden, da von außen seine Berechtigung in der Berufsschule immer wieder in Frage gestellt wurde. Daher wurde immer wieder - auch von der Kirche - betont: Religionsunterricht ist in erster Linie Unterricht. Er wurde scharf von der kirchlichen Katechese abgegrenzt. Für Klemens aber hatten die Bedürfnisse der Jugendlichen, ihre Fragen und Nöte Vorrang vor solchen bildungspolitischen Kategorien. So waren wir uns einig, dass wir Religionslehrer immer Lehrer und zugleich Seelsorger sind. Er brachte in den RU und in die Schule seine Phantasie ein. Die Themen erwuchsen aus den Fragen und Nöten der Schülerinnen und Schüler. Aber Klemens hatte auch eine Botschaft, die Frohe Botschaft Jesu. In Klemens leuchtete die Menschenfreundlichkeit Gottes jedem, dem er begegnete entgegen. Gottesdienst war für viele Jugendliche auch vor vierzig Jahren schon in der Sprache und den Gesten schwer zugänglich. So lud er die Jugendlichen klassenweise ein, im Religionsraum (auch eine Idee von ihm) Eucharistie zu feiern. Sie kamen freiwillig. Im Nachbarraum lief parallel ein Film. Nur wenige nahmen das Filmangebot an. Und am Ende fragten sie: Wann tun wir das wieder? Er begegnete seinen Schülerinnen und Schülern mit großer Offenheit. Sein Gesicht strahlte ihnen entgegen und öffnete ihre Herzen. Viele fassten sehr schnell Vertrauen und konnten im Unterricht sich auf vieles einlassen, so dass sie mit Glaube und Religion überraschende Erfahrungen machen konnten. Der Gottesdienst in der Schule bekam durch Klemens eine neue Qualität. Sprache, Zeichen und Musik, die Klemens einsetzte, waren den Jugendlichen vertraut. Auf Raumgestaltung legte er besonderen Wert. Die Jugendlichen sollten sich wohl fühlen, sich in der Gestaltung des Raumes wieder finden.

So konnte er die Schulleitung der kaufmännischen Schulen überreden, einen Raum, der nicht als Klassenraum geeignet war, ihm als Religionsraum zu überlassen. Als er den Raum dann fertig hatte, wurde er gebeten, doch daran zu denken, dass er in der Schule sei und dass seine Hauptaufgabe der Unterricht wäre. Die Schülerinnen und Schüler haben sehr bald diesen Raum für sich entdeckt und angenommen. Als 1976 der Neubau der gewerblichen Berufsschule geplant und begonnen wurde, hat Klemens mit aller Kraft im Kreisschulausschuss dafür gekämpft, dass zwei Religionsräume eingerichtet wurden. Sie wurden so gestaltet, dass wir Religionslehrer die Möglichkeit hatte, Unterricht im Kreis zu machen, und zwar ohne Tische, Meditationen anzubieten und auch Kaffee zu kochen. Ja, auch das war seine Idee. Als die Schulleitung mit Hinweis auf die Hausordnung das untersagen wollte, hielt er ihr entgegen: "die Schulleitung habe darauf zu achten, dass er ordentlichen Unterricht erteile, über den Inhalte bestimme aber die Kirche. Kaffee sei Inhalt und dafür sei die Kirche zuständig, und diese vertrete er". Dabei strahlte er den Schulleiter an, was diesen sprachlos machte. Mit der Einrichtung dieser beiden Räume bekamen wir die Möglichkeit, jedes Jahr einmal allen Klassen einen Klassengottesdienst anzubieten. Klemens fand immer wieder neue Elemente im sog. Wortgottesdienst, Jugendliche zu beteiligen oder sie betroffen zu machen. Einer schwangeren, nicht verheirateten Schülerin machte er Mut, Maria sei auch nicht verheiratet gewesen. Sie brauche sich nicht zu schämen. Schämen sollten sich die, die über sie redeten und gegen das 8. Gebot verstießen. Dass auf diese Weise hunderte von Jugendlichen Eucharistiefeier neu erlebten und mit solchen Symbolen auch etwas anfangen konnten, ist Klemens zu verdanken. Und sie hatten auch Spaß daran, was zu unerwarteten Reaktionen führte. Eines Nachmittags rief eine besorgte Mutter an: Meine Tochter hat heute morgen bei Ihnen an einer Messe teilgenommen. Sie hat uns voller Begeisterung beim Mittagessen davon erzählt. Da muss doch etwas falsch gewesen sein! Als wir bei einem Gespräch mit Bischof Heinrich Tenhumberg von unseren Erfahrungen erzählten, fragte er kritisch: "Haben denn auch Evangelische an der Kommunion teilgenommen?" Klemens schaute ihn verschmitzt an und meinte: "Heinrich, weißt du, es war ein wenig dunkel. Da konnte ich das nicht so genau sehen." Der Bischof lachte schallend und klopfte ihm auf die Schulter. Da waren ein Seelsorger, der das Notwendige erkannte und tat, und ein Bischof, der den Mensch über die Lehre stellte. Diese Art der Eucharistiefeier wurde in den Klassen an den beiden Berufskollegs in Ibbenbüren bis zu seiner Pensionierung zur Tradition. Die Zeit, in der wir jeder Klasse Gottesdienste anboten, war für ihn besonders belastend. Viele Klassen kannte er nicht. Die anderen Religionslehrerinnen und Religionslehrer bereiteten die Klassen auf den Gottesdienst vor. Er kam fremd in die Klasse, so musste er in kurzer Zeit Kontakt und Beziehungen aufbauen, sonst ist lebendige Eucharistiefeier nicht möglich, da war der ganze Mensch gefordert. Und Klemens brauchte nur wenige Minuten und alle hatten das Gefühl, dass er schon lange dazu gehört. Ein wichtiges Element in seinem Unterricht, was einige von uns übernommen haben, waren die Meditationen. Können Sie sich vorstellen, dass eine Klasse von Maurern zwanzig Minuten mucksmäuschen still ist und einer leisen Musik lauscht? Klemens schaffte es. Und auch diese Schüler fragten, wann wir wieder so etwas machen würden. Er begeisterte die Schüler, aber er riss auch uns Lehrer mit. Eucharistie konnten wir nicht feiern, aber Meditationen und ähnliche Angebote gehörten auch bei uns zum Standard. Er war ein charismatischer Religionslehrer. Im Grunde seines Herzens war er immer Seelsorger. Das konnten alle erfahren, die in Bedrängnis gerieten. Für eine junge engagierte Religionslehrerin hat er persönlich beim Generalvikariat gebürgt, damit sie ihre Stelle nicht verlor. Er lebte in der Botschaft Jesu: Das Gesetz ist für den Menschen da und nicht der Mensch für das Gesetz. Kolleginnen und Kollegen sowie Schülerinnen und Schülern, die an ihrem Leid, das sie erfahren mussten, zu zerbrechen drohten, stand er zur Seite, begleitete sie und tat alles, um sie wieder aufzubauen. Was er hier im Einzelnen getan hat, blieb und bleibt vor der Öffentlichkeit verborgen. Doch die, die es erlebt haben, bezeugen es in ihrem Herzen. Ich möchte meine Erzählung mit einem bunten Bild schließen, so wie auch er nach einer sehr ernsten Ansprache meistens ein aufmunterndes, fröhliches Wort hatte. Mitte der 80-Jahre hatte er die Idee, alle Klassen sollten die Schul-Fenster bemalen oder mit Collagen dekorieren. Es gelang ihm, die Skepsis der Schulleitung zu zerstreuen. Einerseits ließ er nicht locker, andererseits war das Vertrauen des Schulleiters doch groß, dass wir das Projekt starten konnten. Ungefähr 65 Klassen haben dann Fenster thematisch bemalt, Wände mit Collagen geschmückt. Vieles reizte zum Hinschauen, manches zum Nachdenken oder manches war einfach schön. Verrückt werden die einen sagen, für die anderen wurde lebendige Schule auf diese Weise sichtbar. Denn für Klemens bedeutete Schule Lernen mit Herz und Verstand und allen Sinnen.

