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Bildausschnitt aus einem historischen Firmenbriefkopf  (Wohnhaus und Dampfmühle Wolff in der Klosterstraße)
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Stadtmuseum Ibbenbüren


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Wir haben verschiedene Berichte von Zeitzeugen aus der Zeit von 1930 bis 1960 zusammengestellt. Der Umfang
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Ibbenbüren im Nationalsozialismus. Eine Stadt erinnert sich - Materialsammlung von 6 Aktenordnern
im Stadtmuseum - Die Materialsammlung > > >
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spacer Geschichte der Honigfabrik (Dampfmühle Wolff) - Von Werner Suer

Die Unternehmerfamilie Wolff
- Chronologie der Honigfabrik


spacer Die Unternehmerfamilie Wolff - Der König von Ibbenbüren

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Friedrich Wolffs Dampfmühle - (Alte Honigfabrik)

Ein fast vergessenes Wirtschaftskapitel in Ibbenbüren ist die Zeit der Unternehmerfamilie Wolff. Um 1850 entstand aus ganz kleinen Anfängen auf dem Dickenberg ein bedeutendes Wirtschaftsimperium, welches um die Jahrhundertwende bereits wieder zusammengebrochen war. Um 1720 kam Johann Wilhelm Wolff als Bergmann aus dem thüringischen Schmalkalden und bereits 1750 hatte er als Königlicher Bedienter und Kohlenmesser auf der Zeche Dickenberg so viel Geld, das er den späteren Hof Brockmann bauen konnte.

 
- Friedrich Wolffs Dampfmühle -
 

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Im gleichen Jahr kam sein Sohn Johann Heinrich zur Welt. Dann entstand auf dem Hof eine Ausspanne für Pferde und ein Wirtshaus für durstige Kehlen. Sein Sohn trat in seine Fußstapfen.



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Friedrich Wolff und sein Bruder Heinrich, die Wölfe, legten um 1850 den Grundstein für mehrere Betriebe in Ibbenbüren mit später über 1000 Beschäftigten. Sie bauten eine Glashütte in Sichtweite der Werthmühle und nannten sie Glasfabrik, das klang fortschrittlicher. Sie bauten Häuser mit 52 Wohnungen für die dort beschäftigten Arbeiter.



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Auf der Zeche Dickenberg trieben seine Pferde den Göpel an, um die Kohle aus dem Schacht zu heben. Um 1812 betrieb die Familie mehrere Steinbrüche und handelte mit Pferden. Um 1835 verkauften die beiden Brüder den Hof an Heinrich Knüppe und ließen sich in der Stadt nieder. Friedrich baute sich die weiße Villa an der Münsterstraße -heute Bergschneider- und Heinrich kaufte die Villa des Bürgermeisters Sporleder - heute die Caritas an der Klosterstr. Es war ein prächtiges klassizistisches Gebäude mit ausladender Freitreppe. Die 13 großen Fenster zur Straße hatten kleine Butzenscheiben, vor dem Haus standen vier Linden, zu einem Laubendach verflochten Friedrich fuhr mit dem 4-spännigen Pferdefuhrwerk regelmäßig nach Emden und verkaufte Glas im Hafen und kaufte dort kanadischen Weizen. Den ließ er in der Werthmühle mahlen, die er gepachtet hatte. In Lingen hatte er eine Pferdewechsel-Station.



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1857 errichteten sie eine Dampfmühle mit einem Sägewerk in der Klosterstraße, die heutige Honigfabrik. Außerdem besaß Friedrich Kalköfen und mehrere Steinbrüche mit Anschluss an den Bahnhof durch zwei Feldbahnen. Als die Eisenbahn gebaut wurde, lieferte die Firma Wolff die Bruchsteine für den Unterbau. Am Güterbahnhof besorgte Friedrich Wolff den Rangierbetrieb und den Kohlentransport vom Ibbenbürener Förderstollen, insgesamt hatte er für seine Betriebe einen Fuhrpark von 80 Pferden. Neben der Dampfmühle stand die Hufschmiede und die Schmiede für Eisenteile. Heinrich Wolff leitete den kaufmännischen Teil, während Friedrich die organisatorische Führung hatte. Obwohl sie um die Jahrhundertwende ein Wirtschaftsimperium begründetet hatten, wollten sie ihre bäuerliche Herkunft nicht leugnen, denn sie sprachen nur plattdeutsch.

Der Stein mit der Jahreszahl 1857 ist über der hohen Tür der Honigfabrik an der Klosterstraße noch heute erhalten. Er bezieht sich auf die erste Dampfmühle an dieser Stelle. Firmenchef Friedrich wurde respektvoll als " König von Ibbenbüren " bezeichnet. Er war sehr groß und hatte ein Rückenleiden. Ursache war, das sein Vater ihm in jungen Jahren mit einem Holzknüppel in seinem Jähzorn so heftig auf den Rücken geschlagen hatte, das er bleibende Schäden davongetragen hatte. Man nannte man ihn daher auch "De Stiefe".

Lageplan der Dampfmühle und des Sägewerks 1888 in der Klosterstraße >>>

Dampfmühle und Sägewerk. Januar 1888. Dampfmühle vor dem Brand im gleichen Jahr
Lageplan - 3. Januar 1888

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Mit prachtvollen Landauern, von Braunen gezogen, fuhren die beiden "Wölffe" durch die Stadt. Die Werksfahne der Glasfabrik zierte über dem Werkzeug der Glasmacher eine Königskrone. Einmal im Jahr wurde das Hüttenfest gefeiert, dann marschierte der Fahnenträger stolz an der Spitze des Umzugs. Der Wahlspruch auf der Fahne lautete "Fleiß und Geschick bringt Segen und Glück". In der Dampfmühle wurde nicht nur Getreide gemahlen, sondern auch Korn geröstet. Daraus entstand der Malzkaffee "Muckefuck", in Anlehnung an das französische "Mocca faux", also falscher Kaffee.