Wolfgang Pohle

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Wilhelm und Maria Möllenbach - "Immer da"

Meine Erinnerungen
Klemens Niermann war seelsorglich immer und für alle und jeden da, zu jeder Zeit bei Tag und Nacht. Auch wir haben ihn unterstützt durch unentgeltlich ausgeführte Transporte von Waldkirch nach Stettin, diagonal durch Deutschland. Die persönliche Aufopferung wird es seelsorglich nicht mehr geben im Krankenhaus Ibbenbüren. Man sieht es ja jetzt schon am Wegfall der hl.Messe am Sonntag morgen, die immer sehr besucht war. So voll ist bei der Messe am Sonntag morgen keine Messe in Ibbenbüren. Es war nicht nur Krankenhauspersonal zugegen oder auch nur Kranke. Er hat immer auf Luxus verzichtet. Er ist nicht nur in Ibbenbüren bekannt geworden, auch in Polen, besonders Stettin, auch in Minsk, Weißrussland. Er hatte immer ein Gespür dafür, wie er seine Ziele erreichen und durchführen konnte. Die Kapelle kann man ruhig in Klemens-Niermann-Kapelle benennen, ebenso die Roggenkampstr. in Klemens-Niermann-Str. - verdient hat er es ja. Ohne ihn würde die Kapelle ja gar nicht mehr da sein. Er hat sie ja bestehen lassen und drum gekämpft, das sie erhalten und weiterhin benutzt wurde. Wir haben ihn auf einem originalen Bild doppelt bei uns im Hause hängen. Dieses Blatt widmen wir um Gedenken an ihn. Wilhelm und Maria Möllenbach / Dörenthe, Lotsenweg

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Brunhilde Konermann
E
s fehlen Menschenfreunde

Ich habe Klemens Niermann als Berufsschülerin als Religionslehrer in den Jahren 1968-1971 kennen und schätzen gelernt. Seine Freundlichkeit, seine Offenheit sowie sein Mut, zu seiner Überzeugung zu stehen und sich auch vom Bischof keine Vorschriften machen zu lassen, haben mich sehr beeindruckt und mir gezeigt, dass die kath. Kirche auch eine andere Seite haben kann, die ich bis dahin nicht kannte. Klemens hat mich im Frühjahr 2005 zur Kommunionhelferin 'bestellt'. Ich wollte nach der Messe eine Kerze am Altar entzünden. Er schaute mich mit seinem typischen Lächeln an: "Willst du auch Kommunion austeilen?" Ich bin sehr froh, den Kranken die Kommunion bringen zu dürfen. Es gibt mir sehr viel. Den Menschen und der Kirche fehlen Menschenfreunde wie Klemens Niermann.
Brunhilde Konermann

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Karl Heinz Mönninghoff
Du wirst es noch lernen
1963 lag ich nach einem schweren Verkehrsunfall im Elisabeth-Krankenhaus. Dort habe ich Kaplan Klemens Niermann kennengelernt und bei ihm gebeichtet. Während des Beichtgespräches habe ich festgestellt, dass er sich von den mir bekannten Geistlichen sehr unterscheidet. Einige Jahre später habe ich in St. Michael eine besondere Predigt erlebt. "In einer süddeutschen Benediktinerabtei war ein Abt gewählt worden, der - so stand es in den Zeitungen - in jungen Jahren eine Beziehung zu einer Frau hatte." Klemens Niermann sprach über Bekennen und Vergebung und über Menschen, die immer wieder Fehler machen. Dann sagte er: "Wenn wir, Sie und ich, alles voneinander wüssten, voneinander wüssten, ob wir uns dann noch mit der gewohnten Hochachtung begegnen würden?" Aus einem Frauenkloster in Münster-Kinderhaus haben wir Kirchenbänke und Beichtstühle abgeholt und in Ibbenbüren zwischengelagert. Klemens bat mich, die Gegenstände nach Minsk zu befördern. Ich musste aber feststellen, dass auf dem LKW nur für 12 Bänke und nicht für 28 Bänke Platz war. Auf seine Bitte hin plante ich den Transport mit zwei Fahrzeugen. Klemens erklärte, er wolle die Fracht bezahlen. Zwei LKW wurden beladen, die aus dem Kloster stammenden Gegenstände gingen an die Kirchengemeinde St. Simonis et St. Helena in Minsk. Wir traten in Vorlage, Klemens hat später den zweiten Transport mit seinem Weihnachtsgeld bezahlt. 2002 waren wir zusammen in Belarus. Wir wollten einen VW-Bus mit Zollnummer in Belarus einführen. 6 Stunden haben wir mit dem polnischen Zoll wegen der Transiterlaubnis verhandelt. Und 10 Stunden waren nötig, um die Formalitäten an der polnisch-weißrussischen Grenze zu erledigen. Nachts um 2.00 Uhr erreichten wir das Hotel Druschba (das heißt Freundschaft) in Brest und wurden dort noch im Restaurant bewirtet. Während des Essens sagte ich: "Christus hat den Zöllnern verziehen, mir fällt das heute aber sehr schwer." Worauf Klemens sagte: "Du wirst es noch lernen."
Karl-Heinz Mönninghoff

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Reinhard Paul: Er gehörte zu meinem Leben
Begegnungen eines evangelischen Pfarrers mit Klemens Niermann
Klemens gehört von Anfang an bis heute zu meinem Leben. Als ich 1975 meinen Dienst in Ibbenbüren begann, gehörte alsbald zu meinen Aufgaben die Erteilung von Religionsunterricht in der Berufsschule. Und da lernte ich Klemens kennen, unvergesslich der Einstieg. Im Wirrwarr der Klassen war ich im verkehrten Raum gelandet und begann meinen Unterricht. Da öffnete sich die Tür und Klemens stand da. Er war sichtlich erfreut über meine Gegenwart und machte keine Anstalten, mich aus der Klasse zu bugsieren. Vielmehr rief er lachend in die Klasse: "War Jesus evangelisch oder katholisch?" Damit hatte er die Brücke geschlagen, die uns bis heute verbunden hat. Es ist die gelebte Jesus-Nachfolge, die sein Leben bestimmt hat. So hat er sein Haus allen geöffnet, die in Not waren und ein Dach über dem Kopf brauchten. Viele von den Obdachlosen waren auch mir vertraut und zu manchem habe ich bis heute Kontakt. Einer von ihnen ist Peter. Immer wieder ist er bei Klemens eingekehrt, und dann hat Peter mir eines Tages erzählt, wie er mit Klemens zusammen in Münster war. Klemens hatte gerade vom Bischof 20.000,- DM für die rote Kirche in Minsk erhalten. Für weitere Besorgungen wollte er das Geld nicht bei sich behalten. Also hat er es Peter in die Hand gedrückt und gesagt hat: "Du, halt mal!" Dieses Vertrauen hat Peter tief beeindruckt. " Ich hätte mit dem Geld abhauen können, aber ich habe es nicht getan. Ein solches Vertrauen konnte ich ja nicht enttäuschen!" So ist Peter, wenn er denn bei Klemens war, zu seinem Mitarbeiter und auch zu einem Helfer in seinen Gottesdiensten geworden. Für mich gab es unendlich viele Gelegenheiten im ökumenischen Miteinander, wo wir uns achten und schätzen gelernt haben und wo ein Stück Freundschaft gewachsen ist. Und dabei sind wir auch auf eine überraschende Spur gestoßen. Als ich im September 2006 als Wanderer und Pilger den Athos in Nordostgriechenland besucht habe und am Ende beim Mönch Panteleimon landete, da wurde diese Spur lebendig. Panteleimon ist aus einer einflussreichen Berufslaufbahn in Deutschland ausgestiegen und lebt in einem Kellion (kleines Haus im Klausurbereich des Klosters, in dem ein Ordensmann oder eine Ordensfrau lebt) des Klosters Chiliandar an der Westküste des Athos. Da ist Klemens zur Feier seines 75. Geburtstags gelandet. Es war die gelebte Jesus-Nachfolge, die Panteleimon und Klemens trotz aller Unterschiedlichkeit von Anfang an miteinander verbunden hat. Als ich von Panteleimon den diesjährigen Weihnachtsrundbrief erhielt und darauf antwortete, habe ich erzählt, dass Klemens schwer erkrankt sei. Bald darauf rief Panteleimon bei mir an und erkundigte sich nach Klemens, trug mir Grüße auf sagte mir, dass Klemens in der täglichen Fürbitte seiner Gottesdienste seinen festen Platz habe. Und wenig später erhielt ich dann noch eine Karte, auf der Panteleimon unter anderem schreibt: "Die Krankheit von Klemens berührt mich sehr - Gott prüft ihn noch einmal und läutert ihn - gebe Er, dass unser lieber Freund und Bruder wenig leiden muss und bald am himmlischen Altar seinen Priesterdienst tun darf." An dem Morgen, an dem ich Klemens diese Grüße überbracht habe, war er erstaunlich aufnahmebereit. Sprechen war so gut wie gar nicht möglich. Als ich ihm diese Worte vorgelesen hatte, lachte er und gleichzeitig kamen uns beiden die Tränen. Und so haben wir dann auch bewusst voneinander Abschied genommen. Dabei habe ich die Geschichte gelesen, in der Jesus seinen Jüngern im Sturm auf dem Meer begegnet. Und so habe ich ihm diese Zusage des Auferstandenen sagen dürfen, die uns als christliche Gemeinde über alle Grenzen hinweg miteinander verbindet: Seid getrost, ich bin's, fürchtet euch nicht! ( Mt 14,27) Als ich dann im Interview aus dem Jahre 1996 las, wie Klemens sein Leben mit genau dieser Zusage verbunden wusste, da dachte ich: Die Übereinstimmung ist oft genug weitreichender, als wir es wissen. Die Gemeinschaft des gekreuzigten und auferstandenen Christus am Tisch des Herrn gemeinsam zu feiern war für ihn kein Problem, auch wenn er sagt, er sei "brutal katholisch". Ansprache in der Beerdigungsmesse: Ich sehe uns in dieser Stunde in der einen Gefahr, dass wir Klemens in den Himmel erheben, während er bei den Ärmsten der Armen, den Geschundenen, den Entrechteten, den Bestraften auf dieser Erde sein wollte. So bin ich ihm begegnet in gemeinsamen Gottesdiensten z. B. mit Behinderten in den Wohnbereichen der Ledder Werkstätten im Waldfrieden. Im Dialog haben wir das sog. "Gleichnis vom verlorenen Sohn" gestaltet: Er, der rebellische Sohn, dem es in dem Haus des Vaters zu eng wird und der auf den Straßen der Menschen unterwegs ist. Ich, der Jüngere in der Gestalt des gütigen Vaters, der wartet und hofft, dass dieser Rebell bei ihm einkehrt. So haben wir das Leben gespielt. Gottes suchende Liebe darf zu einer Arche und zu einer Zuflucht für alle Menschen werden. Und so haben wir gemeinsam Gottes Nähe gefeiert in der Gestalt des Christus, der in seiner grenzenlosen Liebe das Leben mit uns teilt. Klemens hat sich gefreut an meiner lieben Frau und besonders, wenn er ihre Lebendigkeit mit Worten herausfordern konnte. So sehe ich ihn, wie er viele Fährten gegangen ist, manchmal abenteuerlich und einsam, der Eremit, der in der Stille mit Gott allein ist. So sehe ich ihn, wie er in dem Mönch Pantheleimon auf dem Athos einen Freund und Bruder entdeckt hat, als er zu seinem 75. Geburtstag bei ihm einkehrte. Als auch ich im September des letzten Jahres Gast bei Panteleimon sein durfte, haben wir von Klemens erzählt. Seit Weihnachten wusste Panteleimon von der schweren Krankheit und hat wie ein Freund und Bruder für ihn gebetet und mit ihm gelitten. Und so schrieb er mir: "Die Krankheit von Klemens berührt mich sehr - Gott prüft ihn noch einmal und läutert ihn - gebe ER, dass unser lieber Freund und Bruder wenig leiden muss und bald am himmlischen Altar seinen Priesterdienst tun darf. Herzlich Grüße an Dich, Deine Frau, Klemens und auch an die Schwester, die ihn pflegt". Und ich selbst treffe auf Klemens, wie er sterbenskrank auf Gottes Erbarmen hofft. Ich will ihm etwas sagen, ein gutes Wort, das ihm hilft. Ich berühre seine Hand. Da öffnet er die Augen und lacht mich an. Er sagt nur ein Wort: "Reinhard". Ich denke, so ist Gott, mit Jesus hat er ein menschliches Gesicht bekommen. ER sieht mich an. Jeden und jede von uns. Und er sagt uns: "Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind!" Ich darf es glauben: Ich bin angesehen. Das ist der unverlierbare Wert meines Lebens.
Reinhard Paul, Pastor