Stein mit der Jahreszahl - 1857
Hohe Tür der Honigfabrik
Die Werksfahne der Glasfabrik 1889
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Stein mit der Jahreszahl - 1857
Hohe Tür der Honigfabrik
Werksfahne von 1889 mit der Königskrone


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1888 geschah ein großes Unglück, von dem der Tischler Stockmann bei einem Küerabend dem Heimatverein erzählte. Das Protokoll ist leider nicht mehr aufzufinden, doch Herr Mönninghoff konnte davon noch einiges erzählen. Bei der Getreideröstung brannte die Dampfmühle ab. Friedrich Wolff kaufte oder pachtete darauf die Windmühle Brenninkmeyer-Berensmeyer an der Ledder Str. 13, - heute Rechtsanwalt Scheuer-. Er brachte das angebrannte Röstkorn zur Windmühle, wo es noch tagelang glimmte und stank. Das Mehlgetreide wurde nun in der Windmühle gemahlen. Bald begann der Neuaufbau der Dampfmühle in der Klosterstraße, aber ohne die früher vorhandene Sägemühle. Das Gebäude wurde zu beiden Seiten breiter und wohl ganz neu errichtet, denn im heutigen Gebäude zeigten sich beim Umbau keinerlei Brandspuren. Letztlich ist die Baugeschichte des jetzigen Hauses aber nicht restlos geklärt. Kaum war die neue Dampfmühle fertig, starb 1896 der Unternehmer Friedrich Wolff und der Mühlenbetrieb ging ein Jahr später in Konkurs, ebenso kurze Zeit später die Glasfabrik. Die Steinbrüche erwarb Friedrich Braunschweig.

Anna Alfing war Köchin bei Heinrich und Sophie Wolff. In ihrem Gesindebuch wurde ihr bescheinigt, daß sie ihre Arbeit in jeder Weise zur Zufriedenheit von Frau Wolff verrichtet hatte. Eines Abends kam ihr Verlobter erst gegen 11 Uhr am Abend, um sie in ihrem Zimmer über dem Haupteingang zu besuchen. Er zog an der Stange, die mit der großen Glocke über der Tür verbunden war. Im letzten Moment konnte Anna die Glocke mit der Hand ergreifen, um das Klingeln zu dämpfen. Die vornehme Familie Wolff durfte so spät nicht mehr gestört werden. Er durfte aber auch nicht zu seiner geliebten Anna. Die weiße Villa von Friedrich Wolff an der Münsterstraße war jedoch nicht mehr zu halten, sie wurde an Albert Bergschneider verkauft.



Links das Haus von Heinrich Wolff,  noch mit der alten Freitreppe
Friedrich Wolffs Villa (Münsterstraße 28)  1907 Verkauf an Bergschneider
Nach dem Brand von 1888.  Wohnhaus von Heinrich Wolff hat nun ein  anderes Dach und andere Freitreppe
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Vor dem Brand von 1888
Links das Wohnhaus von Heinrich
Wolff, noch mit der alten Freitreppe.
Friedrich Wolffs Villa (Münsterstraße 28)
1907 Verkauf an Bergschneider
Nach dem Brand von 1888
Das Wohnhaus von Heinrich Wolff hat
nun ein anderes Dach und andere Freitreppe

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Hermann Gössmann hatte seinerzeit auf dem Oberen Markt im Haus Elfers einen Handel für Mehl, Getreide, Futtermittel und Kunstdünger und im gleichen Haus auf der Rückseite den beliebten Gasthof Bärenstall. Er kaufte 1907 die Dampfmühle, muste aber drei Jahre später den Mühlenbetrieb einstellen, weil die Technik veraltet und eine Renovierung zu kostspielig war. Daher beschränkte er sich auf sein früheres Tätigkeitsfeld, den Handel mit Getreide und Futtermitteln.


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Die Schmiede auf dem Gelände der heutigen AOK wurde abgebrochen, nachdem die evangelische Stadtschule -Blaue Ecke- fertig geworden war. Der Sohn von Hermann Gössmann war übrigens Präsident des Deutschen Fußballbundes, wie auf einer Bronzetafel auf dem Oberen Markt zu lesen ist. Mit dem Tod von Heinrich Wolff endete die Ära der Wölfe kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Um die Soldaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen, wurden Lebensmittelpakete an die Front geschickt. Zu Beginn des Krieges begann man deshalb mit der Produktion von Kunsthonig in einem Raum des Gebäudes. Er bestand aus Rohr- und Rübenzucker unter Beigabe von Magermilch und Löwenzahn, versehen mit Farb- und Aromastoffen. Über Bezugsscheine wurde auch an die hiesige Bevölkerung Kunsthonig in geringem Maß ausgegeben. Nach den spärlichen Hinweisen aus dieser Zeit schmeckte er nicht besonders gut, die Frauen klagten über die große Hitze während der Arbeit, die Kittelschürzen waren immer ganz verklebt vom Honigkleister. Sie nannten ihren Arbeitsplatz die "Honigbude". Den Ibbenbürenern war der Name Honigfabrik noch bis etwa 1930 geläufig, für die meisten hieß das Gebäude jedoch Wolff´s Dampfmühle.
Unterlagen in Archiven sind bisher nicht gefunden worden, so das nur vermutet werden kann, das es die Firma Gössmann war, die hier Kunsthonig produzierte. Bis 1955 konnte man noch Kunsthonig kaufen, heute ist das Produkt mit dem Namen "Kunsthonig" nicht mehr auf dem Markt. Jedoch gibt es das identische Produkt unter dem Handelsnamen "Wibine" noch heute als Backzutat. Der Name klingt nach "wie die Biene". 1922 kauft das Finanzamt das Haus des Heinrich Wolff in der Klosterstraße und erweitert ein Jahr später den Altbau von 7 auf 11 Fensterachsen nach links. Die Tür wird in den Neubau verlegt, so wie sie noch heute ist. Die alte Tür und die Freitreppe werden beseitigt.