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Günter Benning
In guter Hoffnung mit dem Tod

Ich bin sehr traurig, dass er gestorben ist, aber ich habe noch keinen Menschen gekannt, der so in guter Hoffnung mit dem Tod gelebt hat. Wenn es einen Gott gibt, ist er jetzt sicher bei ihm gut aufgehoben.
Günter Benning

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H. Althaus:
Ein Engel Ein Engel zieht in den Himmel ein.
Hans Althaus


Martha Franken
Wie würde Jesus entscheiden Er war ja bei meinem Mann am Todestag und hat ihm die Krankensalbung gespendet, und abends kam er und wollte die Nachtwache übernehmen, aber dazu kam es nicht mehr, Anton starb in dem Moment, wo ich das Zimmer kurz verlassen habe. Die beiden kannten sich gut, weil sie ja mehrmals zusammen nach Minsk gefahren sind, sie waren gut befreundet. Er war für mich ein Vorbild als Christ und als Mensch, seinen Ausspruch habe ich nie vergessen, als er sagte, bei allen Entscheidungen frage er sich, "wie würde Jesus entscheiden" und so hat er auch gehandelt.
Martha Franken


Agnes Pergovacz
Ein außergewöhnlicher Mensch
Auf jeden Fall kann man ihn als einen außergewöhnlichen Menschen bezeichnen - unkonventionell, tolerant, liebenswürdig und immer gut gelaunt.
Agnes-Elisabeth Pergovacz,

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Anne Wilksen
Jedem Menschen seine persönliche Würde

Meine Erinnerungen an Klemens Was ihn für mich vor allem auszeichnete, war, dass er jedem Menschen seine persönliche Würde ließ, auch und besonders den Mühseligen und Beladenen. Meine beste Freundin war eine ungarische Jüdin, die nach ihrer Flucht 1958 in Paris lebte. Sie war, unter der Bedingung, dass sie katholisch wurde, von Nonnen vor den Pfeilkreuzlern gerettet worden. Sie hatte wenig Geld und verwaltete das Werk ihres verstorbenen Mannes, der ein schon renommierter Maler gewesen war. Klemens, der sich bekanntlich zum Jüdischen hingezogen fühlte, hat Suzanne bei mir getroffen. Er entpuppte sich plötzlich als begeisterter Kunstliebhaber und kaufte ihr ein ziemlich teures Bild ab. Er bezahlte es ihr und meinte, er werde es später abholen. Das hat er natürlich "vergessen"! Suzanne bewohnte eine Zeitlang ein kleines Haus in Burgund. Während meines Aufenthalts dort tauchte eines Tages Klemens mit Zelt und Rucksack auf. Am Abend saßen wir drei am Holztisch in der Küche zum Abendessen. Wir aßen schweigend. Es war wie bei den Emmaus-Jüngern. Nach einer Weile nahm Klemens das Brot und sprach die Abendmahlsworte, Es war eine ganz dichte Stunde, die ich nie vergessen werde. Als Suzanne sterben musste, ist Klemens mit mir nach Paris gefahren und hat sie noch eine kurze Zeit im Hospital begleitet. Sie wurde dann nach jüdischem Ritus beigesetzt. Nachdem der Rabbiner den Kaddisch gesungen hatte, ging Klemens zum Grab und sprach noch einen Segen.
Anne Wilksen

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Frau Himstedt und H. J. Himstedt:
Der liebe Gott hat alles bezahlt Klemens besaß ein liturgisches Buch aus den Niederlanden mit ansprechenden, modernen Texten. Es war für ihn ein sehr wichtiges Buch und er benutzte es jeden Sonntag. Da wir mit unserer Familie oft vorne saßen - früher wegen der Kinder, heute wegen der Beinfreiheit - konnte ich dieses Buch gut sehen. Es war rot und wurde schließlich im Laufe der Jahre mit verschiedenem farbigem Isolierband zusammen-gehalten. Wenn er es öffnete, drohte sich jedes Mal der Einband vom Inhalt zu trennen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann es ganz auseinanderfallen würde. Heimlich nahm ich Maß und nähte aus hellem Leinenstoff einen Buchumschlag. Auf die Vorderseite stickte ich einen Fisch. Noch ein paar Goldfäden und fertig. Am folgenden Sonntag stahlen wir das Buch. Mein Mann ließ es einfach in der Innentasche seiner Jacke verschwinden. Kaum zu Hause angekommen ging das Telefon. Klemens "Ich vermisse mein Buch. Habt ihr es vielleicht?" Zum Glück war unser Sohn Matthias am Telefon und wir hörten ihn sagen: "Was sollen wir denn mit Deinem Buch?" Wir leimten, pressten klebten und verstärkten den Umschlag. Zum Schluss kam die neue Buchhülle. Die Ecken mussten noch per Hand genäht werden. "Fertig". Heimlich legen wir es noch am selben Nachmittag auf seinen Schreibtisch. Es dauerte nicht lange, da ging das Telefon. "Wusste ich es doch", lachte er, "das konntet nur ihr gewesen sein." So ca. 2 Jahre später zeigte er mir sein Buch. Schau mal wie das aussieht. Ich habe immer so schwitzige Hände. Kannst du mir das noch mal neu machen? Diesmal wurde der Umschlag dunkelgrün Aber wieder kam vorn ein Fisch darauf und seine Initialen K.N. Einfach so passiert… In einem Gespräch erzählte Klemens uns beiläufig. "Ich habe in meinem ganzen Leben nie eine eigene Stola gehabt. Und einen eigenen Kelch auch nicht." Uns gingen seine Worte einfach nicht aus dem Sinn und wir besorgten uns einen Katalog mit liturgischen Gewändern. Wir staunten über die mit Gold gewebten Stolen und über die Preise. Nein, das war nichts für Klemens. Ich beschloss selbst eine zu nähen. Pastor Mombauer lieh mir eine Stola und ich fertigte einen Schnitt. 400 kleine Stoffquadrate ergaben auf der einen Seite ineinander-greifende Kreuze. Als Pastor Lammers sie einmal trug, meinte er, das sei endlich mal eine Stola für alle Feiertage, da fast alle Farben enthalten waren. Da ich nicht wusste wo und wie lang die Kordel vorn sein musste, fuhr ich noch mal zu Pastor Mombauer. Er legte sie um und bemerkte, dass sie auch ihm sehr gut stehen würde. Mein Mann hatte in den vergangenen Wochen oft am Computer gesessen und bei Ebay einen kleinen schlichten Kelch ersteigert. Ein Goldschmied hatte ihn noch mal schön aufpoliert. Beides verpackten wir sorgfältig und legten es auf seinen Wohnzimmertisch. Morgen würde er aus dem Urlaub zurückkommen und dann war Sonntag. Klemens kam aus der Sakristei und trug seine eigene Stola. Als er uns sah, zwinkerte er uns zu und strahlt. Auf dem Altar stand sein eigener Kelch. Wenige Wochen später: Als wir in die Kapelle kamen sagte Schw. Michaela: "Klemens muss dir was beichten." Nach dem Gottesdienst nahm mich Klemens zur Seite und sagte: "Ich habe meine Stola verschenkt. Es ist einfach so passiert." Ich konnte nichts sagen; ich war zu sehr damit beschäftigt meine Zähne zusammenzubeißen. Am Nachmittag kam Klemens vorbei mit einer Schachtel russischer Pralinen. Er wollte mir alles genau erklären. "Ich war doch zu diesem Priesterjubiläum in Minsk. Schon in der Sakristei erregte ich mit der Stola Aufmerksamkeit. Im Gottesdienst merkte ich, dass alle anderen ein Geschenk mitgebracht hatten. Ich hatte gar nicht daran gedacht. Bei der Wandlung hatte ich plötzlich die Idee. Ich nahm meine Stola und legte sie dem Jubilar um den Hals. Das ist einfach so passiert." "Weißt du", sagte er weiter, "Sie war mir ja auch eigentlich ein bisschen zu groß und zu schwer. Kannst du mir nicht eine neue machen, so wie die alte grüne?" Ich nähte eine neue, auf der einen Seite rote Feuerzungen in verschiedenen Rottönen. Auf der anderen Seite Land und Berge, darüber eine rote Sonne. Er trug sie fast jeden Sonntag, blinzelte uns zu und lächelte. PS: Russische Pralinen sind schrecklich süß und schmecken scheußlich. Himmlische Mahlzeit Es war Ostern. Nach dem Gottesdienst herrschte eine fröhliche Frühlings-Auferstehungsstimmung. "Und was macht ihr heute?", fragte Klemens meinen Mann. "Wir gehen heute mal mit der ganzen Familie essen." -"Wo denn?", wollte er wissen. Im "Fabula" in Tecklenburg..." "Ja, das kenne ich.", meinte er. Da wir sehr selten Essen gehen, genossen wir es so richtig, in dem österlichen Ambiente bedient und verwöhnt zu werden. Irgendwann stand mein Mann auf, um an der Theke zu bezahlen. Unser ältester Sohn folgte ihm. Wenigen Minuten später kamen zwei völlig verstörte Männer zurück. "Es ist alles bezahlt." stammelten sie. "Jetzt ganz langsam, was ist los?, fragten wir. Die Kellnerin hatte ihnen gesagt: "Ich soll Ihnen ausrichten - Der liebe Gott hat alles bezahlt."
Hans Jürgen Himstedt

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Ulrich Beck (eh. Rektor Bosco-Schule,
Gründer und Leiter Bezirksseminar, Fasanenhege 8) Seit 1963:
Pfarrer Clemens Niermann, ein treuer Freund unserer Familie
Allerheiligen 2006. Unsere beiden ältesten Töchter und ich hatten Clemens zum Kaffee ins Cafe des Bodelschwigh-Krankenhauses eingeladen. Zum ersten Mal, soweit ich mich erinnere, sprach Clemens völlig ungewohnt von sich selbst. Er spüre, wie er jetzt doch alt würde und seine Kräfte mehr und mehr merklich nachließen. Bei meinem letzten Aufenthalt im Krankenhaus Mitte November blieb Clemens - was auffällig war - wohl über eine Stunde bei mir. Es sollte wohl das Abschiedsgespräch werden. Er sprach weit ausholend von den mehr als 40 Jahren der Freundschaft zwischen unserer Familie und ihm. Er wusste noch von vielen gemeinsamen Unternehmungen und Erlebnissen, die ich längst vergessen hatte. Unsere Verbundenheit hatte im Frühjahr 1963 begonnen. Er suchte damals Mitstreiter zur Vorbereitung und Durchführung eines Theologischen Seminars. Pfarrer Wessels hatte ihn zu uns geschickt. Wir wohnten damals in der Schulstrasse. So hatte er vor unserer Tür gestanden und war als "Fremdling" gleich sehr herzlich aufgenommen worden. In einer kleinen Gruppe machten wir uns an die Arbeit, das Seminar insgesamt und die einzelnen Abende inhaltlich mit jeweils einer Einführung, einer Gruppenarbeit (was neu war) und Zusammenfassung vorzubereiten. Im Wechsel hätten er und ich uns in der Leitung der Abende - es wären meist mehr als 200 (!) Teilnehmer - abgewechselt. Es war die Zeit des Konzils. Wir schöpften "moderne Theologie" aus den "Kathechetischen Blättern" und Anregungen aus dem "Holländischen Katechismus". An einem Abend, als Clemens die Leitung innehatte, hatten sich Bischof Höffner und sein Kaplan (heute Bischof Lettmann) in Zivil inkognito unter die Teilnehmer gemischt. Der Vorschlag, Theologische Seminare im Bistum abzuhalten, war von Bischof Höffner ausgegangen. Nun wollte er wohl vor Ort sehen, wie das so liefe. Auch in seiner langen Zeit als Berufsschulpfarrer erinnere er sich nicht nur an unsere wiederholten theologischen und pädagogischen Gespräche, sondern auch an seine Besuche, etwa bei unseren Familienfesten. Als meine Frau in den 70er Jahren schwer erkrankte, hat Clemens uns in besonderer Weise beigestanden, so hat er uns damals mit seinem Auto - weil große Eile erforderlich war - in rasender Fahrt, auch mal bei Rot über die Kreuzung - ins Krankenhaus nach Telgte gefahren. Auch in den so schwierigen Jahren nach dem schweren Schlaganfall meiner Frau Elisabeth im März 2002 gab Clemens uns nicht nur seelsorglichen Beistand. Gleich nach ihrem unerwarteten Tod im Juni 2006 hat er Elisabeth in ihrem Sterbebett von der Station in die Kapelle des Bodelschwigh-Krankenhauses geschoben und mit uns lange Stunden hindurch betend von ihr Abschied genommen. Während meiner wiederholten Krankenhaus-aufenthalte besuchte Clemens mich meist täglich und verstand es, mir immer wieder Mut zu machen. Wir sind dankbar dafür, dass wir so viele Jahre hindurch einen solchen Freund an unserer Seite hatten! Ich glaube fest daran, er ist uns, von dort, wo er jetzt lebt, weiter hilfreich verbunden.
Ulrich Beck und Familie