Schon 1928 kaufte die Edeka die benachbarte alte Dampfmühle und richtete hier ihr Zentrallager für Lebensmittel ein. Vielen ist der Begriff die alte "Edeka" geläufig. Von der Edeka mietete der Getränkehandel Alfing & Schowe die Kellerräume. Dort standen die Abfüllanlagen für Spirituosen und Wein. Der erste Geschäftsführer der Edeka war Hans Bunsiek, er hatte noch nicht den Vorteil, in diesem Hause eine eigene Wohnung zu haben, wie sein späterer Nachfolger Fritz Trebbe. Für den kleinen Hermann Driemeier und seine Nachbarn von der Blauen Ecke war der Hof der Edeka ihr Spielplatz. Die großen Eisentore hatten viele kleine Scheiben als Oberlicht. Die Kinder machten sich einen Spaß daraus, diese Scheiben einzuwerfen. Dabei wurden sie von Herrn Bunsiek erwischt. Als Vater Driemeier von diesem Treiben seines Sohns erfuhr, bekam der kleine Hermann eine Tracht Prügel.


Verbotsschild vom Maschinenraum  des kleinen Aufzugs von 1953
Große Außen-Klingel im Obergeschoß - Nordseite
 Handgeschmiedete Krampe aus der Schmiede   Wolff. Zum Verklammerung des Balken- und  Ständerwerks.
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Verbotsschild vom Maschinenraum
des kleinen Aufzugs von 1953
Große Außen-Klingel im
Obergeschoss - Nordseite
Handgeschmiedete Krampe aus der Schmiede
Wolff.
Verklammerung des Balken- und
Ständerwerks.

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Inzwischen war das Mühlengebäude für die Lagerung der Lebensmittel zu klein. Daher erfolgte 1934 der eingeschossige Anbau auf der Nordseite mit einer Laderampe an der Zufahrt zum Hof, das Lagerhaus. Im Krieg bekam das Gebäude auf der Seite zur Klosterstraße einen Artillerietreffer. Die Nachbarskinder von der Gartenstraße und der Südstraße zwängten sich durch das kleine Loch in der Wand. Im Lager stopften sie sich die Hosentaschen voll mit Karamell-Bonbons. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs standen bei der Edeka alle Türen offen und die Bevölkerung hatte sich zum Teil mit Zucker, Öl, Mehl, Käse und Margarine eingedeckt. Auch die russischen Fremdarbeiter, die bei Bergschneider in der Gartenstraße arbeiteten und wohnten, holten sich Lebensmittel. Um weitere Plünderungen von Lebensmitteln zu verhindern, wurde das Haus durch Engländer bewacht.

Eine Ibbenbürenerin stellte sich den Bewachern mutig in den Weg und forderte Zutritt, weil sie verzweifelt war und nichts mehr zu essen hatte. Sie ließ sich auch durch Verbot nicht aufhalten und ging ins Gebäude. Ein Engländer schoss daraufhin in die Luft, sie ließ sich aber nicht beeindrucken. Mit ihrer Beute, einem Laib Käse, rannte sie zur Marktstraße nach Hause. Dort angekommen, musste sie enttäuscht feststellen, das sie eine Käselaib-Attrappe erbeutet hatte. 1949 wurden die alten Gebäude auf der Hofseite umgebaut und aufgestockt. Oben entstand die Wohnung des Edeka-Geschäftsführers Fritz Trebbe mit dem Zwischenbalkon, unten waren Garagen u. Lagerräume. Der mächtige quadratische Sandsteinkamin hinter der Mühle, der sich nach oben verjüngte, wurde im Zuge dieser Baumaßnahme abgetragen. Das Lagerhaus auf der Nordseite wurde aufgestockt und mit tragfähigen Stahlbetondecken versehen und erhielt kurz darauf einen kleinen Lastenaufzug. Später übernahm der Makler Bosse die Wohnung von Fritz Trebbe. Die Edeka war gegen Einbruch besonders gesichert. Sollte eine Tür aufgebrochen werden, machte die große Klingel außen am Fenster an der Nordseite einen Höllenlärm und rief die Wach- und Schließgesellschaft herbei.


Betriebsfeier der Edeka
Die Kaffee-Nähmaschine"
AFA-Möbelmusterlager Hartwig
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Betriebsfeier der Edeka
Die "Kaffee-Nähmaschine"
AFA-Möbelmusterlager Hartwig

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Ab 1955 hieß es " In der Luft liegt Kaffeeduft". Es wurde Kaffee der Marke "IBBONA Hanseaten-Mischung" bei der Edeka geröstet. Fritz Trebbe bediente die Probat-Rösttrommel persönlich. Bei etwa 250 Grad verströmten die Bohnen ihren aromatischen Geruch. Nach der Abkühlung wurden die Bohnen in der Verlesemaschine sortiert. Sie hatte einen Tretantrieb und die Frauen, die sie bedienten, nannten sie die Kaffee-Nähmaschine". Während die Füße das Sortierband mit der Tretplatte antrieben, fielen die Bohnen aus dem Trichter auf das Band, die guten fielen in den Kaffeesack und die "Stinkbohnen" wurden beidhändig aussortiert. Heute gibt es nur noch ganz wenige kleine Röstereien, u.a. die Traditionsfirma Finkener in Lengerich. Der Frischdienstwagen belieferte die einzelnen Edeka-Filialen im Kreis Tecklenburg mit Kaffee und anderen Produkten aus dem Lager. Es fehlte dringend ein großer Lastenaufzug in dem 4-geschossigen Altbau, der dann endlich 1959 zentral im Gebäude durch die Firma Max Schumacher eingebaut wurde. 7 Jahre später verließ die Edeka Ibbenbüren.

Noch heute treffen sich die alten Edekaner regelmäßig und erzählen von alten Zeiten. Nach dem Auszug machte Amtmann Bernhardt den Vorschlag, den maroden Altbau an der Klosterstraße abzubrechen. Dazu kam es jedoch nicht. Es fand sich 1966 ein neuer Nutzer, der 11 Jahre dort blieb, die Firma AFA-Möbel Hartwig mit ihrem Möbelmusterlager und immerhin1 Jahr lang produzierte die Firma Gerhardi Kunststoffteile für Autos an der Spritzgussmaschine. Schließlich wurde das Gebäude an die Caritas verkauft, wie auch das Nachbargebäude, das ehemalige Finanzamt. Lange Jahre war die Dampfmühle Wohngebäude für Asylbewerber, bis der Kunstverein sein Interesse anmeldete. Auf die Folgenutzung bis heute möchte ich nicht mehr eingehen, weil sie hinreichend bekannt ist. Die Dampfmühle Wolff erhielt den Namen Alte Honigfabrik, das soll an den Kunsthonig und die Kunst erinnern.

Vortrag von Werner Suer 2007 in der Alten Honigfabrik


spacer* Der Kohlenmesser hatte die Kohlen zu wiegen und das Geld dafür an den Bergbauunternehmer abzuliefern.
* Göpel
- Antriebsmaschine, hauptsächlich im Bergbau, meist angetrieben von Pferden die ein Seil auf eine Welle
spacer wickeln an der ein Fördergefäß hängt.

* Ausspanne weist auf ein Haus/Gasthaus mit der Möglichkeit zum Ausspannen der Pferde aus den Fuhrwagen und
spacer Kutschen hin, also auf die Übernachtung der Reisenden und das Unterstellen der Tiere im Stall.
* Dampfmühle - Mühle mit stationärer Dampfmaschine.
* Kunsthonig ist die alte Bezeichnung für Invertzuckercreme. Er wurde in früheren Zeiten als Ersatz für Honig
spacer verwendet. Der industriell hergestellte Invertzucker wird durch Anreicherung von Stärkezucker oder Stärkesirup
spacer zu einer Creme weiterverarbeitet.
* Probat-Rösttrommel - Probat ist ein Hersteller von Geräten zur Verarbeitung von Roh- zu Röstkaffee seit 1868


spacerZur Geschichte der "Alten Honigfabrik" - Wolff's Dampfmühle
Autor - Werner Suer
Hrsg. Caritas Ibbenbüren
1. Auflage, August 2009
24 Seiten, Brosch.

Caritasverband Tecklenburger Land e.V. - Klosterstraße 19 - 49477 Ibbenbüren
http://www.caritas-ibbenbueren.de/56662.html
Zur Geschichte der "Alten Honigfabrik" - Wolff's Dampfmühle


spacer Die Honigfabrik - Eine Chronologie von Werner Suer
Seite oben
 Wolffs Honigfabrik - Im Volksmund "Wolff`s Dampfmüöllken" genannt  


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Bildausschnitt aus einem historischen Firmenbriefkopf  (Wohnhaus und Dampfmühle Wolff in der Klosterstraße)
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Ibbenbüren um 1888 - Die Häuser Klosterstraße 19 und 21


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1710 - wurde Johann Wilhelm Wolff geboren. (um 1710)
1750 - kam er (Johann. Wilhelm Wolff) aus dem thüringischen Schmalkalden nach Ibbenbüren.
spacer Er war Kohlenmesser auf der Zeche Dickenberg.
1750 - baute er den Hof Brockman, später eine Ausspanne.
1750 - wurde Johann Heinrich Wolff geboren. (um 1750)
1750 - Johann Wilhelm Wolff erbaute den Hof Wolff auf dem Dickenberg.
1806 - heiratete Johann Heinrich Wolff Maria Agnes Mutert
1807 - Joh. Heinrich förderte auf der Zeche Dickenberg Kohle, mit seinen Pferden trieb er den Göpel an.
1810 - Das Haus Klosterstr. 19 (Caritas) wurde durch Bürgermeister Sporleder erbaut
1837 - Wolff kaufte Wiesen an der Werthmühle für den Sandabbau.
1840 - Friedrich Wolff wohnte bis 1907 in der Münsterstr. 28. (heute Bergschneider-Villa)
1840 - Heinrich Wolff kaufte das Haus Klosterstr. 19, ehemal. Haus des Bürgermeisters Sporleder, später Finanzamt.
1856 - Friedrich brachte mit Pferdefuhrwerk Glaswaren zum Hafen Emden, zurück brachte er kanadischen Weizen.
spacer (In Lingen hatte er eine eigene Pferdewechsel-Station eingerichtet)
1856 - Eröffnung des Bahnhofs in Ibbenbüren. Wolffs Steinbrüche hatten nun eine Verbindung per Feldbahn an den
spacer Ibbenbürener Bahnhof.
1858 - Fuhrunternehmen u. Rangierbetrieb Wolff am Bahnhof.
1858 - Betrieb der Dampfmühle mit Sägewerk an der Klosterstraße.
1863 - Friedrich Wolff wurde Schützenkönig
1875 - Bau der Glasfabrik an der Werthmühle.
1888 - Bei der Getreide-Röstung waren die Dampfmühle und das Sägewerk abgebrannt.
spacer (Wolff produzierte aus geröstetem Getreide Kaffee
1888 - Wiederaufbau ohne Sägmühle. Die Dampfmühle wurde nach Norden u. Süden breiter. Vermutlich wurde die
spacer Mühle von Grund auf neu gebaut. Die neue Sägemühle wurde an der Glashütte (Ringstraße) erbaut
1888 - Planung u. Genehmigung der Kesselanlage,
1896 - Friedrich Wolff gestorben.
1896 - Wiederaufbau und Vergrößerung (ohne Sägewerk) durch Wolff.
1897 - Konkurs der Dampfmühle
1900 - Schließung der Glasfabrik
1906 - Wilhelm Wolff gestorben.
1907 - Albert Bergschneider kaufte das Haus Friedrich Wolffs an der Münsterstraße.
1907 - Hermann Gösmann kaufte die Dampfmühle von Friedrich Wolff.
1910 - Dampfmühlen-Betrieb eingestellt
1915 - Heinrich Wolff stirbt mit 80 Jahren.
1915 - Produktion von Kunsthonig (Gösmann) in einem kleinen Teil des Gebäudes. 1915 -1919
1920 - Finanzamt mietete von Heinrich Wolff das Haus Klosterstr. 19
1922 - Finanzamt kaufte das Haus von H. Wolff
1923 - Altbau Wolff - Finanzamt wurde erweitert von 7 auf 11 Achsen
1938 - Erweiterung Finanzamt nach Osten
1928 - Edeka-Zentrallager bis 1966
1928 - Alfing u. Schowe, Getränkeabfüllung u. Getränkehandel. 1928 - 1956
1934 - Abbruch u. Neubau, Anbau links
1937 - Anbau an das Finanzamt nach Osten
1938 - Finanzamt wurde wieder erweitert
1945 - Plünderung bei der Edeka
1948 - Lagerraum Alfing wurde Garage für Edeka und Alfing
1950 - Lager (NO Seite) wurde aufgestockt, Einbau von Stahlebetondecken.
1953 - Finanzamt wurde nach Osten erweitert
1955 - Rösterei Ibbona-Kaffee
1959 - Einbau eines großen Aufzugs im Altbau durch Fa. Max Schumacher
1966 - Auszug der Edeka
1966 - Die Firma Gerhardi produzierte Autoteile (Kunststoffpresse) von 1966 bis 1967
1966 - Möbel Musterlager Hartwig, AFA-Möbel von 1966 bis ca.1977
1977 - Auszug der Firma Hartwig
1977 - Verkauf des Hauses Klosterstr. 21 (ehem. Dampfmühle) von Rechtsanwalt A. Garmann an die Caritas.
1977 - Das Haus Klosterstr. 19 (Finanzamt) wurde auch an die Caritas verkauft.
2005 - Kunsthaus Alte Honigfabrik
2007 - Einzug der Familienbildungsstätte mit Hospizverein