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Fritz Scholmeyer
Eine Erinnerung an Klemens Niermann möchte ich beisteuern.
Ein geistlicher Freund
Ein geistlicher Freund Ich betreue die ökumenischen Zwölfminuten-Andachten. Das heißt für jeden Freitag zu 18 Uhr jemanden finden, die oder der bereit ist, sich einen für die jeweilige Zeit des Kirchenjahres geeigneten Text zu suchen und zu ihm passende Gebete und Lieder. Da ist zwar ein größerer Kreis von Damen und Herren grundsätzlich bereit, dies zu tun. Aber im Einzelfall haben die Mitarbeiter doch die eine oder andere Aufgabe, die es nicht zuläßt, die Andacht zu übernehmen. So gerät man immer wieder einmal in die Schwierigkeit, daß der betreffende Freitag näher rückt und man immer noch keine Person für die Andacht gefunden hat. Es war mir dann immer eine große Hilfe, daß ich einen kannte, der immer bereit war einzuspringen. Griff ich zum Telephon und wählte seine Festnetz- oder Handynummer - es konnte sein, daß er gerade in Bayern Urlaub machte - er war immer bereit, eine Zwölfminuten-Andacht zu übernehmen. Denn die Ökumene war ihm ein Herzensanliegen. Voller Dankbarkeit werde ich, so lange ich noch lebe, an diesen geistlichen Freund denken.
Fritz Scholmeyer

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Peter Hole
Klemens - ein Genießer Jeder, der Klemens Niermann kannte weiß, er lebte bescheiden. Das heißt nicht, dass er allen weltlichen Freuden abhold war. So weiß ich, er hat durchaus gerne gut gegessen. Ich erinnere mich nicht mehr, wie es dazu kam, dass er, Michaela und Anne Wilksen, manchmal auch Cesare und Gisela meine Gäste waren. Fest steht, wenn ich in den letzten zehn Jahren Klemens zufällig in der Stadt traf und wir einen kurzen Plausch hielten, flocht er ganz nebenbei folgenden Satz ein: "Du Luther-Bock könntest uns auch mal wieder zum Essen einladen". Eine Beleidigung? Keineswegs, ich kannte ja Klemens. Mit Freude ging ich daran, einen Gourmet zu bekochen. Seine leuchtenden Augen, das Schnalzen der Zunge, das genüssliche Verzehren eines Filets waren für einen Hobbykoch hohes Lob. Ein Schleckermaul war er obendrein. Bei Crêpe Suzette oder beim Mahlberger Schlosskuchen war ihm sein Cholesterinspiegel ziemlich egal. Gutes Essen führt oft auch zu guten Gesprächen. Sie mit Klemens zu führen war leicht, er erzählte gerne aus seinem abwechslungsreichen Leben und überraschte immer wieder mit seinem historischen und theologischen Wissen. So war jeder Abend mit ihm ein Geben und Nehmen. Dankbar und mit Freude denke ich daran zurück, gleichzeitig trauernd, dass der "Till Gottes" nicht mehr zum Gastmahl beim "Luther-Bock" kommen kann.
Peter Hole

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H.-J. Attermeyer:
Allein durch die Welt Hier zwei kleine Geschichten von und mit Klemens: Als er mich fragte, ob ich Lust hätte, im Krankenhaus die Kommunion auszuteilen und meine Frage war, darf ich das überhaupt, war seine Antwort: "Ich habe hier das Sagen und wenn ich es dir erlaube, darf keiner was dagegen sagen, ich bin hier der Hausherr". Nach der Geburt von Daniel traf ich Klemens in der Kapelle. Als ich ihm davon erzählte, sagte er zu einem Mithörer: "Der hat nun schon drei Kinder und ich tapere noch immer alleine durch die Welt, das ist nicht gerecht".
Hermann-Josef Attermeyer

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Traueranzeige - Pfr. Klemens NIERMANN

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Traueranzeige von - Agnes Niermann  
Pfarrer Klemens Niermann * 30. März 1928 f 16. März 1957 t 6. Februar 2007 1 Statt Karten Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand etwas wegnimmt, verlang es nicht zurück. Lukas 6, 30 Dieses Schriftwort bestimmte sein Handeln. Auf Erden schloss sich vor sechs Wochen der Lebenskreis unseres lieben Bruders. Er lebt weiter in Gott. Wir können sicher sein, dass Klemens sich über die großzügigen Geldspenden für die Armenküche in Minsk/Weißrussland freut. Für alle Zeichen der Anteilnahme danken wir ganz herzlich. Wir laden freundlich ein zum Sechswochenseelenamt. Es wird am Sonntag, dem 25. März 2007, um 11.00 Uhr in der Sankt-Mauritius-Kirche in Ibbenbüren gefeiert. Für die Angehörigen Agnes Niermann Ibbenbüren, im März 2007



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EIN BISSCHEN MEHR KLEMENS

Heldenhaftes Leben von Pastor Klemens Niermann,
Ibbenbüren Werner Heukamp Hrsg.
Druck, IVD GmbH & Co. Kg
Ibbenbüren 2009
48 Seiten

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Ein bisschen mehr Klemens
Heldenhaftes Leben von Pastor Klemens Niermann
Von Pastor Werner Heukamp

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Auszug aus dem Buch ...

Einführung Werner Heukamp

22 Schüler und Schülerinnen der Klasse 7b der Schule am Aasee in lbbenbüren nahmen im Sommer 2009 an einem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teil. Sie gewannen dabei einen Preis von 250 Euro. Das Thema dieses Wettbewerbes lautete: "Helden, verehrt, verkannt und vergessen". Die Schüler und Schülerinnen entschieden sich für Klemens Niermann. Sie erkannten besonders seine Fluchthilfe für die Verlobte von Einar Schleef aus der DDR als eine Heldentat, weil er dafür ins Gefängnis kam. Heldenhaft fanden sie auch die Hilfe beim Bau der Moschee für die Muslime in lbbenbüren, die er gegen großen Widerstand ermöglichte. "Ein Held hat Hoffnung, er hilft anderen Menschen", so formulierten die Jugendlichen der Aaseeschule. Das ungewöhnlich starke Interesse, mit dem sich die Schüler und Schülerinnen auseinandersetzten, war für mich ein Anlass, dieses kleine Buch über Klemens Niermann mit seinem heroischen Einsatz für viele Menschen herauszugeben. Klemens Niermann wurde mit mir am 16. 03. 1957 in Münster zum Priester geweiht. Viele Jahre hindurch war ich sein Weggefährte. Bei meinem Krankenhaus-aufenthalt in lbbenbüren hat er mir aus seiner Jugend viel erzählt, Klemens war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, verfügte über ein starkes Durchsetzungsvermögen, verbunden mit einer großartigen Liebenswürdigkeit und köstlichem Humor. Sehr geholfen hat mir bei der Erstellung des Buches ein Gespräch von Klemens Niermann mit Pastor Martin Weber, das ein Tonband aufzeichnete und das später in einem Heft als Druck erschien. Dieses sehr lange Gespräch war für mich eine Fundgrube, waren es doch die eigenen Worte, die Klemens uns als Vermächtnis anvertraute. Aus der Jugendzeit und auch von den Priesterjahren erzählte mir die ältere Schwester von Klemens, die Pastoralreferentin a. D. Agnes Niermann. Klemens Niermann hat mir persönlich auch viele kleine Dienste erwiesen. So ist dieses Buch zugleich ein "Dankeschön" für seinen Dienst und die Hilfe für viele Menschen. "Ein bisschen mehr Klemens!" Mit diesem Wort brachte Pastor Martin Weber beim Begräbnis von Klemens Niermann unsere Aufgabe für das Erbe von Klemens auf den Punkt. Jeder von uns möchte einen Strahl von dem reichen Leben von Klemens Niermann in sich aufleuchten lassen. So würde die Arbeit von Klemens, geschultert auf viele Jugendliche und Erwachsene, fortgesetzt. Werner Heukamp

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1. DAS ELTERNHAUS
Klemens Niermann wurde am 30. März 1928 in Schermbeck geboren. Schermbeck ist ein Dorf im Grenzbereich zwischen Westfalen, Rheinland und Ruhrgebiet. Seine Eltern stammten von Bauern und sprachen, wie das damals üblich war, mit den Kindern Plattdeutsch. Hochdeutsch war ihre erste Fremdsprache. Seine Eltern bauten vor der Hochzeit ein Eigenheim, das später wegen der vielen Kinder erweitert wurde. Hier wuchs Klemens mit 13 Geschwistern auf. Das vierte Kind war ein Mädchen, Agnes Niermann (geb. 1926). Sie sorgte mit der Mutter für die jüngeren Geschwister, konnte gut nähen. Vater Niermann pachtete einige Ländereien und hielt darauf zwei Kühe, Schweine und Kleinvieh. Dadurch versorgte er in der schweren Kriegs- und Nachkriegszeit die große Familie, sonst hätten sie hungern müssen. Klemens Niermann war das fünfte von 14 Kindern. Niermanns gehörten in dem Dorf zu den armen Familien. Bei der Primiz sagte ein reicher Bauer aus Schermbeck: "Klemens is van lütke Lüe, man he wätt doch Pastor." Wer hat Klemens in seiner Kindheit und Jugend besonders geprägt? Es waren seine Eltern und der Heimatkaplan. Sein Vater war ein außergewöhnlich religiöser Mann, Beamter der Reichsbahn und beschäftigt am Stellwerk.