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Ibbenbüren im April 2008 - Die Häuser Klosterstraße 19 und 21
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Ibbenbüren im April 2008 - Die Häuser Klosterstraße 19 und 21


spacer Links :: In der Klosterstraße

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AWO Seniorenzentrum Ibbenbüren - Klosterstraße 15a - http://www.awo-ww.de/
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Caritasverband Tecklenburger Land e.V. Ibbenbüren - Klosterstraße 19 - http://www.caritas-ibbenbueren.de/
Arrow Familienbildungsstätte: Ibbenbüren - Klosterstraße 21 - https://www.fabi-ibbenbueren.de/static/fbs_ibbenbueren
Arrow Mehrgenerationenhaus - Ibbenbüren - Klosterstraße 21 - http://www.mehrgenerationenhaus-ibbenbueren.de/
Arrow Hospiz Ibbenbüren e.V.- Ibbenbüren - Klosterstraße 21 - http://www.hospiz-ibbenbueren.de/
Arrow Sozialkaufhaus - Ibbenbüren - Klosterstraße 21 - http://www.skf-ibbenbueren.de/
Arrow Kunstverein - Ibbenbüren - Klosterstraße 21 - http://www.kunstverein-ibbenbueren.de


spacer Presseberichte zum Thema - Geschichte der Honigfabrik

spacer Auch als Rösterei für "Muckefuck" hergehalten - IVZ vom Freitag, 14. September 2007

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Auch als Rösterei für "Muckefuck" hergehalten
IVZ vom Freitag, 14. September 2007 - Von Wilm Froese, Ibbenbüren.

Ein ungemein spannendes Kapitel aus der Industriegeschichte Ibbenbürens schlug Werner Suer am Mittwoch Abend genau an dem Ort auf, um den es ihm ging, in der "Alten Honigfabrik" an der Klosterstraße. Staunend hörten die zahlreichen Besucher, was dies Haus seit seiner Errichtung im Jahr 1857 an unterschiedlichen Gewerben beherbergt hat.

Werner Suer

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Werner Suer erzähltei n der Alten Honigfabrik von der wechselvollen Geschicke des Hauses und seiner Erbauer
Foto IVZ - Wim Froese

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Gebaut als Dampfmühle mit Sägewerk und einer Schmiede, diente es gleichzeitig oder nacheinander als Rösterei für "Muckefuck", als Futtermittelhandel, für 20 Jahre tatsächlich als Kunsthonigfabrik, dann wieder als Lebensmittellager, Rösterei für richtigen Kaffee, Spirituosenabfüllung und schließlich als Möbellager, bis es die Caritas der heutige Besitzer, kaufte und seine Zeit als Gewerbestandort beendete. Suer verwob die Geschicke des Gebäudes mit der Geschichte seiner Erbauer, mit dem Aufstieg und Fall der Fabrikantenfamilie Wolff, deren bedeutendstes Mitglied, Friedrich Wolff, sich gern als "König von Ibbenbüren" bezeichnen ließ. Die Familie Wolff war Anfang des 18. Jahrhunderts aus dem Bergbaurevier im thüringischen Schmalkalden nach Ibbenbüren gekommen und hatten dort einen Bauernhof mit Ausspann-Gaststätte betrieben. Aber sie betätigten sich auch im Kohlebergbau, als königlicher Wiegemeister oder als Betreiber eines Fördergöpels.


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Knapp 150 Jahre später zog es die auch durch den Betrieb von Kalk- und Sandsteinbrüchen sowie einen gut gehenden Fuhrbetrieb zu Wohlstand gekommenen Brüder Heinrich und Friedrich Wolff "in die Stadt". An der Ring- und Bogenstraße entstand ihre Glasfabrik mit 52 Arbeiterwohnungen, von denen man einige noch an der Münsterstraße erkennen kann. Sie pachteten zunächst die Werthmühle zum Mahlen ihres Importweizens, den sie mit eigenen Fuhrwerken aus Emden holten. 1857 dann entstand an der Kanalstraße im klassizistischen Stil eine eigene Dampfmühle, eben die "Honigfabrik". Auch ein Sägewerk trieb diese Mühle an, deren zur Oststraße hin angebauten Maschinen- und Kesselgebäude mit dem freistehenden viereckigen Schornstein ebenso wenig noch zu sehen sind wie die Schmiede. Insgesamt beschäftigten die Wolffs etwa doppelt so viele Arbeitskräfte wie Ibbenbürens Bergbau zu ihrer Zeit. Der "König von Ibbenbüren" krönte denn auch auf einer Fahne seinen Wahlspruch "Fleiß und Geschick bringen Wohlstand und Glück" tatsächlich mit einer Königskrone.


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Seit dem Deutsch-Französischen Krieg brannten die Wolffs in der Dampfmühle Getreide zu "falschem Mocca", mocca faux, auf Deutsch Muckefuck. Von nun an ging es bergab. 1888 brannte die Dampfmühle durch die Rösterei ab, wurde aber wieder aufgebaut und an jeder Giebelseite verbreitert. Die alten Brandmauern scheinen in heutigen Gebäude noch erhalten. Das Sägewerk aber wurde eingestellt. Seit 1991 stockte der Absatz der Glaswaren, sieben Jahre später stürzte das Dach ein. Um die Jahrhundertwende sterben die Wolffs ohne fähige Erben und erleben so nicht mehr mit, wie Rudolf Bertram aus Osnabrück in ihrer ehemaligen Mühle nun aus Rohr- und Rübenzucker mit Löwenzahn und anderen Geschmacksverstärkern den Kunsthonig produziert, der wegen des Wortbestandteils "Kunst" der Alten Honigfabrik als Kunsthaus ihren neuen Namen gab. Damals war es die "Honigbude", wo unter schlechten Arbeitsbedingungen ein wenig wohlschmeckender Brotaufstrich gefertigt wurde.


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Werner Suer, der viel Beifall für seinen interessanten Vortrag und seine akribische Forschungsarbeit erntete, wird die ganze Geschichte bis hin zur Zeit als Lager der Edeka und als Möbelhaus der Ibbenbürener Firma Hartwig in einer Monographie darstellen und alle Daten und Dokumente und dazugehörigen Bilder in einer CD veröffentlichen. Wer sich für diesen bemerkenswerten Ausschnitt Ibbenbürener Historie interessiert, sollte beide Veröffentlichungen unbedingt spätestens bis zum 21. 9. bei der Caritas im Gebäude neben der Honigfabrik, übrigens der alten Villa von Heinrich Wolff, bestellen. Der Erlös wird komplett als Spende weitergereicht.

Quelle: IVZ vom Freitag, 14. September 2007 - Wilm Froese



spacer Mauern, die GESCHICHTE atmen - mittendrin Nr. 45 - Februar 2008 - www.mittendrin-magazin.de
Seite oben

 Die Alte Honigfabrik in Ibbenbüren legt als Bauwerk Zeugnis ab von einem Wirtschaftsimperium, welches einst in
der Bergmannstadt entstand, zu Beginn des 20. Jahrhunderts aber niederging. Heimatforscher Werner Suer hat für
mittendrin die Geschichte von Unternehmen und Gebäude nachgezeichnet.
Er zeigt auf: Eigentlich trägt die Alte Honigfabrik ihren heutigen Namen zu Unrecht.

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Ein heute fast vergessenes Kapitel regionaler Wirtschaftsgeschichte ist die Zeit der Ibbenbürener Unternehmerfamilie Wolff. Um das Jahr 1850 entstand aus ganz kleinen Anfängen ein Wirtschaftsimperium, welches allerdings um die Jahrhundertwende bereits wieder zusammengebrochen war. Eines der erhalten gebliebenen baulichen Zeugnisse des Wolffschen Schaffens ist die Alte Honigfabrik im Stadtzentrum Ibbenbürens – ein Gebäude, in welches in der letzten Zeit neues Leben eingekehrt ist: Neben einer Möbelrampe und einer Suppenküche beheimatet der imposante, schmucke und beinahe ein Übermaß an Geschichte atmende Bau den Ibbenbürener Kunstverein, einen Hospizverein sowie die Räumlichkeiten der Familienbildungsstätte Ibbenbüren.

Um 1720 kam Johann Wilhelm Wolff aus Schmalkalden zur Kohlenzeche Dickenberg. Im Thüringer Wald war er bis dato als Bergmann im Erzbergbau beschäftigt gewesen. Bereits 1750 hatte Wolff als Königlicher Bedienter und Kohlenmesser auf der Zeche Dickenberg so viel Geld, dass er einen Hof bauen konnte. Im selben Jahr kam sein Sohn Johann Heinrich zur Welt. Danach entstanden auf dem Hof eine Ausspanne für Pferde sowie ein Wirtshaus für durstige Kehlen. Johann Heinrich Wolff trat in die Fußstapfen seines Vaters. Auf der Zeche Dickenberg trieben seine Pferde den Göpel an, um die Kohle aus dem Schacht zu heben. Der Wohlstand der Wolffs mehrte sich: Um 1812 betrieb die Familie mehrere Steinbrüche und handelte mit Pferden.

Um 1835 verkauften die Brüder Friedrich und Heinrich Wolff den Hof der Familie und ließen sich in der Stadt nieder. Friedrich Wolff baute sich eine weiße Villa an der jetzigen Ibbenbürener Münsterstraße – heute bekannt als Villa Bergschneider –, Heinrich Wolff erwarb die Villa des Ibbenbürener Bürgermeisters Sporleder , welche an der Ibbenbürener Klosterstraße gelegen ist und mittlerweile Büros der Caritas beherbergt. Hier zu leben war nicht übel: Die Villa war ein prächtiges klassizistisches Gebäude mit ausladender Freitreppe. Vor dem Haus standen vier Linden, zu einem Laubendach verflochten.