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-Über den Bahnhof Schermbeck fuhren viele Militärzüge. Als Soldat wurde Vater Niermann nicht eingezogen, da Väter mit mehr als neun Kindern zum Militärdienst nicht einberufen wurden. Der Posten als Weichensteller war sehr verantwortungsvoll, ließ aber in den Wartezeiten Gelegenheit zum Lesen. Seine Lektüre war das Alte und Neue Testament und die Visionen der seligen Schwester Katharina Emmerik. Auch betete er täglich dort auf dem Stellwerk den Rosenkranz. Dass ein katholischer Mann sich so stark mit der Bibel beschäftigte, hatte Seltenheitswert. Klemens sprach mit Hochachtung von der Religiosität seines Vaters und nannte ihn einen Mystiker. Dieser Ausspruch erinnert mich an ein Wort des großen Theologen Karl Rahner. Von ihm stammt das prophetische Wort: "In der heutigen Zeit ist der Christ ein Mystiker oder er ist gar kein Christ." Damit wollte er sagen, wer heute nicht aus ganz persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen im Umgang mit Gott lebt, wird den Glauben über kurz oder lang verlieren. So ist der Vater Niermann auch für uns ein großes Vorbild. Zu Hause übernahm er das Amt des Vorbeters. Er fühlte sich als Priester seiner Eamilie. Nur in seiner Abwesenheit betete die Mutter vor. Die Kinder wurden dafür nie herangezogen. Auch als Klemens Diakon war, ermunterte Vater Niermann seinen Sohn nicht, auch mal vorzubeten. Dass Eltern die eigentlichen Vorbeter in der Familie sind, ist sicher richtig. Wenn nur Kinder zu Hause beten, meinen die Kinder später leicht, das Beten sei eine Kindersache und stellen es als Erwachsene ein. Andererseits ist es aber auch wohl sinnvoll, bei besonderen Gelegenheiten, zum Beispiel beim Namenstag, dass Kinder auch vorbeten. Sie müssen es ja auch lernen! In der Familie Niermann wurde mit dem Vater jeden Abend gemeinsam ein Abendgebet gesprochen. Es dauerte bisweilen auch eine Viertelstunde. Dabei knieten alle vor einem Stuhl, was den Kindern nicht immer leicht fiel. Die bei Klemens stark ausgeprägte Religiosität, man darf wohl sagen, dass er in dem oben genannten Sinn ein Mystiker war, verdankte er seinem Vater.
 
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Vater Niermann hat es seinem Sohn sicher leicht gemacht, das "Vaterunser" zu beten. Bei der Anrufung von Gottvater stand wohl immer, bewusst oder unbewusst, das Antlitz des Vaters vor ihm. Ähnliches berichtete auch die hl. Theresia vom Kinde Jesu. Der Glaube des jungen Klemens wurde schwer belastet durch den Tod von drei seiner Geschwister, die infolge eines Unglücksfalles starben. Es war Bruder Johannes, der mit 16 Jahren bei einem Ernteeinsatz bei Verwandten verunglückte, Bruder Hugo, fünf Jahre alt, der bei winterlichem Wetter einen Schafhirten begleitete, der mit etwa 200 Schafen das Dorf Schermbeck durchquerte. In der Nähe eines Baches glitt er die Löschung herunter und fiel in das eiskalte Wasser. In seiner Begeisterung für die Schafe begleitete er dennoch eine Zeit lang die Herde. Als er abends zu Hause ankam, fieberte er und starb an den Folgen der Unterkühlung seines Körpers. Sein Schwesterchen Mathilde verunglückte mit zwei Jahren. Es saß in der Nähe des Herdes auf einem Stuhl und riss den Topf zu sich heran. Dabei ergoss sich der kochende Inhalt auf den Körper des Mädchens. Es starb an den Eolgen einer zu großen Verbrennung. Bei diesen Unglücksfällen fragte sich Klemens, wo war denn Gott, konnte der Schutzengel nicht verhindern, dass sie starben? Da war es wieder der bibelkundige Vater, der Klemens auf Christus wies, in dessen Leben es auch, besonders bei seinem Sterben, viel Dunkel gab. Aber Jesu letztes Wort war nicht "Warum hast du mich verlassen?", sondern: "Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Leib". Der Glaube an den Vatergott blieb unerschütterlich. Von seiner Mutter übernahm Klemens seine zweite Charaktereigenschaft, eine außergewöhnlich starke Nächstenliebe zu Menschen in Not. So gab Mutter Niermann Gefangenen, die in ihrer Nachbarschaft arbeiteten und wenig zu essen erhielten, immer wieder heimlich Lebensmittel. Eine große Liebe zeigte sie auch zu den Nachbarskindern, die gern zu Niermanns kamen.
 
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War sie hochschwanger, und das kam ja nicht selten vor, konnte sie weniger arbeiten. Dann setzte sie sich gern auf den Stuhl in der Küche und um sie herum waren die Kinder und sangen Lieder zur Gitarre. Das Gitarrenspiel hatten einige ihrer Kinder von dem Dorflehrer gelernt. Dieser erhielt dann im Winter bei jeder Schweineschlachtung auch seinen Anteil. Gewiss brauchte die große Familie auch selbst viel. Aber der Lehrer, der in der Kriegs- und Nachkriegszeit für sein Geld wenig kaufen konnte, erhielt auch immer eine Wurst und Speck. Mutter Niermann war der ruhende Pol im Haus. Trotz Armut verbreitete sie in der Familie Frohsinn und Gottvertrauen. Eine dritte Charaktereigenschaft, die sich schon in seiner Jugend zeigte, war das Heldenhafte. Das hatte er von dem Kaplan der Pfarrei gelernt. Dieser baute trotz Verbot der Nationalistischen Partei, die Jugendarbeit weiter aus. Mit dem Kaplan arbeitete Klemens viel zusammen. So übernahm er auch eine Jugendgruppe, die unter dem Kirchturm tagte. Das war sehr gefährlich, wenn er im Dorfe angezeigt würde, kämen er und der Kaplan sehr wahrscheinlich ins KZ. Klemens und der Kaplan unternahmen vieles gemeinsam in der Jugendarbeit. Die Freude und Begeisterung, die dieser junge Priester in seiner Arbeit ausstrahlte, muss bei Klemens wohl einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben, so dass in ihm der Wunsch reifte, auch einmal diesen Beruf zu wählen. In der Volksschule in Schermbeck wird Klemens wohl gut gelernt haben, denn sein Lehrer empfahl ihn für das Gymnasium in Dorsten. Dorthin ging er sieben Jahre mit einer Unterbrechung am Ende des Zweiten Weltkrieges durch seinen Militäreinsatz. Der Schulweg war sehr beschwerlich. Die Entfernung betrug vom Elternhaus ca. 10 km. Da es im Hause Niermann nur ein Fahrrad mit Vollgummireifen gab, gingen Klemens und sein Bruder täglich den Weg zu Fuß. Sie benötigten dafür gut zwei Stunden. In den beiden letzten Jahren des Gymnasiums hatte Klemens das Glück, kostengünstig bei einer kinderlosen Familie in Gelden zu wohnen.
 