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Friedrich Wolff fuhr mit einem vierspännigen Pferdefuhrwerk regelmäßig nach Emden, verkaufte dort Glas im Hafen und erwarb kanadischen Weizen. Den ließ er in seiner Heimatstadt in der Werthmühle mahlen, welche er gepachtet hatte. In Lingen hatte Wolff zudem eine Pferdewechsel- Station.
Friedrich und Heinrich Wolff legten um 1850 den Grundstein für mehrere Betriebe in Ibbenbüren, mit später über 1000 Beschäftigten. Sie bauten eine Glashütte in Sichtweite der Werthmühle und nannten sie Glasfabrik, weil diese Bezeichnung fortschrittlicher klang. Sie bauten Häuser mit 52 Wohnungen für die dort beschäftigten Arbeiter. 1857 errichteten sie eine Dampfmühle mit einem Sägewerk, die heutige, an der Ibbenbürener Klosterstraße gelegene Alte Honigfabrik. In der Wolffschen Dampfmühle wurde nicht nur Getreide gemahlen, sondern auch Korn geröstet. Daraus entstand Malzkaffee. Neben der Dampfmühle standen eine Hufschmiede sowie eine Schmiede für Eisenteile. Außerdem besaß Friedrich Wolff Kalköfen und mehrere Steinbrüche, mit Anschluss an den Bahnhof mittels zweier Feldbahnen. Als die Eisenbahn gebaut wurde, lieferte die Firma Wolff die Bruchsteine für den Unterbau. Am Güterbahnhof besorgte Friedrich Wolff den Rangierbetrieb und den Kohlentransport vom Ibbenbürener Förderstollen; insgesamt stand ihm für seine Betriebe ein Fuhrpark von 80 Pferden zur Verfügung.

Heinrich Wolff leitete den kaufmännischen Teil des Unternehmens, während sein Bruder die organisatorische Führung innehatte. Obwohl sie ein Wirtschaftsimperium begründet hatten, wollten die Wolffs ihre bäuerliche Herkunft nicht verleugnen: Sie sprachen ausschließlich plattdeutsch. Nicht zuletzt diese Art der Bodenständigkeit dürfte den beiden Brüdern in der Bevölkerung Respekt verschafft haben: Firmenchef Friedrich Wolff etwa wurde respektvoll als „König von Ibbenbüren“ bezeichnet. Vielleicht ein Trost für den Mann, den sein Vater einst mit einem Holzknüppel im Jähzorn so heftig auf den Rücken geschlagen hatte, dass der junge Friedrich damals bleibende Schäden davontrug.


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1888 brannte bei der Getreideröstung die Dampfmühle ab. Friedrich Wolff kaufte oder pachtete darauf eine Windmühle an der Ledder Straße. Er brachte das angebrannte Röstkorn zur Windmühle, wo es noch tagelang glomm und stank. Das Mehlgetreide wurde nun in der Windmühle gemahlen. Bald begann der Neuaufbau der Dampfmühle in der Klosterstraße, allerdings ohne die früher vorhandene Sägemühle. Das Gebäude wurde zu beiden Seiten breiter und wohl ganz neu errichtet, denn im heutigen Gebäude zeigten sich beim Umbau keinerlei Brandspuren. Letztlich ist die Baugeschichte des jetzigen Hauses aber nicht restlos geklärt.
Kaum war die neue Dampfmühle fertig, starb 1896 Friedrich Wolff. Sein Ableben leitete gleichzeitig den Niedergang des Unternehmens ein: Der Mühlenbetrieb ging ein Jahr später in Konkurs, ebenso kurze Zeit später die Glasfabrik. Die Steinbrüche wurden anderweitig übernommen. Ebenfalls nicht mehr zu halten war die weiße Villa Friedrich Wolffs – sie wurde verkauft. Mit dem Tod Heinrich Wolffs endete schließlich die Ära Wolff kurz vor dem Ersten Weltkrieg.

Eine überlieferte Begebenheit aus jener Zeit: Anna Alfing war Köchin bei Heinrich Wolff und dessen Gattin Sophie. Alfings so genanntes Gesindebuch weist sie als Bedienstete aus, die es verstand, ihre Arbeit in jeder Weise zur Zufriedenheit ihrer Herrschaft zu verrichten. Eines Abends kam Anna Alfings Verlobter erst gegen 23 Uhr, um sie in ihrem Zimmer über dem Haupteingang zu besuchen. Er zog an der Stange, die mit der großen Glocke über der Tür verbunden war. Im letzten Moment konnte seine Verlobte die Glocke mit der Hand ergreifen, um das Klingeln zu dämpfen – die vornehme Familie Wolff durfte so spät nicht mehr gestört werden. Aus dem Besuch bei der Angebeteten, heißt es, wurde allerdings in dieser Nacht auch nichts…

Hermann Gößmann hatte seinerzeit auf dem Oberen Markt in Ibbenbüren einen Handel für Mehl, Getreide, Futtermittel und Kunstdünger sowie, im selben Gebäude auf der Rückseite untergebracht, einen beliebten Gasthof namens „Bärenstall“. Gößmann, dessen Sohn Hermann Gößmann jun. später Präsident des Deutschen Fußballbundes wurde, kaufte 1907 die Dampfmühle, musste aber drei Jahre später den Mühlenbetrieb einstellen, weil die Technik veraltet und eine Erneuerung zu kostspielig war. Er beschränkte sich künftig wieder auf seine „Kernkompetenzen“. Die Schmiede auf dem Gelände der heutigen Ibbenbürener AOK wurde abgebrochen, nachdem die evangelische Stadtschule fertig geworden war. Im Ersten Weltkrieg begann Rudolf Bertram aus Osnabrück in der vormaligen Dampfmühle mit der Produktion von Kunsthonig. Er besaß hierin Erfahrung, hatte er doch bereits zuvor in Osnabrück eine Kunsthonigfabrik betrieben. Um die Soldaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen, wurden Lebensmittelpakete an die Front geschickt. Zu Beginn des Krieges begann man deshalb mit der Produktion von Kunsthonig in einem Raum des Gebäudes. Kunsthonig bestand aus Rohr- und Rübenzucker unter Beigabe von Magermilch und Löwenzahn, versehen mit Farb- und Aromastoffen. Über Bezugsscheine wurde Kunsthonig in geringen Mengen auch an die Bevölkerung ausgegeben. Den spärlichen Hinweisen aus dieser Zeit zufolge schmeckte er nicht besonders gut. Die Frauen in der Produktion klagten zudem über die große Hitze während der Arbeit, ihre Kittelschürzen waren ständig vom Honigkleister verklebt. Kunsthonig gab es übrigens noch bis 1955 zu kaufen. Heute gibt es das identische Produkt unter dem Handelsnamen „Wibine“ noch als Backzutat. In Ibbenbüren war die Bezeichnung „Honigfabrik“ noch bis etwa 1930 geläufig, für die meisten Zeitgenossen blieb das Gebäude in der Klosterstraße jedoch „Wolffs Dampfmühle“.