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Darum wechselte er das Gymnasium und erzielte beim Abitur in Gelden recht gute Noten: Alle Hauptfächer gut und Religion sehr gut. Die Kriegs- und Nazizeit war für Klemens Niermann sehr belastend. Mit 15 Jahren wurde er als Flakhelfer verpflichtet und danach vom Militär übernommen. Zwei Drittel seiner Klasse vom Gymnasium wurde in Flakstellungen in Bottrop eingesetzt. Die Jungengruppe war mit der Artillerie die Schutzgruppe für die Bunawerke. Später wurde die Gruppe nach Haltern verlegt. Im letzten Kriegsjahr litten die Soldaten oft Hunger. Darum packte Mutter Niermann immer wieder Pakete mit Lebensmitteln und Tochter Agnes brachte sie bisweilen zweimal in der Woche zu Klemens in die Flakstellung. Das war oft sehr mühsam, der Weg mit dem Fahrrad war beschwerlich. Viele Brücken über Flüsse und Bäche waren zerstört, nur mit einer schmalen Notbrücke waren sie zu überqueren. Auch tauchten oft urplötzlich feindliche Tiefflieger auf, die auf Zivilisten schossen. Aber Agnes machte das, die geschwisterliche Liebe unter den Kindern der Familie Niermann war sehr groß. Ende des Krieges kam Klemens noch für kurze Zeit auf Heimaturlaub. Da man in Schermbeck von weitem das Anrücken der Kriegsfront hören konnte, verbot sein Vater ihm die Rückkehr zu seiner Einheit. Diese Entscheidung war gefährlich, hätte ein fanatischer Nazi davon erfahren und ihn angezeigt, wäre er an dem nächsten Baum erhängt worden. Aber der Vater handelte richtig, bei der Rückkehr zur Einheit hätte Klemens vielleicht getötet werden können. Jedes Menschenleben war für den unsinnigen Krieg zu schade. Vater Niermann hielt in kritischen Situationen immer einen klaren Kopf, so beruhigte er seine Familie, wenn Bomben fielen und die Kinder im Keller vor Angst schrieen. "Seid ruhig", sagte er, "heulende Bomben treffen nicht unser Haus." Das Haus von Niermanns blieb im Krieg unversehrt, als die Front über Schermbeck hinwegging.
 
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Sehr mutig war Vater Niermann auch in seiner Entscheidung, als er Klemens das Mitmachen in der Hitlerjugend verbot, die für einige Zeit in Schermbeck vorhanden war und auch das Tragen der braunen Uniform. Das hätte Folgen haben können und Klemens des Verweises vom Gymnasium nach sich ziehen können, doch es geschah nichts. Es war eben Krieg und da wurde vieles übersehen. In seinen heroischen Entscheidungen war Vater Niermann sicher für Klemens ein gutes Vorbild für seine oft wagemutigen Einsätze in der Seelsorge und der Fürsorge für die Armen
 
 
RELIGIÖSES LEBEN DER FAMILIE NIERMANN
Trotz der Armut herrschte im Hause Niermann der Friede. Sicher stritten sich die Geschwister, manchmal sogar sehr. Sie mussten sich ja im Leben auch wehren können. Aber meistens schlichteten die Kinder eine Sache selbst. Abends war alles wieder in Ordnung. Nur manchmal griff der Vater ein und stiftete bei den Kindern Frieden. Geschimpft und geschlagen hat er nie. Es gibt Familien, die sehr stark das kirchliche Leben fördern. Das geschah auch in der Sippe des hl. Liudger, des 1. Bischofs von Münster (805 - 809). Die ersten drei Bischöfe von Münster entstammten aus der Friesenfamilie. Gerburgis, die Schwester des hl. Liudger, gründete das Kloster in Nottuln. Es gibt Pflanzen, die besonders gut auf mageren Boden wachsen, so gedeihen kirchliche Berufe auch häufiger in Familien, die nicht im Wohlstand leben. Es gibt aber auch Ausnahmen, der Geist weht, wo er will! Aloys, der älteste Bruder von Klemens wurde Missionar. Er lebte 30 Jahre als Steyler Bruder in Neuguinea bei den Papuas. In Australien besuchte er ein Lehrerseminar, das war für seine große Missionsstation sehr wichtig. Klemens erzählt: Aloys war ein sehr lebendiger und fortschrittlicher Missionar. Der Bischof von Neuguinea, der "fliegende" Bischof Arkfeld hat uns einmal besucht. Er nannte unseren Bruder Aloys seinen persönlichen Freund.
 
  15 - Diakon Aloys, I 1989 beim Heimaturlaub
Klara, eine Schwester von Klemens, wurde Ordensfrau und seine Schwester Agnes Pastoralrefercntin im
Bistum Hildesheim.
"Paul, der ein Jahr jünger als ich war und jetzt schon tot ist, war lange stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes in Wesel zu den Heiligen Engeln, die rechte Hand des Pastors. In der katholischen Jugendarbeit war unsere Familie, meine Schwester und ich, immer sehr aktiv. Wir haben das Vereinsleben der katholischen Jugend sehr geprägt. Ein Bruder gründete die Pfadfinder, zwei Brüder wurden Kolping-Senioren. Einige Brüder waren im Kirchenvorstand und im Pfarrgemeinderat. Dem Kaplan haben wir, meine Geschwister und ich, die Bude eingerannt. Wir waren dauernd im Pfarrheim, im Jugendheim oder unterwegs zu den Gruppen. Meine Geschwister hatten alle eine Jugendgruppe," erzählte Klemens. Ein halbes Jahr vor dem Abitur stand bei Klemens fest, dass er Priester werden wollte und er sagte es seinem Vater. Dieser war wohl sehr erfreut und sagte: "Wie hat unsere Familie das verdient? Dein Priesterberuf ist ein Geschenk des Himmels." Der Vater erzählte es sofort der Mutter. Die nahm ihn beiseite und fragte, ist es wirklich wahr, dass Du Priester werden willst? Sie war erstaunt, weil Klemens kein "Betbruder" war, sondern ein lebensfroher junger Mann, der immer zu Streichen und Späßen aufgelegt war. Doch bevor er ins Borromaeeum (Priesterseminar) nach Münster ging, nahmen die Eltern ihn ins Nebenzimmer. Klemens erzählt: "Meine Eltern fragten mich sehr ernsthaft, ob ich mir das gut überlegt hätte.
 
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Auch fragten sie mich zu meiner Überraschung, ob ich mich von ihnen gedrängt fühlte, Priester zu werden. Später habe ich von meinem ältesten Bruder Aloys gehört, dass meine Eltern es mit ihm in der gleichen Weise getan hätten. Meine Eltern wollten sicher sein, dass meine Entscheidung ganz freiwillig getroffen wurde. Ich weiß noch, dass mein Vater mir sagte: "Bezahlen kann ich dir das nicht!' Ich bin dann auch in allen Ferien entweder in Schermbeck zum Arbeiten in die Ziegelei gegangen oder nach Bottrop zur Zeche für Untertagearbeit und habe so mein Studiengeld verdient."
 

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3. Die Zeit als Theologiestudent Im Jahre 1951 trat Klemens Niermann ins Collegium Borromaeum ein und begann sein Theologiestudium. Zunächst empfand er das große Haus am Domplatz ganz angenehm. Doch spürte er sehr bald, dass der Direktor des Hauses, Wilhelm Delbeck, die Gemeinschaft der Studenten sehr zentral regierte und auch kontrollierte. Vom Zimmer des Direktors waren alle Fenster der Studenten einsehbar. So entging es ihm nicht, dass Klemens einmal sehr spät ins Haus kam und einmal um 23 Uhr noch die Schreibtischlampe brannte. Die Hausordnung sah vor, dass alle Studenten um 22 Uhr schlafen gehen mussten, denn morgens um 5.30 Uhr hatten alle aufzustehen, um danach dem Gottesdienst in der Kapelle beizuwohnen. Der Direktor ließ Klemens rufen und fragte ihn sehr ernsthaft, ob er wohl wegen des Ungehorsams noch geeignet sei, Priester zu werden. Wegen der scharfen Zensuren erfanden wir ein 11. Gebot: Lass dich nicht erwischen!
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Innerhalb der Klostermauern waren Äbte Alleinherrscher. Das hat sich in den letzten 40 Jahren grundlegend geändert. Äbte müssen heute geistliche Väter ihrer Gemeinschaften sein, müssen auf die Mönche zugehen, müssen ihnen Freiheiten einräumen, müssen sie gewinnen können. Fs reicht nicht mehr, vom Schreibtisch Vorschriften zu erlassen. Die Menschenführung ist in den Klöstern sehr viel schwieriger geworden. Sie verlangt eine ganz andere Art von Autorität. In der Zeit, da Klemens und ich im Boromaeum waren, haben wir von diesem Geist, der überfällig war, noch nichts gespürt. Für Klemens sollte es später noch viel größere Gehorsamsproben geben. Natürlich musste man im Borromaeum auch für Kost und Wohnung bezahlen. Aber Klemens erhielt, da er das Geld nicht aufbringen konnte, ein zinsloses Darlehen. Später zahlte er alles auf Heller und Pfennig zurück. Im Jahre 1952, nach dem 2. Theologiesemester, machte er allein eine Wallfahrt nach Lourdes. Bei dieser Reise tat er etwas, was typisch für sein ganzes Leben war: Er fand einen guten Grund, sich einmal über kirchliche Vorschriften hinwegzusetzen. Grundsätzliche Vorschriften der Moral respektierte er immer. Klemens berichtet: "Ich fuhr per Anhalter durch Belgien und Frankreich, drei Wochen lang. In der letzten Nacht bin ich von Tarabes nach Lourdes zu Fuß gegangen, so etwa vier bis fünf Stunden. Als ich morgens in Lourdes ankam, wollte ich natürlich zur hl. Messe und zur Kommunion gehen, aber ich hatte aus Versehen einen Apfel gegessen. Man durfte damals nicht zur Kommunion gehen, wenn man etwas gegessen hatte. Damals war das streng verboten. Ich fand das unsinnig, dass ich am Höhepunkt meiner Wallfahrt nicht zur Kommunion gehen durfte. Da habe ich noch einen zweiten Apfel gegessen und bin dann zur hl. Kommunion gegangen. Seit der Zeit fühle ich mich frei von dem Zwang unsinniger Vorschriften."
 