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1928 kaufte das Handelsunternehmen Edeka die alte Dampfmühle und richtete hier ein Zentrallager für Lebensmittel ein. In die Kellerräume zog, als Untermieter der Edeka, ein Getränkehandel ein und stellte dort Abfüllanlagen für Spirituosen und Wein auf. Später wurde das Mühlengebäude für die Lagerung der Edeka- Lebensmittel zu klein. Daher erfolgte 1934 ein eingeschossiger Anbau auf der Nordseite.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges standen bei der Edeka alle Türen offen. Die Bevölkerung hatte sich zum Teil mit Zucker, Öl, Mehl, Käse und Margarine eingedeckt. Auch sowjetische Zwangsarbeiter, die bei der Firma Bergschneider in der benachbarten Gartenstraße arbeiten mussten und dort untergebracht waren, besorgten sich hier Lebensmittel. Um weitere Plünderungen zu vermeiden, wurde das Gebäude durch britische Besatzungssoldaten bewacht. Eine Begebenheit aus dieser Zeit: Eine Ibbenbürenerin stellte sich vor den britischen Bewachern auf und forderte Zutritt, weil sie verzweifelt war und nichts mehr zu essen hatte. Sie ließ sich auch durch Verbot nicht aufhalten und ging ins Gebäude. Einer der britischen Soldaten schoss daraufhin zur Warnung in die Luft, allein, die Frau ließ sich auch hiervon nicht beeindrucken. Mit ihrer Beute, einem Laib Käse, rannte sie nach Hause. Dort angekommen, musste sie dann voller Enttäuschung feststellen, das sie eine Käse-Attrappe hatte mitgehen lassen...


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1949 wurden die alten Gebäude auf der Hofseite umgebaut und aufgestockt. Im Zuge dessen entstand im Gebäude eine Wohnung für den Geschäftsführer der Edeka. Ab 1955 wurde Kaffee der Marke „IBBONA Hanseaten-Mischung“ bei der Edeka geröstet. Edeka-Geschäftsführer Fritz Trebbe bediente die Probat-Rösttrommel persönlich. Bei etwa 250 Grad verströmten die Bohnen ihren aromatischen Geruch. Nach dem Abkühlen wurden die Bohnen dann in der Verlesemaschine sortiert. Diese Maschine hatte einen Tretantrieb, und während die Füße das Sortierband mit der Tretplatte antrieben, fielen die Bohnen aus dem Trichter auf das Band. Die guten fielen in den Kaffeesack, die „Stinkbohnen“ wurden beidhändig aussortiert. Heute gibt es nur noch ganz wenige kleine Röstereien in der Region, so die Traditionsfirma Finkener in Lengerich (siehe mittendrin Juni 2007). Ein Frischdienstwagen belieferte die einzelnen Edeka-Filialen im Kreis Tecklenburg mit Kaffee und anderen Produkten aus dem Lager.

Mitte der 1960-er Jahre verließ die Edeka Ibbenbüren. Nach dem Auszug wurde vorgeschlagen, den maroden Altbau an der Klosterstraße abzubrechen. Dazu kam es jedoch nicht, denn es fand sich 1966 ein neuer Nutzer, der elf Jahre dort blieb: die Firma AFA-Möbel Hartwig. Der Betrieb brachte im Gebäude ein Möbelmusterlager unter, und immerhin ein Jahr lang produzierte der Ibbenbürener Autoindustrie- Zulieferer Gerhardi in dem Gebäude an einer Spritzgussmaschine Kunststoffteile für Automobile. Später wurde der mittlerweile altehrwürdige Bau an die Caritas verkauft, wie auch das Nachbargebäude, das zwischenzeitlich als Finanzamt gedient hatte. Lange Jahre war die Dampfmühle eine Unterkunft für Asylbewerber. Später zogen eine Möbelrampe sowie eine Suppenküche des Sozialdienstes Katholischer Frauen in den rückwärtigen Teil des Gebäudes. Schließlich meldete der Kunstverein sein Interesse an, ebenfalls einzuziehen und den rustikalen Bau mit dem nostalgischen Flair für Ausstellungen zu nutzen. Die ehemalige Dampfmühle Wolff erhielt im Zuge der Etablierung des Kunsthauses die Bezeichnung „Alte Honigfabrik“. Ein Brückenschlag vom Kunsthonig zur Kunst. Und der Beginn einer Wiederbelebung des Gebäudes, das ohne Frage zu den interessantesten neueren Baudenkmälern der Region gehört. » sue


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Mittendrin-Gastautor Werner Suer ist 65 Jahre alt und lebt in Ibbenbüren. Als Heimatforscher hat er sich auf Industrie-, Wirtschafts- und Familiengeschichte spezialisiert. Darüber hinaus ist er als Übersetzer historischer Urkunden tätig. Zur Geschichte des Unternehmens Friedrich Wolff und der Alten Honigfabrik hat er eine reichhaltig bebilderte CD-Rom zusammengestellt, die über die Caritas in Ibbenbüren (Tel. 0 54 51/5 00 20, Herr Becker) zu beziehen ist.


spacerQuelle: mittendrin - Nr. 45 - Februar 2008 - www.mittendrin-magazin.de


Foto oben - Bildausschnitt aus einem historischen Firmenbriefkopf - (Wohnhaus und Dampfmühle Wolff in der Klosterstraße)
Foto - Häuser Klosterstraße 19 und 21 - M Franke 2008


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Breite Straße 9 - 49477 Ibbenbüren
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Aktualisiert/Update 10.10.2022
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