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Solch eine Freiheit im Denken und Handeln ist risikoreich. Klemens handelt in Lourdes ähnlich wie Jesus und seine Jünger in Israel, als sie sich am Sabbat über ein pingeliges Gebot hinwegsetzten, aus Hunger Ähren rupften und die Körner aßen. Für Klemens war aber diese innere Freiheit wichtig, Konflikte in seinem späteren Priesterleben waren vorprogrammiert. Er wusste darum und scheute den Kampf nicht. Noch eine weitere wichtige Erfahrung konnte Klemens in Lourdes machen. An dem Wallfahrtsort erlebte er, wie die Verehrung von Jesus und seiner Mutter eng verzahnt war, eine organische Einheit bildete. Das erkannte er in den festlichen Messen und in den eucharistischen Prozessionen. Der hl. Grigmion von Monfort war der Meinung, dass die Gottesmutter am Ende der Tage stärker hervortreten werde. Wir wissen nicht, ob wir in einer Endzeit leben, aber sicher in einer endzeit-ähnlichen Zeit. Klemens, der in allen Dingen der Zeit voraus war, hatte auch dies erkannt. So stellte er in der Krankenhauskapelle in Ibbenbüren ein Bild der Stalingrad-Madonna in Lebensgröße neben den Altar. Auch im Rosenkranzgebet begegnet uns die enge Einheit von Jesus und Maria. Bei den Gesetzen schauen wir die Geheimnisse unserer Erlösung in Christus mit den Augen der Gottesmutter. Den Rosenkranz betete Klemens regelmäßig und empfahl ihn auch für unsere Zeit.

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. Pilgerreise nach Jerusalem Im Jahre 1955, nach dem Hauptexamen in der Theologie planten Klemens Niermann und sein Freund Alfons Niemöller (Stuttgart) eine Reise nach Jerusalem. Der Freund aber war verhindert, da jemand aus seiner Familie starb. Die Eltern von Klemens wussten von der Wallfahrt nichts und waren höchst erstaunt, als sie nach Wochen von ihm eine Karte aus Jerusalem erhielten. Klemens erinnerte sich: "So bin ich allein per Anhalter nach Jerusalem gefahren.
20 Das war, wenn ich zurückdenke, die erlebnisreichste Reise, die ich je gemacht habe, voller Abenteuer. Ich hatte nicht genügend Geld, um hin- und zurückzukommen, und so musste ich umsonst nach Jerusalem gelangen. Das ging zuerst per Anhalter über die Schweiz nach Italien, dann ließ ich mich nach Griechenland übersetzen, dann weiter durch den Peloponnes per Anhalter, dann von Piräus zur Insel Chios, mit dem Böötchen ans Festland nach lzmir, dann per Anhalter bis Ankara, hinunter nach Aleppo in Syrien, von dort nach Damaskus und dann mit dem Bus durch die syrische Wüste bis nach Amman, schließlich mit dem Bus bis nach Jericho und dann zu Fuß nach Jerusalem. Ich wollte unbedingt in das Land, in dem Jesus gelebt hat, unbedingt! Eine andere Möglichkeit, ins Heilige Land zu kommen, gab es damals wohl kaum. Israel war zu für Deutsche, Deutsche durften nur nach Jordanien, nicht nach Israel. Auch vom Borromaeum und vom Priesterseminar war niemand in Israel gewesen. Aber ich wollte unbedingt dahin, und bin auch dahin gekommen. In Jerusalem, im Osten, damals Jordanien, da gab es eine strenge Mauer zwischen Ost- und Westjordanien. Dort traf ich einen Benediktinerpater, Pater Paul Mehl. Dieser hat mir eine Einreise nach Jerusalem ermöglicht, weil er Kontakt hatte mit dem damaligen Religionsminister Dr. Kolb. Der war ein deutscher Jude. Ich kannte ihn nicht, der hat mir das ermöglicht, aber das war eine Ausnahme. Er behauptete, ich sei der dritte Deutsche, dem damals eine Einreise ermöglicht wurde. So kam ich, ich weiß noch, Ostermontag 1955 über die Mandelbaumtor-Grenze nach Jerusalem und war dann Gast bei den Benediktinern auf dem Sion. Pater Paul Mehl und der Abt Rudloff empfingen mich mit Brot und Salz. Ich fuhr dann nach Haifa, weil ich unbedingt am 1. Mai im Priesterseminar sein musste. In Haifa lag zum ersten Mal ein deutsches Schiff vor Anker und brachte Reparationsleistungen -Krupp'sche Motoren oder Maschinen. Alle deutschen Schiffe mussten vor der Hafeneinfahrt ankern, und dann wurde umgeladen.

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21 ich weiß noch, wie ich hinüberrief: "Könnt ihr mich nach Deutschland mitnehmen?" Ich wurde von der Polizei sofort weggetrieben. Es war auch alles abgesperrt und die Matrosen durften nicht an Land. Dann habe ich doch noch eine Heuer bekommen, eine Überfahrt bis Piräus/Athen. In Piräus kaufte ich im von der letzten Drachme oder demn letzten Dollar, ich weiß nicht mehr, wie viel Geld ich noch hatte, eine Fahrkarte bis Klagenfurt. Diese Bahnfahrt dauert heute 35 Stunden. Ich hatte noch ein paar Drachmen in der Tasche, von denen habe ich mir, das weiß ich wohl noch - Apfelsinen gekauft und dann besaß ich keinen Pfennig Geld mehr". Klemens erzählte mir von einem schönen Erlebnis in Israel: "In einer Nacht schlief ich auf dem Ölberg im Freien. Beim Erwachen ging gerade die Sonne über Jerusalem auf. Da fühlte ich mich wie nie zuvor in meinem Leben frei und froh und spürte die Nähe des auferstandenen Christus. Ich dachte an die Frauen, die am Ostermorgen, als gerade die Sonne aufging, zum Grabe Jesu eilten, um den Leichnam zu salben, und die Engel versicherten ihnen, Jesus ist auferstanden, er lebt!" Die Pilgerreise von Klemens hatte noch ein Nachspiel. Ein Bekannter vom Regens des Priesterseminars traf Klemens auf der Rückseite von Jerusalem und berichtete dem Regens von der abenteuerlichen Pilgerreise seines Theologiestudenten. Er habe ausgesehen wie ein Landstreicher. Der Regens erzürnte, ließ Klemens rufen und machte ihm große Vorwürfe, dass er sein Leben und seine Gesundheit so leichtfertig aufs Spiel gesetzt habe. Doch dann lächelte er und meinte, er habe Riesenglück gehabt. Der Regens war klug genug, um, wie man sagt, fünf grade sein zu lassen, und die Sache war damit erledigt. Hätte der Regens Klemens wegen dieser Sache vom Seminar verwiesen, wäre es für die Kirche in Ibbenbüren und darüber hinaus von großem Schaden gewesen. Am 16. März 1957 wurde Klemens von Dr. Michael Keller im Dom zum Priester geweiht ....
Auszug aus dem Buch ."Ein bisschen mehr Klemens"
Das Heldenhafte Leben von Pastor Klemens Niermann Von Pastor Werner Heukamp

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Bild oben, Ibbenbüren - Oberer Markt um 1930 - Sammlung Suer (Merseburger)


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Stadtmuseum Ibbenbüren
Aktualisiert/Update 15.10.2022
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